Axel Milberg über das Schreiben

"Wir sind das, was wir tun"

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Axel Milberg sitzt bekleidet mit Jeans, Sakko und Turschuhen auf einem Bootssteg. Im Hintergrund ein See und Ruderboote.
Axel Milberg ist einem großen Publikum als Schauspieler bekannt. Jetzt hat er ein Buch geschrieben, in dem er seine Kindheit literarisch verarbeitet. © GABO / Agentur Focus
Moderation: Andrea Gerk |
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Axel Milberg – Schauspieler, neuerdings Schriftsteller. Sein autobiografisch geprägter Debütroman "Düsternbrook" spielt, wo er geboren wurde und als "Tatort"-Komissar ermittelt: in Kiel. In einer Zeit, in der der Krieg noch gegenwärtig war.
"Ich wollte eigentlich immer auch schreiben. Ich bin das Gegenteil von dem Promi, der jetzt auch noch ein Buch schreiben muss." Sagt Axel Milberg, Gast in der "Lesart"-Sendung im Deutschlandfunk Kultur, der nun seinen ersten Roman verfasst hat.
"Düsternbrook" – wie das Kieler Nobelviertel – so heißt sein Buch. Axel Milberg ist einem großen Publikum als Schauspieler bekannt. Viele Jahre war er im Ensemble der Münchener Kammerspiele unter Dieter Dorn auf der Bühne zu sehen, aber auch im Kino und Fernsehen, etwa in "Nach fünf im Urwald" mit Franka Potente oder "Hannah Arendt" von Margarethe von Trotha. Und natürlich kennt man ihn aus dem Tatort, wo er als Klaus Borowski in Kiel ermittelt.
Erst Schauspieler, jetzt Schriftsteller? Mit solchen Festlegungen kann Milberg nicht viel anfangen. "Wir sind eigentlich, wenn es uns gut geht und wenn wir uns in einer gewissen Weise gegen die Etikettierung wehren können, das, was wir tun. Und das kann schwimmen, das kann variieren, das kann schillern, das kann sich widersprechen. Wichtig ist, dass wir als ganzer Mensch dort zum Ausdruck kommen können."

"Kinder sehen die Verletzungen"

In seinem Roman wird Kiel auch zu einer Art Tatort: zu dem Ort, an dem ein Junge namens Axel Milberg aufwächst. Die Bezüge zu seiner Biografie sind offenkundig, dennoch ist Axel Milberg wichtig: "Es sollte nie ein privates Buch sein." Stattdessen hat er über Erlebnisse und Erfahrungen geschrieben, die symptomatisch sind für seine Generation und die etwas über die alte Bundesrepublik erzählen, über die 60er- und 70er-Jahre, in denen der Zweite Weltkrieg immer noch anwesend ist.
"Die Spuren des Krieges waren noch da, nicht nur auf den Trümmergrundstücken in Düsternbrook, sondern auch in den Gesichtern und Augen und angedeuteten Erzählungen", erinnert er sich. Milbergs kindlicher Erzähler spürt dieses Nachwirken der Vergangenheit, auch wenn er in einer idyllischen, behüteten Welt aufwächst. "Kinder nehmen ja sehr komplex wahr. Sie sehen die Verletzungen der Menschen. Die Spuren des Krieges."

Als Frauen noch fremdbestimmt waren

In dem Kiel, das Milberg beschreibt, hängen in den Straßenbahnen Reklameschilder für die Kanzlei des Vaters des Erzählers, der wie Milbergs eigener Vater Anwalt ist. "Kannst du deine Frau nicht leiden, geh zu Milberg, lass dich scheiden." Dieser Werbespruch ist natürlich ausgedacht, aber für Milberg spiegelt sich darin das Klima einer Zeit, in der die Frauen noch immer von ihren Ehemännern abhängig waren, in der viele Frauen – wie Milbergs Mutter, die Ärztin war – ihren Beruf für die Familie aufgaben oder – dem Willen ihrer Männer folgend – aufgeben mussten.
In unser Studio begleitet wird Milberg von seinem Lektor Olaf Petersenn. Der sagt: "Im Idealfall vergisst man ja, mit wem man es zu tun hat. Ich habe Axel Milberg vergessen, wenn ich las von diesem Jungen, der zufällig so heißt wie er." Axel Milberg sei nicht Gefahr gelaufen, zu schwafeln, sich auszuweiten, berichtet Petersenn vom Schreibprozess.

Aufnahmeleitungsassistent beim Softporno

"Ich habe wahnsinnig schnell geschrieben, vielleicht schneller als ich sprechen kann", so Milberg selbst. Lektoren sind ja dafür bekannt, dass sie Passagen aus Büchern streichen, an denen die Autorin oder der Autor sehr hängt. Musste auch Axel Milberg auf Episoden verzichten?
Eine fällt ihm sofort ein. Kurz nach seinem Umzug von Kiel nach München habe die sich zugetragen, als er als Aufnahmeleitungsassistent bei einer Art Softporno gearbeitet habe. "Extase" sei der Arbeitstitel des Films gewesen.
Was macht man als Aufnahmeleitungsassistent bei so einem Projekt? So viel immerhin verrät Milberg: "Ein Aufnahmeleiter, das ist wie ein Zitronenfalter, der faltet ja auch keine Zitronen."
Und dann legt Milberg den Hörern noch ein Buch ans Herz, eines, das sein Leben verändert hat: Paul Austers "Mond über Manhattan" aus dessen New-York-Trilogie. "Diese Geschichte hat mich deswegen gefesselt, weil mir klar wurde: Gibst du dich selber auf, wirst du dich finden. Gibst du allen Ehrgeiz auf, entdeckst du dich selber – und kommst dir selber nahe." Das sei für ihn als Leser ein Abenteuer gewesen.
(poro/cwu)
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