Bachbiennale Weimar

Wohnen mit Bach-Fan Paul Klee

Das Bild "Ballettszene Nr. 10" (1931) von Paul Klee. Belgien widmet dem Schweizer Künstler Paul Klee (1879-1940) seit dem Wochenende die erste Ausstellung seit 60 Jahren. Unter dem Titel «Paul Klee. Das Theater des Lebens» findet die Ausstellung im Palast der Schönen Künste (Bozar) in Brüssel statt.
Wie viel von Johann Sebastian Bachs Musik steckt in Paul Klees Werk? Hier sein Bild "Ballettszene Nr. 10" von 1931. © dpa / picture alliance / DB
Myriam Eichberger im Gespräch mit Myriam Eichberger |
Während der Weimarer Bachbiennale können die ehemaligen Wohnräume des Malers Paul Klee besichtigt werden. Dort wohnt heute Myriam Eichberger, die Intendantin des Festivals. Sie erzählt von der immer noch präsenten Aura des Künstlers und dessen Verehrung für Bach.
Myriam Eichberger, Intendantin der Weimarer Bachbiennale, lebt in einer Wohnung mit einem berühmten Vormieter: dem Maler Paul Klee. Dort war von 1921 bis 1926 mit Frau und Sohn zu Hause. Im Rahmen der gerade laufenden Bachbiennale sind diese Räume heute zu besichtigen.
Von der Aura des berühmten Künstlers sei immer noch etwas zu spüren, erzählt Myriam Eichberger im Deutschlandradio Kultur:
"Ich bin natürlich auch ein Mensch, der auf so etwas reagiert. Und das Bewusstsein, dass hier ein so großer Künstler gewohnt hat, ist für mich schon etwas Besonderes – ich bin auch Künstlerin, wenn auch aus einem anderen Metier, dem Metier der Musik."

Bachs Musik hat Klees Werk beeinflusst

Die Musik Johann Sebastian Bachs habe Klees Werk stark beeinflusst, sagte Eichberger. Er sei ein großer Verehrer Bachs gewesen:
"Klee wollte ja eigentlich auch einmal Geiger werden und war lange unentschlossen, ob er Musik oder Malerei machen sollte. Und es gibt auch eine Äußerung, wo er sagt: Die Malerei sei seine Ehefrau, die Musikerin sei seine Geliebte."
Klee habe auch versucht, die Vielstimmigkeit von Bachs Musik in eine Bilder zu übertragen:
"Dazu hat er sehr viel studiert und sich sehr viel geistige und theoretische Gedanken gemacht. Und ein Bild hat er auch wirklich mit Bach tituliert, das heißt 'Im Bachschen Stil'."

Weimarer Biennale will "Bach-Geschichten im O-Ton" erzählen

Das Weimarer Festival wolle "Bach-Geschichten im O-Ton" erzählen, so beschrieb es Eichberger, mit "originalen Instrumenten am originalen Ort":
"Die Bach-Geschichten beziehen sich auf die vielen Spuren und die vielen Anknüpfungspunkte, die man heute einfach immer noch findet zu diesem Menschen Bach, der hier zehn Jahre gelebt hat. Und die finden nicht nur in der Historie, sondern auch im Heute statt."

Das Intervie im Wortlaut:
Christine Watty: Die meisten Mieter kennen ihre Vormieter nur von den Verhandlungen über die Abstandszahlung für die schrottreife Küchenzeile. Bei Myriam Eichberger ist es anders, mit ihrem Vormieter musste sie persönlich keine Einzugsdaten verhandeln, und gesehen hat sie ihn auch nie, allerdings kennt ihn die halbe Welt: Sein Name ist Paul Klee. Mit Frau und Sohn wohnte der Maler Klee von 1921 bis 1926 genau dort, wo heute Myriam Eichberger in Weimar residiert, und heute kann man diese Räumlichkeiten besichtigen im Rahmen der Bachbiennale, deren Intendantin Myriam Eichberger ist. Schönen guten Morgen!
Myriam Eichberger: Guten Morgen!
Watty: Normalerweise verschwinden ja die Erinnerungen an die Vormieter mit der neuen Wandfarbe und dem großen Wohnungsputz – bei so einem großen Namen wie Paul Klee, bleibt da noch so ein gewisser Geist in diesen vier Wänden haften, der für Sie noch spürbar ist?
Eichberger: Ja, irgendwo schon. Ich bin natürlich auch ein Mensch, der auf so etwas reagiert, und das Bewusstsein, dass hier ein so großer Künstler gewohnt hat, ist für mich schon etwas besonders – als auch Künstlerin, wenn auch aus anderem Metier, aus dem Metier der Musik.
Watty: Das heißt, sieht man Ihrer Wohnung an, dass Paul Klee dort mal gewohnt hat, gibt es irgendwelche Überbleibsel?
Eichberger: Das wäre schön, aber ... Ich suche schon immer mal nach dem Jawlensky-Bild, was damals in meinem Wohnzimmer hing, aber das wurde irgendwann alles mitgenommen oder auch auf unschöne Weise natürlich auch – wir wissen es ja – in der Nazizeit entfernt. Nein, das so direkt nicht, aber die Räume sind an sich sinnmodifiziert worden, ich bin da auch etwas am Recherchieren, wie genau, aber vieles ist auch einfach noch in dem originalen Zustand von der Aufteilung her. Und man sieht ja auch jetzt die Ausstellung heute dann im Café Klee mit den historischen Bilddokumenten, die damals in der Wohnung aufgenommen wurden, und da erkennt man durchaus noch einzelne Elemente, auch auf dem Balkon und in den Zimmern.
Watty: Paul Klee und die Bachbiennale, in deren Rahmen all das stattfindet heute, passt natürlich deshalb, weil Klee ein großer Fan von Bach war, selbst auch Violine spielte. Wie hat denn eigentlich die Musik Bachs Klee in seiner Kunst beeinflusst?

Klee war ein großer Bach-Verehrer

Eichberger: Also ich denke sehr, sehr stark. Das ist ehrlich gesagt ein Thema, mit dem ich mich nur am Rande bis jetzt beschäftigt habe, aber es gibt ja heute dann auch nachmittags die Lesung Klee über Bach. Klee hat sehr, sehr viel Bach verehrt, also war ein großer Bach-Verehrer, wollte ja eigentlich auch einmal Geiger werden und war lange unentschlossen, ob er nicht Geige oder Musiker oder eben doch Malerei macht. Und es gibt auch eine Äußerung, wo er sagt, die Malerei sei seine Ehefrau, und die Musikerin sei seine Geliebte.
Er hat seinen Studenten sogar in der Bauhaus-Universität mitunter Bach vorgespielt auf der Violine und dazu etwas gesagt, wie er das empfindet, und er hat versucht – das ist vor allem interessant – die Polyphonie von Bachs Musik, also die Vielstimmigkeit und die Vielschichtigkeit, in Bilder zu übertragen, und dazu hat er sehr viel studiert und sich sehr viel geistige und theoretische Gedanken gemacht. Ein Bild hat er auch wirklich mit Bach tituliert, das heißt "Im Bach'schen Stil". Dazu gibt es auch etwas Besonderes dann heute bei uns im Café Klee.
Watty: Die Bachbiennale ist in Weimar ein kleines, aber feines Festival, und dass Sie jetzt Ihre Wohnungstüren öffnen, passt so ein bisschen zu der Idee dieses Festivals, oder? Es geht auch immer darum, besondere Orte zu finden für die Veranstaltungen.

Bach-Geschichten im O-Ton

Eichberger: Ganz genau. Wir schreiben uns auf die Fahnen, die Bachbiennale Weimar erzählt "Bach-Geschichten im O-Ton". Der O-Ton bezieht sich auf die historischen, auf die Originalinstrumente, originale Instrumente am originalen Ort, und die Bach-Geschichten beziehen sich einfach auf die vielen Spuren und die vielen Anknüpfungspunkte, die man heute einfach immer noch findet zu diesem Menschen Bach, der hier zehn Jahre gelebt hat. Und die liegen durchaus nicht nur in der Historie, sondern eben auch im Jetzt und Heute und Hier mit dem Klee zum Beispiel, aber der war ja nicht der einzige Bauhaus-Künstler, der Bach hoch verehrte.
Es gibt ja auch Lyonel Feininger, der hat Fugen komponiert im Stil von Bach, und es gibt Künstler, die haben Skulpturen gemacht nach Bach, Fugen – also die Bauhäusler in dieser frühen Bauhaus-Phase waren ganz große Bach-Aficionados. Und da hab ich auch vor, in den Folgejahren noch einige Weimarer Bach-Geschichten zu erzählen.
Watty: Danke schön an Myriam Eichberger, Festivalintendantin der Bachbiennale in Weimar, die an diesem Wochenende in Weimar stattfindet, und heute Nachmittag kann man dann auch wirklich die alte Wohnung Paul Klees, der ein großer Bach-Fan war, besichtigen. Danke schön, Frau Eichberger, und alles Gute nach Weimar!
Eichberger: Und man kann auch eine Lesung hören in der Wohnung heute Nachmittag, "Klee über Bach", das ist auch noch mit Tagebuchauszügen und Zitaten von Klee über Johann Sebastian Bach.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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