Autorin Jasmin Schreiber

"Hoffentlich wird es kein Bestseller"

33:05 Minuten
Porträt von Jasmin Schreiber.
Die studierte Biologin und Autorin Jasmin Schreiber lässt sich gerade zur Sterbebegleiterin ausbilden. © Jasmin Schreiber
Moderation: Tim Wiese |
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Jasmin Schreibers erster Roman „Marianengraben“ landete gleich in den Bestsellerlisten. Die Biologin und Autorin beschäftigt sich - mehr aus Zufall - nun schon seit Jahren mit Sterben und Tod.
Es war ein ungewöhnlicher Wunsch, denn die Autorin Jasmin Schreiber für ihren Debütroman hatte: "Hoffentlich wird es kein Bestseller." Doch "Marianengraben", erschienen im Februar 2020, wurde genau das: ein Bestseller.
Eigentlich wollte die 32-Jährige nur "antesten", wie das so in der Literaturbranche ist.
"Als es dann passierte, ging es mir gar nicht so gut, ich war ziemlich betrübt. Für mich ist das wie Kinderstar. Wenn man Kinderstar ist und später will man andere Sachen machen, dann sagen alle, ist aber nicht so süß wie `Kevin allein zu Haus`."
In "Marianengraben" erzählt Schreiber von der Studentin Paula und Helmut, einem älteren Mann. Beide trauern um einen geliebten Menschen: Paula um ihren Bruder, Helmut um seine Frau.

"Der Tod gehört zum Leben"

Es geht um Depressionen, Krebs und Tod. Das klingt düster, dabei geht es im Buch auch sehr humorvoll zu.
"Ich finde, dass der Tod zum Leben gehört. Es war mir wichtig zu zeigen, dieses Spektrum von lachen und weinen, oft auch gleichzeitig."
Mit dem Tod beschäftigt sich Schreiber nicht nur beim Schreiben. Die Autorin lässt sich gerade als Sterbebegleiterin ausbilden. Für ihr Blog "Sterben üben" wurde sie 2019 als "Bloggerin des Jahres" ausgezeichnet.
Wer glaubt, Schreiber hätte schon immer ein Interesse für morbide Themen gehabt, der irre sich, so die studierte Biologin.
"Es war jetzt nicht so, dass ich dachte, ich suche jetzt mal irgendetwas mit dem Tod, sondern ich war auf der Suche nach einem Ehrenamt und habe gemerkt, das ist ein Thema, mit dem ich umgehen kann."
Zunächst war die Autorin in einem Hospiz engagiert. Dort habe sie gelernt, "wie man mit Sterbenden spricht, wie man gut mit Angehörigen über das Sterben spricht".

Fotos für die Trauerarbeit

Seit 2017 fotografiert Schreiber auch sogenannte Sternenkinder. Diese Kinder sind im Mutterleib oder kurz nach der Geburt verstorben. Wenn die Eltern das wünschten, dann hilft Schreiber beim Anziehen des Kindes, wäscht das Gesicht.
Das "sind sehr gemischte Momente", erzählt sie. Sie erlebt dabei Trauer, Verzweiflung, aber auch Freude. "Das Kind ist tot, aber man sieht es zum ersten Mal. Da wird schon geguckt, von wem hat es die Ohren, von wem hat es die Augen."
Früher hätte es so eine Möglichkeit nicht gegeben, "das Kind wurde, so hart es klingt, entsorgt". Fotos würden den Eltern helfen:
"Es ist sehr schwierig, in die Trauerverarbeitung zu gehen, wenn man es sich nicht angucken kann, zu wissen, darum trauere ich jetzt. Es ist sehr wichtig für die Eltern, solche Bilder zu haben, die auch ein bisschen schön sind."

Kein Fan vom Tod

Für Schreiber sind diese Momente nicht belastend: "Das ist ein Ehrenamt, wo einem klar sein muss, dass es nichts mit einem selbst zu tun hat. Wenn man das nicht kann, dann sollte man das auf keinen Fall machen."
Auch wenn die Autorin vieles über den Tod gelernt habe, könne sie damit vermutlich besser umgehen als andere. Doch sie sei "kein Fan" davon: "Wenn ich es mir aussuchen dürfte, würde ich sagen, Sterblichkeit, das machen alle. Ich renne nicht der Masse nach, ich lebe für immer."
Da das nicht möglich ist, zumindest noch nicht, arbeitet Schreiber einfach an einem neuen Buch. Das darf dann auch ein Bestseller werden.
Dieses Gespräch ist eine Wiederholung vom 4. Juni 2020.
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