Im Namen der islamischen Weltrevolution
Ayatollah Ruhollah Khomeini setzte das Konzept eines islamischen Staates in die Tat um. Berühmt wurde er zudem als Revolutionsführer, als antiwestlicher Politiker und durch seinen Mordaufruf in einer Fatwa gegen den britischen Schriftsteller Salman Rushdie. Am 3. Juni 1989 starb er.
Der letzte öffentliche Auftritt Ruhollah Musavi Khomeinis fand im April 1989 statt. An diesem Abend versammelte der 87-jährige Ayatollah die einflussreichsten Politiker und Rechtsgelehrten der noch jungen Islamischen Republik Iran im Haus seiner Tochter. Seit seiner Rückkehr aus dem französischen Exil vor zehn Jahren lebte er dort. Seine Autorität bezog der schiitische Rechtsgelehrte aus seiner Rolle als charismatischer Revolutionsführer.
1979 hatte er sich an die Spitze der iranischen Revolutionsbewegung gesetzt, die zuvor den Schah von Persien gestürzt und ins ägyptische Exil getrieben hatte. In den folgenden Jahren war es Khomeini gelungen, einen Staat zu formen, dessen Grundlage seine zuvor theoretisch entwickelte Lehre von der politischen Führungsrolle islamischer Geistlicher war.
"Um die Wahrung der islamischen Gesetze zu sichern und Anarchie zu verhindern, ist die Schaffung eines islamischen Staates erforderlich. Die Vernunft verpflichtet uns, eine Organisation zu schaffen, mit deren Hilfe wir uns gegen eine eventuelle Aggression zur Wehr setzen und die Ehre der Muslime verteidigen können."
Nachdem Khomeini an jenem Abend im Innenhof seines Hauses das Abendgebet geleitet hatte, zog er sich wie gewohnt in sein karg eingerichtetes Zimmer zurück. Seit Jahren empfing er hier regelmäßig ausgewählte Gäste. Nur wer hierhin eingeladen wurde, stand in der Gunst des allmächtigen religiösen und politischen Führers.
Jeder öffentliche Auftritt aufmerksam verfolgt
Da die Nachfolge des an tödlichem Blasenkrebs erkrankten Ayatollah offiziell nicht geregelt war, wurde jeder öffentliche Auftritt aufmerksam verfolgt. Viele Nachfolgekandidaten hatte er in den Jahren zuvor kaltgestellt oder hinrichten lassen - ebenso wie Zehntausende Oppositionelle. Die brutalen Säuberungen während der islamischen Kulturrevolution rechtfertigte er mit dem Hinweis auf ein neue, eine islamische Weltrevolution.
"Was aber jene angeht, die sich dem Prinzip der islamischen Republik widersetzen, jene, die im Namen Gottes dieses Regime stürzen wollen und unterstellen, dass diese Republik schlimmer als das monarchistische Regime oder ihm ähnlich ist: Es wäre besser, wenn sie der Tatsache Beachtung schenkten, dass bei Weltrevolutionen Chaos, Vergehen und Opportunismus unvermeidlich sind."
Durch seine religiös-revolutionäre Rhetorik, sein charismatisches Auftreten und den populistisch inszenierten antiwestlichen, insbesondere antiamerikanischen Nationalismus sahen viele Iraner in Ayatollah Khomeini den Wegbereiter des Mahdi, der im schiitischen Islam das Reich Gottes ankündigt. Diese Heilserwartung nutzte Khomeini in seinen Reden geschickt zur Mobilisierung der Massen.
"Ich glaube fest daran, dass das Schiff der Menschlichkeit, dass in aufgewühlter See manövriert, mithilfe unseres Führers Imam Mehdi, Friede sei mit ihm, endlich in sicherem Hafen anlangt. Und dass die Erniedrigten und Unterdrückten über ihre Unterdrücker obsiegen werden, und dass die Regierung des Imam Mehdis, Friede sei mit ihm, alsbald einsetzt, sodass unsere Augen erfüllt sind von seinem heiligen Glanz."
In tausend Stücke zerrissen
Als Khomeini nur einige Wochen nach seinem letzten öffentlichen Auftritt am 3. Juni 1989 starb, kam es vor und während seines Begräbnisses zu chaotischen Szenen. Den Weg zum Friedhof im Süden Teherans säumten mehr als zwei Millionen Menschen.
Das den Sarg bedeckende Tuch wurde in tausend Stücke zerrissen. Sogar der Sarg selbst fiel im ekstatischen Getümmel der Massen zu Boden. Erst nach Stunden gelang es endlich, die sterblichen Überreste mithilfe eines Hubschraubers fortzubringen. In seinem Testament hatte sich Khomeini noch einmal an die Iraner gewandt.
"Da ich unter der geliebten Nation ein solches Maß an Bewusstsein, Engagement sowie Selbstaufopferung, Widerstandsgeist und Standhaftigkeit um der Rechenschaft willen vorfinde, bin ich voller Hoffnung. Daher möchte ich mit Gottes Segen den lieben Schwestern und Brüdern Lebewohl sagen. ... Ich brauche dringend euer Gebet für mich."
Es war der Beginn einer Art Heiligenverehrung. Bis heute ist das später erbaute Mausoleum für viele Iraner ein wichtiger Pilgerort und das Gedenken an Ruhollah Musavi Khomeini unverzichtbarer Bestandteil der Staatsdoktrin in der Islamischen Republik Iran.