Kirsten Boie, Jutta Bauer (Illustrationen): "Ein mittelschönes Leben"
Hinz & Kunzt Verlag, 2008, und Carlsen Verlag, 2011
32 Seiten, 4,80 Euro
"Verständnis bei Kindern wecken"
06:45 Minuten
In "Ein mittelschönes Leben" gelingt es Kirsten Boie, das Thema Obdachlosigkeit für Kinder begreifbar zu machen. Wie geraten Menschen in diese Situation und wie leben sie auf der Straße? Gerade in der momentanen Krise ist das Buch wieder hochaktuell.
Wie vermittelt man Kindern, was Obdachlosigkeit bedeutet? Und vor allem: Wie veranschaulicht man, dass Obdachlose nicht, gefühlt, auf einem anderen Planeten leben, sondern eigentlich so sind, wie alle anderen auch? Der Kinderbuchautorin Kirsten Boie ist das gemeinsam mit der Illustratorin Jutta Bauer sehr gut gelungen.
Im Hinz & Kunzt Verlag, der auch das gleichnamige Hamburger Obdachlosenmagazin herausbringt, hat Boie, bereits 2008, "Ein mittelschönes Leben" veröffentlicht, das die Geschichte eines sozialen Abstiegs erzählt. Anlässlich des Internationalen Kinderbuchtages und vor dem Hintergrund der Coronapandemie gibt es Gründe genug, dieses Buch Kindern zu lesen zu geben. Denn die aktuelle Situation macht das Leben in der Obdachlosigkeit so prekär und gefährlich wie nie.
Antworten auf Kinderfragen
Das Buch zeigt, wie einem Mann und Familienvater sein normales Leben nach der Trennung von seiner Frau und Jobverlust abhandenkommt und er auf der Straße landet. Das Buch ist um einen Anhang ergänzt, der Fragen von Kindern zum Thema Obdachlosigkeit dokumentiert. Kofinanziert wurde das Werk von der Bundeszentrale für politische Bildung.
Sie habe sehr viele solcher Geschichten von Betroffenen gehört und sich davon zu ihrem Kinderbuch inspirieren lassen, sagt Kirsten Boie, die kürzlich ihren 70. Geburtstag feierte.
Obdachlose sind nicht "die ganz anderen"
Ihr sei es wichtig gewesen, "Obdachlose nicht als die ganz anderen zu erzählen, sondern als diejenigen, die sind wie man selbst", betont Boie. Seit das Buch erschien, seien viele Obdachlose aus den osteuropäischen Ländern hinzugekommen, mit wiederum ganz anderen Biografien und Geschichten. Doch letztlich sei es egal, wie jemand in diese Situation geraten sei. "Das Ziel des Buches ist es ja, Verständnis bei Kindern zu wecken."
Ein Thema, das die Schriftstellerin gerade ebenfalls sehr bewegt, sind Kinder aus bildungsfernen, prekären Verhältnissen. Die großen Unterschiede zu Mittelschichts- und Bildungsbürgerfamilien offenbarten sich jetzt, da Eltern ihre Kinder zu Hause mehr oder weniger selbst beschulen müssten, ganz besonders deutlich.
Ein Thema, das die Schriftstellerin gerade ebenfalls sehr bewegt, sind Kinder aus bildungsfernen, prekären Verhältnissen. Die großen Unterschiede zu Mittelschichts- und Bildungsbürgerfamilien offenbarten sich jetzt, da Eltern ihre Kinder zu Hause mehr oder weniger selbst beschulen müssten, ganz besonders deutlich.
In vielen Familien gebe es beispielsweise keine Drucker, um Arbeitsblätter auszudrucken, geschweige denn andere "digitale Endgeräte als ein Handy". Somit sei es für viele Schülerinnen und Schüler schwierig, an die nötigen Materialien für das Homeschooling und Prüfungsvorbereitungen heranzukommen.
(mkn)