"Zwangsouting war der falsche Weg"
Vor 25 Jahren outete Rosa von Praunheim die TV-Stars Hape Kerkeling und Alfed Biolek gegen deren Willen vor vier Millionen Fernsehzuschauern als schwul. Seitdem hat sich viel verändert, aber noch nicht genug, sagt Axel Hochrein vom Schwulen- und Lesbenverband.
Axel Hochrein, Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands LSVD, sieht auch 25 Jahre nach Rosa von Praunheims Outing-Attacke auf prominente Schwule keinen Grund für Zwangsoutings.
Die Outings Anfang der 1990-er Jahre seien aus Sicht des Verbands unzulässig gewesen: "Das ist ein Angriff auf die Privatsphäre, das darf man nicht und zur damaligen Zeit war das ein richtiges An-den-Pranger-stellenm", sagte Hochrein im Deutschlandradio Kultur. Es sei, selbst wenn gut gemeint, der falsche Weg gewesen, beliebte Fernsehstars wie Hape Kerkeling oder Alfred Biolek gegen ihren Willen und ihr Wissen zu outen.
Die seit 1991 entstandene gesellschaftliche Debatte über den öffentlichen Umgang mit dem Thema gleichgeschlechtliche Orientierung verdanke sich auch nicht dem "skandalösen Paukenschlag" der Praunheim-Aktion, sondern vielmehr unter anderem auch dem Regierungswechsel 1998, "als durch rot-grün ein anderes Klima geschaffen wurde," sagte Hochrein.
Wichtig waren die freiwilligen Outings
Wichtig für eine gesellschaftspolitische Entwicklung, die zu mehr Liberalisierung führte, seien auch die freiwilligen Outings etwa von Klaus Wowereit, Guido Westerwelle oder Ole von Beust, gewesen, "als das aus dem Bereich der Unterhaltungsindustrie ins Seriöse ging".
Auch wenn heute die Akzeptanz von Homosexualität größer geworden sei, verwiesen bislang unterbliebene Outings etwa wichtiger Wirtschaftsvertreter oder im Sportbereich, dass nach wie vor Parallel-Welten existierten, in denen der offene Umgang mit der eigenen sexuellen Orientierung nicht einfach sei.
Heute eine Sensation: Der erste aktive Fußballer, der sich outet
Auch heute sei beim Thema Coming-out nicht alles entspannt: "Wann kommt der erste aktive Fußballer, der sich outet?" fragte Hochrein: "Das würde gerade in dieser Parallel-Welt Sport nochmal eine Sensation vielleicht mit sich bringen!"
Auch müssten gerade die vielen nicht-prominente Arbeitnehmer nach wie vor darüber nachdenken, wie offen sie mit ihrem Schwulsein umgingen: "Oute ich mich oder oute ich mich nicht."
Generell gelte es, das weiterhin vorherrschende "heteronormative Denken" in der Gesellschaft zu ändern.