Badesaison

Schwimmpaten für Nichtschwimmer gesucht

Ein Junge steht frierend in der Schwimmhalle Schwerin-Lankow vor einer gekachelten Wand, auf der "Wassertiefe 1,80" steht.
Viele Kinder lernen das Schwimmen nicht mehr, weil die Bäder der Grundschulen geschlossen werden. © picture alliance / dpa / Jens Büttner
Von Anja Röbekamp |
Immer weniger Kinder können sicher schwimmen, weil Bäder geschlossen wurden. Auch in Berlin sollte privates Engagement das Problem beheben. So einfach wie gedacht ist das mit den "Schwimmpatenschaften" aber nicht.
In den Sommerferien können nicht alle Schüler baden gehen: In Deutschland kann nur jedes zweite Kind unter 10 Jahren sicher schwimmen. Fast ein Viertel der Grundschulen in Deutschland bietet keinen Schwimmunterricht mehr an, weil es kein Bad mehr gibt.
Eltern müssen also selbst aktiv werden, oder ihr Kind in einem Schwimmkurs anmelden. So ein Kurs kostet etwa 75 Euro, und der Eintritt in das Bad muss noch zusätzlich bezahlt werden. Das ist für Familien mit geringem Einkommen häufig zu teuer. Um diesen Familien zu helfen, bieten vielerorts Initiativen Unterstützung an.
So haben einige Städte die sogenannten "Schwimmpatenschaften" auf den Weg gebracht: Private Spender bezahlen einen Platz für einen Ferienschwimmkurs und die Bäder vor Ort helfen mit Sachleistungen, sie stellen die zum Beispiel die Hallenzeit. Ganz so einfach wie die Idee ist die Praxis aber nicht:

"Wenn Sie eine einzelne Familie oder Kinder gewinnen wollen für dieses Projekt, dann müssen Sie erst mal sicher stellen, dass die Eltern und das Kind verstehen, dass sie da pünktlich zu erscheinen haben, dass sie regelmäßig an diesem Unterricht teilnehmen müssen und für die Zielgruppen, für die dieses Projekt ist, sind solche normalen, ganz alltäglichen Gewohnheiten nicht selbstverständlich."
Ohne Partner geht es nicht
Burghard Menke ist Leiter des Kurssystems der Berliner Bäder Betriebe und hat vor 12 Jahren die "Schwimmpatenschaften" in Berlin auf den Weg gebracht. Schon bei der Arbeit an dem Entwurf wurde klar, dass es ohne Partner nicht geht, und dass Geld allein nicht das Problem ist. Spenden, Kinder und Schwimmausbilder müssen zusammengebracht werden.
Die Schwierigkeiten beginnen schon beim Spendenkonto: Das darf nur eine gemeinnützige Organisation führen. In Berlin sprang hier der Bezirk Tempelhof-Schöneberg bei. Seit 2007 engagiert sich die Bezirksstadträtin Sybill Klotz für die "Schwimmpatenschaften", und seitdem sind jährlich etwa 70 Kinder aus dem Bezirk in Schwimmkurse vermittelt worden. Weitere wichtige Partner sind der Jugendkulturservice, die Deutsche Kinderhilfe und der Kinder- und Jugendgesundheitsdienst. Der führt in Berlin die Einschulungstests durch, prüft dabei gleich die Schwimmtauglichkeit der Kinder und spricht potentielle Patenkinder an. Burghard Menke freut sich, ...
"...dass der Kinder- und Jugendgesundheitsdienst in der Stadt wirklich danach fragt, wann kriegen wir wieder die Anmeldelisten für den Schwimmunterricht und diese Leistung ist extrem wichtig, weil wir natürlich mit der 'Sozialauswahl' dieser Kinder bewusst nichts zu tun haben wollen."
Denn ein wesentlicher Punkt bei den Schwimmpatenschaften ist die Unterbringung der Patenkinder in einem ganz gewöhnlichen Schwimmkurs. Es werden bewusst keine "Ghettokurse" gebildet, sondern schwimmen dient der Integration.
Die Kampagne soll auch bundesweit funktionieren
Wohl auch deshalb ist Schwimmen als "Teilhabe an der Gesellschaft" gesetzlich anerkannt worden, und kann nun auch über das "Bildungs- und Teilhabepaket" vom JobCenter finanziert werden. Das heißt, wer bestimmte Sozialleistungen bezieht, kann beantragen, dass die Kosten für einen Schwimmkurs des Kindes übernommen werden. "Schwimmen für Alle" heißt die neue Kampagne, die auch auf große Sponsoren setzt. Sie läuft gerade in Berlin an und soll auch bundesweit funktionieren. Burghard Menke hofft auf den Modellcharakter:
"Wenn wir eine deutschlandweite Kampagne machen, hilft es natürlich, wenn ein Bundesgesetz flankierend ist und am Ende hängt es vom politischen Willen ab, aber grundsätzlich besteht dieser Anspruch, und es ist eben sehr, sehr schwierig das zusammen zu führen."
Allerdings wachsen beim "Schwimmen für Alle" die bürokratischen Hürden. Interessenten müssen sich einen Termin beim Kinder- und Jugendgesundheitsdienst besorgen, um sich dort beraten zu lassen. Geringverdiener und Bezieher von Arbeitslosengeld I haben keinen Anspruch und bleiben damit auf die Patenschaften angewiesen.
Spendenwilligen Paten macht es die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft in Hamburg besonders leicht: Neben der Kontoverbindung hält die Homepage das Spendenformular bereit. Außerdem sind hier auch kleinere Summen willkommen, es muss nicht unbedingt der volle Preis für einen Kurs übernommen werden. Da fehlt nur noch der Hinweis, dass Ertrinken ist eine der häufigsten Ursachen für tödliche Unfälle im Kindesalter ist.
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