Da ist viel zu erklären, wie Ämter funktionieren, wie Politik funktioniert, wie solche Projekte finanziert werden und dass man nicht irgendwie hingehen kann mit 'ner Schaufel und losbuddeln und das Amt findet das super. Ämter sind so mittelbegeistert, je nach individuellem Interesse, mit Bürgerinitiativen umzugehen. Und es gibt ultimativ auch 'ne Verantwortung der öffentlichen Hand, weil es ja 'ne öffentliche Fläche ist. Und da gibt es dann schon immer Argumente, die sehr kreativ wirken.
Ehrenamtliches Engagement in Berlin
Einen 7000-Quadratmeter-Wald mitten in der Stadt wollen Ehrenamtliche auf dieser verödeten öffentlichen Grünanlage in Berlin pflanzen. © Thilo Schmidt
Ein Miniwald für die Großstadt
06:14 Minuten
Ehrenamtliche wollen einen 7000-Quadratmeter-Wald auf einer verödeten öffentlichen Grünanlage in Berlin-Pankow pflanzen. Helfer stehen bereit, Gelder sollen eingeworben werden. Aber der Bezirk muss dem Vorhaben zustimmen. Der hat Vorbehalte.
Würden Anwohner die wenigen Bäume auf dieser versteppten Grünfläche in Berlin-Pankow nicht regelmäßig wässern, wären sie schon längst jämmerlich zugrunde gegangen. Isabel Reich sieht das Elend jeden Tag: "Die Bäume sterben so nach und nach ab. Du kannst das jetzt sehen. Schau mal, da vorne die beiden, hier, auch hinter uns, hier sind ja schon mal fünf Bäume ungefähr, die kommen nächstes Jahr einfach nicht wieder."
Isabel Reich ist Anwohnerin hier auf dem Alten Schlachthof, der sich seit 20 Jahren von einem brachliegenden Gewerbegebiet zu einem Wohnquartier entwickelt:
"Auf diesen Flächen gibt es ganz viele Spielangebote, es gibt Wasserspielplatz, Abenteuerspielplatz, Basketballfelder, es gibt alles Mögliche an Angeboten. Wenn man jetzt aber wieder ein bisschen weiter denkt als 'ich will hier nicht nur spielen, ich will hier wirklich gesund leben', dann braucht es halt viel mehr Schatten, es braucht Abkühlung, und das schaffst du eben nur, indem du hier aufforstest oder eben so viel Grün hier auf diese Fläche bringst, wie es eben gerade geht."
Auf der Suche nach Gleichgesinnten
Isabel Reich hat mit Gleichgesinnten den Verein "BiodiverCity" gegründet. Ihr Ziel ist es, einen Wald anzulegen mitten in der Stadt auf diesen 7.000 Quadratmetern versteppter Ödnis, die kaum CO2 speichert, deren sandiger, plattgetrampelter Boden kaum Wasser aufnimmt. Also hat Isabel Reich dem Bezirksamt Pankow die Ideen von "BiodiverCity" vorgestellt. Die Antwort war ernüchternd:
"Die erste Reaktion war: 'Ja, Frau Reich, das sind ja alles ganz schöne Ideen, aber wir haben kein Geld und wir haben kein Personal. Punkt.' So. Dann habe ich den Vorschlag gemacht: Kein Problem, ich suche Ihnen die Leute und wir suchen auch die Gelder. Nächste Reaktion war dann: 'Ja, das ist auch wieder ganz schön, Frau Reich, aber dann sind Sie ja nicht versichert.'
Da hab ich dann so 'ne Weile dran rumgeknabbert und gedacht: In meiner Welt müsste das ganz einfach sein, juristische Kniffe, was auch immer, das vertraglich so hinzubauen, dass das dann auch geht."
Da hab ich dann so 'ne Weile dran rumgeknabbert und gedacht: In meiner Welt müsste das ganz einfach sein, juristische Kniffe, was auch immer, das vertraglich so hinzubauen, dass das dann auch geht."
Eine städtische Grünfläche, ökologisch tot
Isabel Reich suchte Rat bei Axel Lüssow, Bezirksverordneter der Grünen in Pankow. Der an der Notwendigkeit des Miniwaldes keinen Zweifel hat: "Die Fläche ist ökologisch tot. Alles, was einem einfällt, was an einer Fläche ganz furchtbar sein kann, ist da der Fall: Also die Bäume sind kaputt, übrigens auch, weil das Hundeauslauffläche ist, Hundeklo ist und auch Hunde diese Bäume verbeißen."
Es wundert Lüssow nicht, dass der Verein mit seiner Anfrage ans Bezirksamt – etwas überspitzt formuliert – am Pförtner gescheitert ist. Bewegung in die Sache kam erst, nachdem Lüssow die Idee von "BiodiverCity" ins Ämterdeutsch übersetzt hatte.
Ein Antrag für einen Miniwald
Die Grünen-Fraktion reichte schließlich einen Antrag ein. Es geht erst einmal um einen Miniwald von der Größe eines Tennisplatzes. Das ist nur ein Bruchteil dieser Grünfläche, und es soll auch nur ein Anfang sein. "Das ist hier zwischen diesen beiden Trampelpfaden", erklärt Isabel Reich. "Du siehst diese roten Bäume da vorne: von da ab und ein Stückchen weiter als diese Fahrradfahrer jetzt sind."
Und irgendwann soll der Wald die ganzen 7.000 Quadratmeter Freifläche bedecken. Mit gutem Boden statt sandiger Steppe. Ein Wald mit kleinen Biotopen, Totholzhecken, Freizeitflächen und einem grünen Klassenzimmer.
Gut vernetzte Freiwillige, die mit der Schaufel anrücken, gibt es genug. Geld könnte es von verschiedenen Stiftungen geben: Vom Deutschen Nachbarschaftspreis oder von Ecosia, einer Suchmaschine, die ihre Einnahmen an Naturschutzprojekte spendet.
Aber der Bezirk Pankow muss dafür diesem Wald erst offiziell zustimmen, und zwar nachhaltig.
"Ecosia, mal als Beispiel, wenn die sagen, wir geben euch jetzt 25.000 Euro, dann wollen die natürlich auch wissen: Das bleibt dann auch die nächsten 50 Jahre oder länger da stehen. Wir geben Euch ja jetzt nicht 25.000 Euro dafür, dass der Bezirk in zwei Jahren sagt: Ja, war nett, aber jetzt bauen wir da ein Parkhaus hin.“
Es existieren auch Förderprogramme des Bundes, die genau für solche Vorhaben gedacht sind. Sie können aber nur von Kommunen beantragt werden.
Personalmangel sorgt auch für Fördermangel
Und wenn es nicht schon am Geld scheitert, dann oftmals daran, dass die ausgedünnte Berliner Verwaltung nicht mal Personal hat, um Initiativen zu begleiten, die ihr eigentlich Arbeit abnehmen wollen, sagt der grüne Bezirkspolitiker Axel Lüssow:
"Also wenn es da einen politischen Willen gibt, dann kriegt das Amt das hin. Nur machen die das ungern mit Bordmitteln. Und eigentlich müsste man immer – das ist jetzt das Konzept, das wir aktuell versuchen im Bezirksamt – für solche Projekte eine spezielle Stelle anwerben und im Bezirksamt dieser Person sagen: 'So, hier ist dein Schreibtisch, hier sind deine Kollegen, die machen aber nichts, die haben ihre Arbeit, und du betreust jetzt dieses Konzept von A bis Z.'“
Immerhin: Der Umweltausschuss des Bezirks hat das Vorhaben in der letzten Woche befürwortet, die erste Hürde ist genommen. Und Axel Lüssow glaubt daran, dass der Bezirk dem Projekt am Ende zustimmt.