Syrien ist das Massengrab der Menschlichkeit
In Syrien habe die Weltgemeinschaft komplett versagt, sagt Kristin Helberg. Als Journalistin hat sie von 2001 bis 2008 aus dem Land berichtet. In Deutschland ist sie mittlerweile auch zu einer Ansprechpartnerin für viele Exil-Syrer geworden.
Seit sieben Jahren herrscht in Syrien Krieg, nahezu täglich erreichen uns die Bilder von zerbombten Städten, verzweifelten Zivilisten und Flüchtlingen. Bilder, die Kristin Helberg immer mehr empören. Sie weiß, wie verlassen sich die Menschen fühlen und zitiert einen Aktivisten:
"Wir haben keine Botschaft mehr an diese Welt. Denn wenn diese Welt nicht sehen und nicht hören kann, dann kann man sie auch nicht erreichen. Das ist natürlich die totale Desillusion und Verzweiflung, die da herausspricht."
Unterdrückt und verfolgt
Kristin Helberg war lange Zeit die einzige offiziell akkreditierte westliche Journalistin in Syrien. Sie war bewusst in dieses arabische Land gegangen, weil es dort noch kein ARD-Büro gab. Als sie anfing, war der junge Bashar al-Assad gerade Präsident geworden. Er galt als Hoffnungsträger – auch für eine Öffnung des Landes. Im Laufe der Jahre erlebte sie mit, wie das Assad-Regime immer rigider wurde, wie Andersdenkende unterdrückt und verfolgt wurden.
Und heute? "Für mich ist Syrien das System von neuer Weltunordnung, weil ich glaube, dass die Weltgemeinschaft hier komplett versagt", sagt die Autorin mehrerer Bücher, in denen sie – neben der politischen Analyse – auch immer über die Menschen in Syrien berichtet.
Kontakt zu Aktivisten
Sie ist mit einem syrischen Arzt verheiratet, war nach 2008 immer wieder im Land. Doch 2011 wurde sie ausgewiesen. In der arabischen Übersetzung eines ihrer Artikel über die Assad-Familie fanden sich missverständliche Formulierungen. Bei der Einreise am Flughafen wurde sie gestoppt und nach Deutschland zurückgeschickt – seither war sie nicht wieder dort. Aber sie hält Kontakt zu Aktivisten, Bürger-Journalistinnen. Das Internet sei voller Informationen – es gebe eher ein Überangebot, das man sorgfältig analysieren müsse, um die Lage vor Ort einschätzen zu können.
"Man muss die Sprache kennen, das Land gut kennen – auch die Gesellschaft kennen. Und das sind die vielen hundert Puzzleteile, die ich von hier aus zusammensetze und daraus meine Folgerungen ziehe."
Mittlerweile ist sie auch Ansprechpartnerin für viele Syrer geworden, die nach Deutschland geflohen sind und sich mit die hiesigen Gepflogenheiten auseinandersetzen müssen. Mit ihrem Buch "Verzerrte Sichtweisen – Syrer bei uns", beschreibt sie die gegenseitigen Ängste, Missverständnisse und wirbt dafür, dass beide – Syrer wie Deutsche – offener aufeinander zugehen.