"Ich finde die Absage legitim"
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Die Demonstration gegen die Corona-Bestimmungen in Berlin ist abgesagt. "Richtig so", sagt die Schriftstellerin Nora Bossong. Wer sich dadurch eingeschränkt fühle, stelle die eigene Freiheit über die der anderen.
Die Berliner Versammlungsbehörde hat die geplante Großdemonstration gegen die Bestimmungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie verboten. Es werde mit Verstößen gegen die Infektionsschutzverordnung gerechnet, hieß es zur Begründung.
Die Schriftstellerin Nora Bossong findet die Entscheidung richtig: "Ich finde es legitim, dass man das zum Schutz der öffentlichen Sicherheit absagt."
Die letzte Demonstration von denselben Veranstaltern habe gezeigt, dass die Regeln (Abstand halten und Mund-Nasen-Schutz tragen) nicht eingehalten werden, sagt Bossong: "Das wurde bewusst und absichtsvoll gemacht." Dasselbe könne auch dieses Mal passieren.
Nicht alle sind rechtsextrem
Natürlich seien nicht alle Leute auf der Demo rechtsextrem, sagt die 38-Jährige, aber: "Ich finde es komisch, weshalb Leute, die keine rechtsextremen Ansichten haben, bei einer Demonstration mitgehen, wo deutlich rechtsextreme Tendenzen zu sehen sind." Man solle sich genau aussuchen, mit wem man auf die Straße gehe, betont Bossong.
Neurechte Denker profitieren von der Verunsicherung durch die Coronakrise, so die Schriftstellerin: "Dass diese Leute die Gelegenheit einer instabilen gesellschaftlichen Situation ausnutzen, finde ich überhaupt nicht überraschend." Sie berufen sich dabei auf einen Freiheitsbegriff, der die eigene Freiheit über die Freiheit der anderen stellt.
Liberale vs. faschistische Freiheit
"Es gibt eine liberale Idee von Freiheit. Da endet die Freiheit jedes Einzelnen in dem Moment, in dem die Freiheit eines anderen gefährdet wird. Und es gibt eine Vorstellung von souveräner Freiheit. Das ist etwas, was mit 'faschistischer Freiheit' besser einhergeht. Die Souveränität, dass sich niemand in meine Angelegenheiten einmischen darf", sagt Bossong.
Inspirierend für sie als Schriftstellerin sei die Situation nicht, so Bossong: "Ich glaube, den großen Corona-Roman möchte ich nicht schreiben." Aber wir würden momentan viel über Solidarität in unserer Gesellschaft lernen: "Wer hält eigentlich zusammen, wenn es hart auf hart kommt?"
(beb)