Grün-Schwarze Partnerschaft und Konkurrenz
Fast zwei Monate lang haben Grüne und CDU in Baden-Württemberg an etwas gearbeitet, was es noch nie zuvor gab: Sie verhandelten - zum Teil nächtelang - einen gemeinsamen Koalitionsvertrag. Das Protokoll eines wahren Kraftakts.
28. März, später Nachmittag: Vor der Stuttgarter Domkirche St. Eberhard fährt ein Polizeiauto vor. Frauen und Männer mit Akten unterm Arm huschen durch den Haupteingang ins "Haus der kirchlichen Dienste" gleich nebenan. Was wie eine geheime Mission aussieht, sind Landespolitiker, die sich zu ersten Gesprächen treffen.
Strobl: "Ich habe nicht den Eindruck, dass, wenn wir zusammen kämen, dass das etwas mit einer Liebesheirat zu tun hätte. Ich habe grundsätzlich die etwas unromantische Vorstellung, dass Koalitionen im Grunde genommen nie Liebesheiraten sind."
Erklärt CDU-Bundesvize Thomas Strobel, 56, auch Landesvorsitzender der CDU Baden-Württemberg. Die Gespräche, die er soeben geführt hat, hätte er noch vor ein paar Wochen ins Reich der Fantasie verwiesen: Sondierungsgespräche ausgerechnet mit den Grünen – das heißt: Ausgerechnet mit der Partei auf Tuchfühlung gehen, die die CDU vor der Landtagswahl aufs heftigste bekämpft hat. Doch nun zwingt das Wahlergebnis die politischen Gegner von einst an den Verhandlungstisch. Strobl ist eine Art James Bond aus Berlin, als Baden-Württemberger kennt er das Land. Sein Auftrag: Für die CDU retten, was zu retten ist. Sein Gegner: die Grünen, in Person ein weißhaariger Landesvater, zurzeit der beliebteste Politiker in ganz Deutschland. Strobl ist also in wirklicher heikler Mission unterwegs.
Erklärt CDU-Bundesvize Thomas Strobel, 56, auch Landesvorsitzender der CDU Baden-Württemberg. Die Gespräche, die er soeben geführt hat, hätte er noch vor ein paar Wochen ins Reich der Fantasie verwiesen: Sondierungsgespräche ausgerechnet mit den Grünen – das heißt: Ausgerechnet mit der Partei auf Tuchfühlung gehen, die die CDU vor der Landtagswahl aufs heftigste bekämpft hat. Doch nun zwingt das Wahlergebnis die politischen Gegner von einst an den Verhandlungstisch. Strobl ist eine Art James Bond aus Berlin, als Baden-Württemberger kennt er das Land. Sein Auftrag: Für die CDU retten, was zu retten ist. Sein Gegner: die Grünen, in Person ein weißhaariger Landesvater, zurzeit der beliebteste Politiker in ganz Deutschland. Strobl ist also in wirklicher heikler Mission unterwegs.
"Auch unser drittes Gespräch, das wir nun hatten, fand in einer angenehmen, ja man kann fast sagen verbindlichen Atmosphäre statt."
Nach dem Wahlkampf Vertrauen schaffen
Dabei schauen sich der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann und der CDU-Vorsitzende Thomas Strobl lächelnd an, wie zwei gute Kumpels, die sich nach langer Zeit mal wieder getroffen haben. Ein wenig abseits steht Guido Wolf, zum diesem Zeitpunkt noch Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion und unterlegener Spitzenkandidat. Sein Lächeln wirkt gequält.
"Es geht jetzt darum, die Zeit des Wahlkampfes zurückzulassen. Es geht jetzt darum, Vertrauen zueinander zu einander aufzubauen. Denn wenn man jetzt Koalitionsverhandlungen führt, dann sind die Themen und die Inhalte das eine. Aber das menschliche Aufeinander zugehen ist in gleicher Weise wichtig."
Menschlich, vor allem aber politisch aufeinander zugehen: Die Grünen tun sich in dieser Frage deutlich leichter als die CDU. Thea Walker, die Landesvorsitzende der Grünen, zeigt sich pragmatisch:
"Wir sollten auf jeden Fall anstreben, am 12. Mai den Ministerpräsidenten zu wählen und zu vereidigen. Wir sollten uns da anstrengen. Das Land muss schließlich regiert werden. Dankeschön!"
"Es geht jetzt darum, die Zeit des Wahlkampfes zurückzulassen. Es geht jetzt darum, Vertrauen zueinander zu einander aufzubauen. Denn wenn man jetzt Koalitionsverhandlungen führt, dann sind die Themen und die Inhalte das eine. Aber das menschliche Aufeinander zugehen ist in gleicher Weise wichtig."
Menschlich, vor allem aber politisch aufeinander zugehen: Die Grünen tun sich in dieser Frage deutlich leichter als die CDU. Thea Walker, die Landesvorsitzende der Grünen, zeigt sich pragmatisch:
"Wir sollten auf jeden Fall anstreben, am 12. Mai den Ministerpräsidenten zu wählen und zu vereidigen. Wir sollten uns da anstrengen. Das Land muss schließlich regiert werden. Dankeschön!"
Und selbst Ministerpräsident Kretschmann, im Wahlkampf Zielscheibe herber CDU-Kritik hält die Gräben zwischen Grün und Schwarz für gar nicht mehr so tief:
"Wie g’sagt: Schwerpunkt Energiewende, Naturschutz, Klimaschutz. Da haben sich natürlich auch Differenzen aufgetan, klar, wie bei der Windkraft. Das wird dann zu verhandeln sein. Das wird mit Sicherheit nicht leicht werden."
Aber eben auch nicht unmöglich.
30. März: Erst diskutieren die Mitglieder der CDU-Landtagsfraktion, dann die Vertreter der Kreis- und Bezirksverbände über ein mögliches Zusammengehen mit den Grünen. Die Türen bleiben bis in die späten Abendstunden zu – untrügliches Zeichen dafür, dass ordentlich Tacheles geredet wird: Soll die CDU das wagen, was bundesweit ohne Vorbild ist? Thomas Strobl wird sich in diesen Tagen entscheiden, sein Bundestagsmandat niederzulegen und als stellvertretender Ministerpräsident in die Landespolitik zu wechseln:
"Wir fusionieren nicht mit den Grünen. Das ist ein Zweckbündnis auf Zeit, bei Aufrechterhaltung der eigenständigen Positionen, der eigenständigen Überzeugungen, aber aus der Verantwortung heraus, möglicherwiese eine gemeinsame Regierung in diesem Land zu gestalten."
"Wie g’sagt: Schwerpunkt Energiewende, Naturschutz, Klimaschutz. Da haben sich natürlich auch Differenzen aufgetan, klar, wie bei der Windkraft. Das wird dann zu verhandeln sein. Das wird mit Sicherheit nicht leicht werden."
Aber eben auch nicht unmöglich.
30. März: Erst diskutieren die Mitglieder der CDU-Landtagsfraktion, dann die Vertreter der Kreis- und Bezirksverbände über ein mögliches Zusammengehen mit den Grünen. Die Türen bleiben bis in die späten Abendstunden zu – untrügliches Zeichen dafür, dass ordentlich Tacheles geredet wird: Soll die CDU das wagen, was bundesweit ohne Vorbild ist? Thomas Strobl wird sich in diesen Tagen entscheiden, sein Bundestagsmandat niederzulegen und als stellvertretender Ministerpräsident in die Landespolitik zu wechseln:
"Wir fusionieren nicht mit den Grünen. Das ist ein Zweckbündnis auf Zeit, bei Aufrechterhaltung der eigenständigen Positionen, der eigenständigen Überzeugungen, aber aus der Verantwortung heraus, möglicherwiese eine gemeinsame Regierung in diesem Land zu gestalten."
Eine Schmach für die CDU
Doch vielen CDU’lern ist nicht wohl beim Gedanken an Grün-Schwarz. Der bodenständige Oberschwabe Josef Rief vertritt den Wahlkreis Biberach im Bundestag –er spricht das aus, was viele CDU-Mitglieder nur hinter vorgehaltener Hand kundtun: Dass sie es nämlich als Schmach empfinden, als Juniorpartner unter einem grünen Ministerpräsidenten zu dienen.
"Das ischt weder eine Verheiratung noch eine Zeugung noch sonst etwas. Sondern es ist ganz einfach ein Vertrag, wo wir, wenn wir uns einig werden, das Land weiter voranbringen."
"Das ischt weder eine Verheiratung noch eine Zeugung noch sonst etwas. Sondern es ist ganz einfach ein Vertrag, wo wir, wenn wir uns einig werden, das Land weiter voranbringen."
1. April: Erneut kommen Vertreter von Grünen und CDU im "Haus der kirchlichen Dienste" zusammen. Das erste grün-schwarze Koalitionsgespräch.
"Jetzt geht’s los. Und arbeitsreiche Tage, Wochen stehen uns bevor. Wir haben alle einen Fahrplan füreinander entworfen."
"Da wird die Haushaltsfrage eine wichtige Rolle spielen. Wie ist die Kassenlage Baden-Württembergs?"
Thekla Walker: "Wir wollen die Schuldenbremse einhalten. Das ist ein wichtiges Ziel finanzpolitischer Nachhaltigkeit, dass natürlich dann auch entsprechend in den Arbeitsgruppen immer wieder verhandelt werden muss."
Neun Arbeitsgruppen sollen gebildet werden, die sich inhaltlich am Zuschnitt der Landesministerien ausrichten. Hinzu kommt eine große Koalitionsrunde. Strobl teilt seine Arbeitsauffassung mit:
"Also ich kenne Koalitionsverhandlungen so, dass man sich im Grunde genommen immer in den frühen Morgenstunden trifft – und dann bis in die frühen Morgenstunden verhandelt. Augen auf bei der Berufswahl!"
"Jetzt geht’s los. Und arbeitsreiche Tage, Wochen stehen uns bevor. Wir haben alle einen Fahrplan füreinander entworfen."
"Da wird die Haushaltsfrage eine wichtige Rolle spielen. Wie ist die Kassenlage Baden-Württembergs?"
Thekla Walker: "Wir wollen die Schuldenbremse einhalten. Das ist ein wichtiges Ziel finanzpolitischer Nachhaltigkeit, dass natürlich dann auch entsprechend in den Arbeitsgruppen immer wieder verhandelt werden muss."
Neun Arbeitsgruppen sollen gebildet werden, die sich inhaltlich am Zuschnitt der Landesministerien ausrichten. Hinzu kommt eine große Koalitionsrunde. Strobl teilt seine Arbeitsauffassung mit:
"Also ich kenne Koalitionsverhandlungen so, dass man sich im Grunde genommen immer in den frühen Morgenstunden trifft – und dann bis in die frühen Morgenstunden verhandelt. Augen auf bei der Berufswahl!"
CDU und Grüne wollen sparen
Die Schlagzeile bei der ersten Koalitionsrunde am 6. April gilt nicht den Inhalten, sondern der Kleiderordnung: Kretschmann erscheint im schwarzen Anzug, der CDU-Landeschef im grünen Trachtenjanker und grünem Hemd. Zumindest farblich gibt es eine erste Annährung:
Strobl: "Das Aufeinander zu-gehen von Grünen und CDU im Rahmen dieses ersten Koalitionsgespräches – das ist fast schon ein historisches Momentum. Wir führen Gespräche miteinander. Das kann, aber das muss nicht in einer Koalition münden."
Dabei geht’s ums finanziell Eingemachte: Die Ausgaben sind im Landesetat enorm gewachsen. Das macht den Verhandlungsführern Sorgen:
Strobl: "Das Aufeinander zu-gehen von Grünen und CDU im Rahmen dieses ersten Koalitionsgespräches – das ist fast schon ein historisches Momentum. Wir führen Gespräche miteinander. Das kann, aber das muss nicht in einer Koalition münden."
Dabei geht’s ums finanziell Eingemachte: Die Ausgaben sind im Landesetat enorm gewachsen. Das macht den Verhandlungsführern Sorgen:
Kretschmann: "Grün-Rot hat 2011 mit einem strukturellen Defizit von zweieinhalb Milliarden angefangen. Es ist dann zwischendrin gelungen, die Lücke wieder ein gutes Stück zu schließen. Wir stehen jetzt aber durch die rasant gestiegenen Flüchtlingszahlen wieder mit einer Lücke von zwei Milliarden da."
Doch Zeit für Schuldzuweisungen bleibt nicht. Einig sind sich Grün und Schwarz: Es muss gespart werden.
In neun Arbeitsgruppen wird seit Tagen verhandelt. Je nach Kondition halten einige Gruppen tatsächlich immer wieder einmal Tag und Nacht durch. Der CDU Landtagsabgeordnete Bernhard Lasotta aus dem Wahlkreis Neckarsulm sitzt mit am Verhandlungstisch beim Thema Integration. Nach ungezählten Stunden bringt er seiner grün-schwarzen Gruppe eine vom Schwager gebackene Koalitionstorte mit. Die Begeisterung ist groß. Der Belag symbolisiert zwei sich reichende Hände, eine Hand ist aus grünem Marzipan, die andere aus schwarzem.
"Ich fand es eine gute Idee dazu beizutragen, sich anzunähern, ein Symbol mitzubringen, was beiden Seiten gut tut. Im Übrigen ist Zucker immer gut, wenn es um Verhandlungen geht, weil das Gehirn Glukose verarbeitet und nur so arbeiten kann."
Lasotta ist Arzt und seit 15 Jahren Mitglied des Landtags. Er findet das grün-schwarze Bündnis spannend und hat Lust auf die künftige Arbeit mit den neuen Partnern.
"Es gibt mit den Grünen eine Möglichkeit leichter ideologische Grenzen zu überwinden, also zumindest mit den realpolitisch denkenden Grünen, mit den Pragmatikern innerhalb der Koalition und den Spielraum haben wir genutzt, da eine gute und tragfähige Grundlage für eine Koalitionsarbeit zu finden."
Doch Zeit für Schuldzuweisungen bleibt nicht. Einig sind sich Grün und Schwarz: Es muss gespart werden.
In neun Arbeitsgruppen wird seit Tagen verhandelt. Je nach Kondition halten einige Gruppen tatsächlich immer wieder einmal Tag und Nacht durch. Der CDU Landtagsabgeordnete Bernhard Lasotta aus dem Wahlkreis Neckarsulm sitzt mit am Verhandlungstisch beim Thema Integration. Nach ungezählten Stunden bringt er seiner grün-schwarzen Gruppe eine vom Schwager gebackene Koalitionstorte mit. Die Begeisterung ist groß. Der Belag symbolisiert zwei sich reichende Hände, eine Hand ist aus grünem Marzipan, die andere aus schwarzem.
"Ich fand es eine gute Idee dazu beizutragen, sich anzunähern, ein Symbol mitzubringen, was beiden Seiten gut tut. Im Übrigen ist Zucker immer gut, wenn es um Verhandlungen geht, weil das Gehirn Glukose verarbeitet und nur so arbeiten kann."
Lasotta ist Arzt und seit 15 Jahren Mitglied des Landtags. Er findet das grün-schwarze Bündnis spannend und hat Lust auf die künftige Arbeit mit den neuen Partnern.
"Es gibt mit den Grünen eine Möglichkeit leichter ideologische Grenzen zu überwinden, also zumindest mit den realpolitisch denkenden Grünen, mit den Pragmatikern innerhalb der Koalition und den Spielraum haben wir genutzt, da eine gute und tragfähige Grundlage für eine Koalitionsarbeit zu finden."
Zwei gegensätzliche politische Kulturen
Der Kuchen ist längst gegessen, da geht es den Politikern langsam an die Substanz, in den Gruppen zeigen sich derweil nicht nur inhaltliche Hürden, die künftigen Regierungspartner stellen fest: Man hat noch keine gemeinsame Sprache.
Das Wort "Gender" wird nach dem Willen der CDU aus dem Wortschatz der künftigen Koalitionäre gestrichen. Auch will die CDU von Kernkraft und nicht von Atomkraft sprechen. Zwei politisch gegensätzliche Kulturen treffen aufeinander.
Die Grünen tragen es mit Fassung. Boris Palmer, grüner Tübinger Oberbürgermeister, verhandelt in der Gruppe "Energiepolitik" mit Paul Nemeth. Nemeth, seit 2006 für die CDU im Landtag, war bis zum Wahlabend noch der festen Überzeugung: Seine Partei wird diese Wahl gewinnen. Nun sitzen sich Nemeth und Palmer stundenlang gegenüber und müssen einen Kompromiss beim Thema Windkraft finden, über den Kompromiss finden sie auch zueinander:
Palmer: "Man kennt die CDU, man weiß, wo die Differenzen sind. Ein Kulturschock war nicht zu erwarten. Der Schock war eher, wie sehr sich die CDU in den zehn Jahren, seit ich den Landtag verlassen habe, verändert hat. Was die heute alles unterschreiben, was ich damals noch sinnlos in jeder Debatte ohne jeden Erfolg vorgetragen habe, das hat mich wirklich verblüfft."
Nemeth: "Die fünf Jahre waren die Grünen unserer Hauptgegner, auf der anderen Seite kenne ich aus der Kommunalpolitik und von meinen Geschwistern, dass man mit den Grünen auch zusammenarbeiten muss und kann."
Palmer: "Ja, man hat sozusagen zum ersten Mal 15- 20 Stunden am Stück ernsthaft in der Sache diskutiert und sich nicht nur Parolen um die Ohren gehauen. Dass das in der Politik so selten stattfindet zwischen Regierung und Opposition ist schon schade."
Nemeth: "Insofern werden jetzt aus Gegnern Partner. Aber in Amerika gibt es so etwas, das heißt Coopetition, also Cooperation and Competition, das wird es auch ein bisschen bleiben, also wir sind sowohl Konkurrenten als auch Partner."
Das Wort "Gender" wird nach dem Willen der CDU aus dem Wortschatz der künftigen Koalitionäre gestrichen. Auch will die CDU von Kernkraft und nicht von Atomkraft sprechen. Zwei politisch gegensätzliche Kulturen treffen aufeinander.
Die Grünen tragen es mit Fassung. Boris Palmer, grüner Tübinger Oberbürgermeister, verhandelt in der Gruppe "Energiepolitik" mit Paul Nemeth. Nemeth, seit 2006 für die CDU im Landtag, war bis zum Wahlabend noch der festen Überzeugung: Seine Partei wird diese Wahl gewinnen. Nun sitzen sich Nemeth und Palmer stundenlang gegenüber und müssen einen Kompromiss beim Thema Windkraft finden, über den Kompromiss finden sie auch zueinander:
Palmer: "Man kennt die CDU, man weiß, wo die Differenzen sind. Ein Kulturschock war nicht zu erwarten. Der Schock war eher, wie sehr sich die CDU in den zehn Jahren, seit ich den Landtag verlassen habe, verändert hat. Was die heute alles unterschreiben, was ich damals noch sinnlos in jeder Debatte ohne jeden Erfolg vorgetragen habe, das hat mich wirklich verblüfft."
Nemeth: "Die fünf Jahre waren die Grünen unserer Hauptgegner, auf der anderen Seite kenne ich aus der Kommunalpolitik und von meinen Geschwistern, dass man mit den Grünen auch zusammenarbeiten muss und kann."
Palmer: "Ja, man hat sozusagen zum ersten Mal 15- 20 Stunden am Stück ernsthaft in der Sache diskutiert und sich nicht nur Parolen um die Ohren gehauen. Dass das in der Politik so selten stattfindet zwischen Regierung und Opposition ist schon schade."
Nemeth: "Insofern werden jetzt aus Gegnern Partner. Aber in Amerika gibt es so etwas, das heißt Coopetition, also Cooperation and Competition, das wird es auch ein bisschen bleiben, also wir sind sowohl Konkurrenten als auch Partner."
Alle Arbeitsgruppen schließen Mitte April ihre Arbeit ab und legen bis auf das Verkehrsressort schriftliche Berichte vor. Auch in der Gruppe "Energiepolitik" gibt es beim Thema Windkraft einen Kompromiss. Der grüne Oberbürgermeister Palmer zieht ein positives Fazit:
"Auch menschlich war es wirklich nett. Der Paul Nemeth hat am Ende ein Herz von uns bekommen, ein Lebkuchenherz, auf dem drauf steht: 'Die Energiewende braucht dich' und er hat gelacht."
"Auch menschlich war es wirklich nett. Der Paul Nemeth hat am Ende ein Herz von uns bekommen, ein Lebkuchenherz, auf dem drauf steht: 'Die Energiewende braucht dich' und er hat gelacht."
Verhandlungen in "sehr guter Atmosphäre"
15. April. "Der heutige Tag verkörpert im Marathon der grün-schwarzen Koalitionsverhandlungen eine wichtige Wegmarke" schreiben die Agenturen. Doch dieser Tag will kein Ende nehmen. Mittlerweile finden die Verhandlungen in den Räumlichkeiten einer großen Stuttgarter Bank statt, alles in den oberen Etagen, so dass die Bankkunden dem landespolitischen Politzirkus nicht in die Quere kommen.
Vor den Türen warten dutzende Journalisten. Unruhe bricht aus, Personenschützer stellen sich auf, flüstern in versteckte Mikrophone: Der Ministerpräsident ist im Anmarsch. Kretschmann und Thomas Strobl kommen um die Ecke.
Pressesprecherin: "Herzlichen Dank auch für Ihre Geduld und ich übergebe gleich für die Statements und es beginnt Ministerpräsident Kretschmann."
"Ja schönen guten Abend, meine Damen und Herren."
Der Regierungschef hat sich verschluckt, sein künftiger Stellvertreter fragt sichtlich besorgt, ob er ihm auf den Rücken klopfen solle. Kretschmann bekommt wieder Luft, verkündet aber keinen Durchbruch:
"Es haben neun Arbeitsgruppen berichtet und es war erst einmal sehr ermutigend."
Vor den Türen warten dutzende Journalisten. Unruhe bricht aus, Personenschützer stellen sich auf, flüstern in versteckte Mikrophone: Der Ministerpräsident ist im Anmarsch. Kretschmann und Thomas Strobl kommen um die Ecke.
Pressesprecherin: "Herzlichen Dank auch für Ihre Geduld und ich übergebe gleich für die Statements und es beginnt Ministerpräsident Kretschmann."
"Ja schönen guten Abend, meine Damen und Herren."
Der Regierungschef hat sich verschluckt, sein künftiger Stellvertreter fragt sichtlich besorgt, ob er ihm auf den Rücken klopfen solle. Kretschmann bekommt wieder Luft, verkündet aber keinen Durchbruch:
"Es haben neun Arbeitsgruppen berichtet und es war erst einmal sehr ermutigend."
Strobl ergänzt lächelnd:
Strobl: "Und man hat bei den mündlichen Berichten gespürt, dass diese Verhandlungen in einer sehr guten Atmosphäre stattgefunden haben. "
Das passt zur Stimmung an diesem Freitagabend, die 18-köpfige Verhandlungsgruppe ist gelassen wie noch nie in diesen Tagen. Während die beiden Verhandlungsführer noch vortragen, scherzt Umweltminister Franz Untersteller mit CDU Generalsekretärin Katrin Schütz. Strobl beendet die Pressekonferenz:
Strobl: "Und man hat bei den mündlichen Berichten gespürt, dass diese Verhandlungen in einer sehr guten Atmosphäre stattgefunden haben. "
Das passt zur Stimmung an diesem Freitagabend, die 18-köpfige Verhandlungsgruppe ist gelassen wie noch nie in diesen Tagen. Während die beiden Verhandlungsführer noch vortragen, scherzt Umweltminister Franz Untersteller mit CDU Generalsekretärin Katrin Schütz. Strobl beendet die Pressekonferenz:
"Einen guten Abend für Sie alle. Auf Wiedersehen."
Zum ersten Mal gehen die künftigen Koalitionäre an diesem Freitagabend im April gemeinsam essen; Halbhöhenlage Stuttgart, Nähe Fernsehturm. Journalisten sind nicht erwünscht, man möchte ungestört zusammenfinden. Vegetarisch, gar vegan, bei der CDU ist man auf alles gefasst.
Von wegen, es habe Fleisch gegeben, erzählt einen Tag später CDU-Fraktionschef Guido Wolf. Nach seinem Geschmack war das Fleisch allerdings zu rot.
"Ja, meine Damen und Herren, wir haben uns jetzt ja einige Tage nicht gesehen und ich habe sie schon sehnlichst vermisst. Schön dass sie da sind."
Sagt der Heilbronner im besten Honoratiorenschwäbisch, das selbst im Sprechrhythmus an seinen Schwiegervater, Finanzmister Wolfgang Schäuble, erinnert. Neben ihm steht der über zehn Jahre ältere, weißhaarige Landesvater und Kultpolitiker, Winfried Kretschmann. Auch er ist des Hochdeutschen bekanntlich nicht mächtig:
"Ja, meine Damen und Herren, wir sind ein gutes Stück vorangekommen, aber, wir sind noch mitten im Prozess."
Lange Zeit hat dieses Paar, das nie eins werden wollte, lediglich derselbe Dialekt geeint.
Jurist Strobl, mit Schmiss im Gesicht, auf der einen, der frühere Gymnasiallehrer Kretschmann, einst kommunistischer Aktivist auf der anderen Seite. Sie gehen höflich miteinander um. Beim Du aber sind sie trotz wochenlanger Verhandlungen noch nicht gelandet. Dafür erstaunt die Kleiderwahl: der Konservative tritt meist in Jeans auf, der Grüne trägt fast ausschließlich Anzug und Krawatte.
Strobl : "Auf Wiedersehen."
Zum ersten Mal gehen die künftigen Koalitionäre an diesem Freitagabend im April gemeinsam essen; Halbhöhenlage Stuttgart, Nähe Fernsehturm. Journalisten sind nicht erwünscht, man möchte ungestört zusammenfinden. Vegetarisch, gar vegan, bei der CDU ist man auf alles gefasst.
Von wegen, es habe Fleisch gegeben, erzählt einen Tag später CDU-Fraktionschef Guido Wolf. Nach seinem Geschmack war das Fleisch allerdings zu rot.
"Ja, meine Damen und Herren, wir haben uns jetzt ja einige Tage nicht gesehen und ich habe sie schon sehnlichst vermisst. Schön dass sie da sind."
Sagt der Heilbronner im besten Honoratiorenschwäbisch, das selbst im Sprechrhythmus an seinen Schwiegervater, Finanzmister Wolfgang Schäuble, erinnert. Neben ihm steht der über zehn Jahre ältere, weißhaarige Landesvater und Kultpolitiker, Winfried Kretschmann. Auch er ist des Hochdeutschen bekanntlich nicht mächtig:
"Ja, meine Damen und Herren, wir sind ein gutes Stück vorangekommen, aber, wir sind noch mitten im Prozess."
Lange Zeit hat dieses Paar, das nie eins werden wollte, lediglich derselbe Dialekt geeint.
Jurist Strobl, mit Schmiss im Gesicht, auf der einen, der frühere Gymnasiallehrer Kretschmann, einst kommunistischer Aktivist auf der anderen Seite. Sie gehen höflich miteinander um. Beim Du aber sind sie trotz wochenlanger Verhandlungen noch nicht gelandet. Dafür erstaunt die Kleiderwahl: der Konservative tritt meist in Jeans auf, der Grüne trägt fast ausschließlich Anzug und Krawatte.
Strobl : "Auf Wiedersehen."
Fünf Ministerin für jede Seite
In den Tagen Ende April wird es um den Zuschnitt der Ministerien gehen. Noch einmal wird sich der CDU-Landesvorstand treffen, einen Tag später, es ist Sonntag der 1. Mai, kommt noch einmal die große Verhandlungsrunde im Hospitalhof in der Stuttgarter Innenstadt zusammen.
Der Koalitionsvertrag steht, die Ministerien sind verteilt. Immer neue Informationen kommen über die Nachrichtenagenturen. Doch die Akteure scheinen noch Klärungsbedarf zu haben, dass zeigt sich an der Tatsache, dass sich diese letzte Verhandlungsrunde in die Länge zieht. Einige Journalisten versuchen rauchende Politiker zum Reden bringen. Andere sitzen im Presseraum und schauen Tatort. Über sechs Wochen sind seit der Landtagswahl vergangen, Müdigkeit liegt über dem Verhandlungsort.
Irgendwo gehen Türen auf, Personenschützer stellen sich auf, Ministerpräsident Kretschmann und CDU-Landeschef Thomas Strobl kommen müde eine Treppe herunter. Gibt es eine Einigung bei der Verteilung der Ministerien, wird
Der Koalitionsvertrag steht, die Ministerien sind verteilt. Immer neue Informationen kommen über die Nachrichtenagenturen. Doch die Akteure scheinen noch Klärungsbedarf zu haben, dass zeigt sich an der Tatsache, dass sich diese letzte Verhandlungsrunde in die Länge zieht. Einige Journalisten versuchen rauchende Politiker zum Reden bringen. Andere sitzen im Presseraum und schauen Tatort. Über sechs Wochen sind seit der Landtagswahl vergangen, Müdigkeit liegt über dem Verhandlungsort.
Irgendwo gehen Türen auf, Personenschützer stellen sich auf, Ministerpräsident Kretschmann und CDU-Landeschef Thomas Strobl kommen müde eine Treppe herunter. Gibt es eine Einigung bei der Verteilung der Ministerien, wird
Kretschmann gefragt. Der gibt sich einsilbig:
Kretschmann: "Ja."
Aus der PK: "Und wie?"
Kretschmann: "Ja."
Aus der PK: "Und wie?"
Strobl: "Im Groben"
Kretschmann: "So wie sie es schon wissen."
Kretschmann fast patzig: "Ja, die Grünen stellen den Ministerpräsidenten, das mussten wir allerdings nicht verhandeln."
Er besinnt sich wohl, dass auch Journalisten nicht nur der Erheiterung wegen derartige Abendveranstaltungen absitzen und erklärt, man habe sich auf eine Verkleinerung des Kabinetts geeignet, es gibt eine Fünf zu Fünf Lösung.
Kretschmann: "Bei der grünen Seite liegt: Das Finanzministerium, das Umweltministerium, das Sozialministerium, das Wissenschaftsministerium und das Verkehrsministerium."
Strobl: "Zunächst möchte ich Ihnen einfach berichten, dass der Ministerpräsident Kretschmann und ich intensive Stunden hinter uns haben."
Strobl redet minutenlang und kündigt an, den Koalitionsvertrag am darauffolgenden Montag vorzustellen. Personalien will man auch noch keine nennen. Kretschmann mittlerweile gesprächiger, fordert ihn auf:
Kretschmann: "Jetzt müssen Sie noch sagen, welche Häuser Sie haben."
Strobl: "Ja, das steht doch schon in den Agenturmeldungen. "
Doch Strobl zählt dann doch noch auf: Kultus, Wirtschaft, Inneres,
Strobl: "Jetzt haben wir drei, gell?"
Die beiden anderen fallen ihm auch noch ein: Landwirtschaft und Justiz.
Ein Paukenschlag: Die Grünen geben das Landwirtschaftsministerium ab, das Herzstück der Ökopartei. Allerdings, dass die Grünen künftig das Finanzministerium verantworten zeigt, die Partei ist bereit zu zeigen, dass man auch mit Geld umgehen kann.
Kretschmann fast patzig: "Ja, die Grünen stellen den Ministerpräsidenten, das mussten wir allerdings nicht verhandeln."
Er besinnt sich wohl, dass auch Journalisten nicht nur der Erheiterung wegen derartige Abendveranstaltungen absitzen und erklärt, man habe sich auf eine Verkleinerung des Kabinetts geeignet, es gibt eine Fünf zu Fünf Lösung.
Kretschmann: "Bei der grünen Seite liegt: Das Finanzministerium, das Umweltministerium, das Sozialministerium, das Wissenschaftsministerium und das Verkehrsministerium."
Strobl: "Zunächst möchte ich Ihnen einfach berichten, dass der Ministerpräsident Kretschmann und ich intensive Stunden hinter uns haben."
Strobl redet minutenlang und kündigt an, den Koalitionsvertrag am darauffolgenden Montag vorzustellen. Personalien will man auch noch keine nennen. Kretschmann mittlerweile gesprächiger, fordert ihn auf:
Kretschmann: "Jetzt müssen Sie noch sagen, welche Häuser Sie haben."
Strobl: "Ja, das steht doch schon in den Agenturmeldungen. "
Doch Strobl zählt dann doch noch auf: Kultus, Wirtschaft, Inneres,
Strobl: "Jetzt haben wir drei, gell?"
Die beiden anderen fallen ihm auch noch ein: Landwirtschaft und Justiz.
Ein Paukenschlag: Die Grünen geben das Landwirtschaftsministerium ab, das Herzstück der Ökopartei. Allerdings, dass die Grünen künftig das Finanzministerium verantworten zeigt, die Partei ist bereit zu zeigen, dass man auch mit Geld umgehen kann.
Der Koalitionsvertrag steht
Einen Tag später, 2. Mai, strahlendes Wetter, der Koalitionsvertrag wird offiziell vorgestellt. Für die Präsentation wurde der Start-up-Campus in Stuttgart gewählt. Ein verheißungsvoller, interessanter, jedoch für das große mediale Interesse ein viel zu kleiner Ort. Nur noch wenige Minuten bis zum Auftritt der Verhandlungsführer, die Stimmung ist gereizt:
Pressesprecherin der Grünen: "Entweder geht die Kamera weg oder wir müssen es verschieben, es hilft jetzt alles nichts."
Dutzende Journalisten drängen sich in einem Raum, wo Tische mit Kiwis, grünen und schwarzen Trauben dekoriert sind. Nicht alle Journalisten bekommen einen Platz, einige stehen im Gang.
Kretschmann und Strobl sind im Anmarsch: Strobl hellgrauer Anzug, schwarze Krawatte, Kretschmann dunkelgrauer Anzug grün-schwarz-grau gestreifte Krawatte, die beiden werden von ihren Fraktionschefs Edith Sitzmann und Gudio Wolf begleitet. Die grüne Pressesprecherin weißt Strobl noch darauf hin, dass die Grünen immer links von der CDU stehen.
Strobl: "Wie sie wollen."
Kretschmann stellt Inhalte aus dem gemeinsamen Koalitionsvertrag vor und betont, das Vertrauen sei von Sitzung zu Sitzung gewachsen. Allerdings habe man bei der Verteilung des Ressorts hart miteinander gerungen:
Kretschmann: "Wir sind uns dabei manchmal auch ziemlich auf die Nerven gegangen, das muss man schon zugeben. Aber wir sind nicht nervös geworden. "
Pressesprecherin der Grünen: "Entweder geht die Kamera weg oder wir müssen es verschieben, es hilft jetzt alles nichts."
Dutzende Journalisten drängen sich in einem Raum, wo Tische mit Kiwis, grünen und schwarzen Trauben dekoriert sind. Nicht alle Journalisten bekommen einen Platz, einige stehen im Gang.
Kretschmann und Strobl sind im Anmarsch: Strobl hellgrauer Anzug, schwarze Krawatte, Kretschmann dunkelgrauer Anzug grün-schwarz-grau gestreifte Krawatte, die beiden werden von ihren Fraktionschefs Edith Sitzmann und Gudio Wolf begleitet. Die grüne Pressesprecherin weißt Strobl noch darauf hin, dass die Grünen immer links von der CDU stehen.
Strobl: "Wie sie wollen."
Kretschmann stellt Inhalte aus dem gemeinsamen Koalitionsvertrag vor und betont, das Vertrauen sei von Sitzung zu Sitzung gewachsen. Allerdings habe man bei der Verteilung des Ressorts hart miteinander gerungen:
Kretschmann: "Wir sind uns dabei manchmal auch ziemlich auf die Nerven gegangen, das muss man schon zugeben. Aber wir sind nicht nervös geworden. "
Strobl: "Na ja."
Kretschmann: "Ruhig geblieben und haben es dann durchverhandelt."
Strobl: "Manchmal waren Sie schon laut."
Kretschmann: "Ja, also … aber selten, das müssen Sie ja zugeben… gut."
Kritik von der CDU-Basis
Nur wenige Stunden danach beginnt der Parteitag des CDU-Kreisverbandes Konstanz. Man trifft sich an diesem Montagabend in Stockach im Bürgerhaus AdlerPost:
"Der heutige Kreisparteitag ist ein historischer Kreisparteitag, ganz im Zeichen des Koalitionsvertrages."
"Der heutige Kreisparteitag ist ein historischer Kreisparteitag, ganz im Zeichen des Koalitionsvertrages."
Die Basis ist unzufrieden:
"Ich möchte mal die Verkehrspolitik ansprechen, die offensichtlich weiter in grüner Hand bleibt: Alles nur für Krötentunnel!"
"Das Finanzministerium wird nicht von der CDU besetzt. Und das ist eine Schlüsselfunktion."
Angesichts der Kritik von der Basis müht sich Andreas Jung, Konstanzer CDU-Bundestagsabgeordneter und Mitglied der Koalitionsverhandlungsrunde, sichtlich damit ab, auf diejenigen Punkte hinzuweisen, bei denen sich die CDU durchgesetzt hat:
"Es wird 1500 Polizeistellen geben. In diesem Bereich haben wir nicht nur klar unsere Handschrift erkennen lassen. Hier wurde der Vertrag auch klar mit schwarzer Tinte geschrieben."
Aber eben nicht überall. Es hilft alles nichts: Andreas Jung muss an diesem Abend auch eingestehen, dass so manche CDU-Vorstellung auf der Strecke geblieben ist:
"Es gibt Bereiche, da ist es schwieriger gewesen. In der heutigen Zeit war es klar, dass die Bildungszeit das schwierigste Kapitel ist."
Mehr Gemeinschaftsschulen, manche sogar mit gymnasialer Oberstufe – diese Kröte ist für viele an der CDU-Basis schwer zu schlucken, haben sie sich im Wahlkampf doch genau dagegen ausgesprochen. Dennoch befürworten die Basis-CDUler einer unverbindlichen Probeabstimmung bei nur wenigen Enthaltungen den Koalitionsvertrag: Fünf Jahre in der Opposition haben wehgetan. Nun, endlich, so ein Delegierter, sei die CDU wieder
"…mit in der Regierung. Und die CDU hat dort eine gewisse Handschrift mit hineingebracht."
"Ich möchte mal die Verkehrspolitik ansprechen, die offensichtlich weiter in grüner Hand bleibt: Alles nur für Krötentunnel!"
"Das Finanzministerium wird nicht von der CDU besetzt. Und das ist eine Schlüsselfunktion."
Angesichts der Kritik von der Basis müht sich Andreas Jung, Konstanzer CDU-Bundestagsabgeordneter und Mitglied der Koalitionsverhandlungsrunde, sichtlich damit ab, auf diejenigen Punkte hinzuweisen, bei denen sich die CDU durchgesetzt hat:
"Es wird 1500 Polizeistellen geben. In diesem Bereich haben wir nicht nur klar unsere Handschrift erkennen lassen. Hier wurde der Vertrag auch klar mit schwarzer Tinte geschrieben."
Aber eben nicht überall. Es hilft alles nichts: Andreas Jung muss an diesem Abend auch eingestehen, dass so manche CDU-Vorstellung auf der Strecke geblieben ist:
"Es gibt Bereiche, da ist es schwieriger gewesen. In der heutigen Zeit war es klar, dass die Bildungszeit das schwierigste Kapitel ist."
Mehr Gemeinschaftsschulen, manche sogar mit gymnasialer Oberstufe – diese Kröte ist für viele an der CDU-Basis schwer zu schlucken, haben sie sich im Wahlkampf doch genau dagegen ausgesprochen. Dennoch befürworten die Basis-CDUler einer unverbindlichen Probeabstimmung bei nur wenigen Enthaltungen den Koalitionsvertrag: Fünf Jahre in der Opposition haben wehgetan. Nun, endlich, so ein Delegierter, sei die CDU wieder
"…mit in der Regierung. Und die CDU hat dort eine gewisse Handschrift mit hineingebracht."
Beide Landesparteitage billigen Koalitionsvertrag
Vier Tage später, Freitag, 6. Mai. Von wegen manche CDU-Vorstellung ist auf der Strecke geblieben. Beim Landesparteitag der CDU klingt der noch in den Koalitionsverhandlungen mitunter devot erscheinende Strobl plötzlich so, als habe er im Namen seiner Partei Baden-Württemberg vor dem Untergang bewahrt. Der Koalitionsvertrag sei mit viel schwarzer Tinte geschrieben. Er nennt viele Beispiele, unter anderem den Kinderbildungspass:
"Damit haben aber die Grünen nichts zu tun, das hat sie Null Komma Null interessiert. Wir haben das durchgesetzt, die CDU und niemand anders. Ein Wort, dass die Grünen gerne auf jede Seite dreimal geschrieben hätten, werden sie auf keine einzigen Seite und in keinem einzigen Satz dieses Koalitionsvertrages finden: Das Wort Gender! Und das haben auch wir durchgesetzt. "
Krasser Gegensatz ein Tag später beim Landesparteitag der Grünen. Ohne Kampfrhetorik bedankt sich Kretschmann bei den Seinen und zollt der CDU noch einmal Respekt für die Haltung in den Koalitionsverhandlungen. Die Lage nach der Wahl sei für die Christdemokraten nicht einfach gewesen.
"Für die CDU war das ein bitteres Wahlergebnis, umso größer ist mein Respekt, dass auch sie ohne zu zögern, dass sie sich da reingegeben hat, in diese Verantwortung. Wir können ja die Menschen nicht so lange wählen lassen, bis es denen, die gewählt werden wollen, passt."
Beide Landesparteitage entscheiden sich mit jeweils deutlichen Mehrheiten für den Koalitionsvertrag. Am Montag, fast zwei Monate nach der Landtagswahl unterzeichnen Grüne und CDU einen bislang einzigartigen grün-schwarzen Koalitionsvertrag:
Kretschmann: "Es kann losgehen. Ziemlich genau acht Wochen nach der Landtagswahl ist der neue Koalitionsvertrag in trockenen Tüchern."
Strobl: "Zugegeben, wir haben am längsten gebraucht, diese Koalition zu schmieden. Ich kann allerdings nur sagen, die schwierigsten Geburten bringen häufig die schönsten Kinder."
Mit Blick über Stuttgart, in der obersten Etage des gläsernen Stuttgarter Kunstmuseums, prosten sich Grüne und Schwarze zu, kurz danach gehen beide Seiten noch einmal getrennte Wege. Die Grünen steigen in Staatskarossen, die CDU Riege muss noch zu Fuß den Stuttgarter Schlossplatz in Richtung Büros überqueren.
"Damit haben aber die Grünen nichts zu tun, das hat sie Null Komma Null interessiert. Wir haben das durchgesetzt, die CDU und niemand anders. Ein Wort, dass die Grünen gerne auf jede Seite dreimal geschrieben hätten, werden sie auf keine einzigen Seite und in keinem einzigen Satz dieses Koalitionsvertrages finden: Das Wort Gender! Und das haben auch wir durchgesetzt. "
Krasser Gegensatz ein Tag später beim Landesparteitag der Grünen. Ohne Kampfrhetorik bedankt sich Kretschmann bei den Seinen und zollt der CDU noch einmal Respekt für die Haltung in den Koalitionsverhandlungen. Die Lage nach der Wahl sei für die Christdemokraten nicht einfach gewesen.
"Für die CDU war das ein bitteres Wahlergebnis, umso größer ist mein Respekt, dass auch sie ohne zu zögern, dass sie sich da reingegeben hat, in diese Verantwortung. Wir können ja die Menschen nicht so lange wählen lassen, bis es denen, die gewählt werden wollen, passt."
Beide Landesparteitage entscheiden sich mit jeweils deutlichen Mehrheiten für den Koalitionsvertrag. Am Montag, fast zwei Monate nach der Landtagswahl unterzeichnen Grüne und CDU einen bislang einzigartigen grün-schwarzen Koalitionsvertrag:
Kretschmann: "Es kann losgehen. Ziemlich genau acht Wochen nach der Landtagswahl ist der neue Koalitionsvertrag in trockenen Tüchern."
Strobl: "Zugegeben, wir haben am längsten gebraucht, diese Koalition zu schmieden. Ich kann allerdings nur sagen, die schwierigsten Geburten bringen häufig die schönsten Kinder."
Mit Blick über Stuttgart, in der obersten Etage des gläsernen Stuttgarter Kunstmuseums, prosten sich Grüne und Schwarze zu, kurz danach gehen beide Seiten noch einmal getrennte Wege. Die Grünen steigen in Staatskarossen, die CDU Riege muss noch zu Fuß den Stuttgarter Schlossplatz in Richtung Büros überqueren.
Erstmals eine Frau als Landtagspräsidentin
Einen Tag später stellen die neuen Regierungspartner ihre Kabinettsliste vor.
Kretschmann: "Also ich werden zum stellvertretenden Ministerpräsidenten und Minister für das Innere, Digitalisierung und Migration, Herrn Thomas Strobl benennen."
Guido Wolf, nach der Wahlschlappe umstrittener CDU-Fraktionschef, bekommt das Ressort Justiz, bei den Grünen wird die bisherige Fraktionschefin Edith Sitzmann Finanzministerin.
Kretschmann: "Also ich werden zum stellvertretenden Ministerpräsidenten und Minister für das Innere, Digitalisierung und Migration, Herrn Thomas Strobl benennen."
Guido Wolf, nach der Wahlschlappe umstrittener CDU-Fraktionschef, bekommt das Ressort Justiz, bei den Grünen wird die bisherige Fraktionschefin Edith Sitzmann Finanzministerin.
Nach der Bekanntgabe der Ministerliste kommt es in der CDU-Landtagsfraktion zu einem Eklat. Bei einer Probeabstimmung zur Wahl des Ministerpräsidenten stimmen acht Christdemokraten mit Nein, fünf enthalten sich, drei sind gar nicht da. Thomas Strobl verlässt empört den Sitzungssaal – nicht Kretschmann, sondern ihn – so hört man – wollten die Abtrünnigen treffen.
"Ich bitte nun um Vorschläge für die Wahl der Präsidentin, des Präsidenten. Das Wort erhält … "
Gestern am 11. Mai kam der neu gewählte Landtag zu seiner konstituierenden Sitzung im zusammen. Dabei wird zum ersten Mal in der Geschichte des Parlaments eine Frau zur neuen Präsidentin gewählt. Die 50-jährige Grünen-Abgeordnete Muhterem Aras, sie ist auch die erste Muslimin an der Spitze des hohen Hauses.
Muhterem Aras: "Ich werde mich als Landtagspräsidentin mit aller Kraft und Leidenschaft für den Erhalt unserer Grundwerte und den Zusammenhalt unserer Gesellschaft einsetzen."
Zum zweiten Mal in der Geschichte wurde heute mit Winfried Kretschmann ein grüner Ministerpräsident in Baden-Württemberg gewählt. Zur Stunde wird das neue Kabinett vereidigt. Fünf Jahre liegen vor der neuen, bislang einzigartigen grün-schwarzen Koalition. Der Start ist gelungen, doch der politische Alltag wird zeigen, ob aus Gegnern Partner tatsächlich auch Partner werden.
"Ich bitte nun um Vorschläge für die Wahl der Präsidentin, des Präsidenten. Das Wort erhält … "
Gestern am 11. Mai kam der neu gewählte Landtag zu seiner konstituierenden Sitzung im zusammen. Dabei wird zum ersten Mal in der Geschichte des Parlaments eine Frau zur neuen Präsidentin gewählt. Die 50-jährige Grünen-Abgeordnete Muhterem Aras, sie ist auch die erste Muslimin an der Spitze des hohen Hauses.
Muhterem Aras: "Ich werde mich als Landtagspräsidentin mit aller Kraft und Leidenschaft für den Erhalt unserer Grundwerte und den Zusammenhalt unserer Gesellschaft einsetzen."
Zum zweiten Mal in der Geschichte wurde heute mit Winfried Kretschmann ein grüner Ministerpräsident in Baden-Württemberg gewählt. Zur Stunde wird das neue Kabinett vereidigt. Fünf Jahre liegen vor der neuen, bislang einzigartigen grün-schwarzen Koalition. Der Start ist gelungen, doch der politische Alltag wird zeigen, ob aus Gegnern Partner tatsächlich auch Partner werden.