Eine Kunstsprache stiftet Einheit
Die indonesische Amts- und Nationalsprache Bahasia Indonesisa basiert auf dem Malaiischen und diente zunächst als Waffe im Kampf gegen die niederländischen Kolonialherren. Heute hält sie die Einwohner der 17.000 Inseln des indonesischen Archipels sprachlich zusammen.
tak ada yang lebih tabah
dari hujan bulan Juni
dirahasiakannya rintik rindunya
kepada pohon berbunga itu
tak ada yang lebih bijak
dari hujan bulan Juni
dari hujan bulan Juni
dirahasiakannya rintik rindunya
kepada pohon berbunga itu
tak ada yang lebih bijak
dari hujan bulan Juni
dihapusnya jejak-jejak kakinya
yang ragu-ragu di jalan itu
tak ada yang lebih arif
dari hujan bulan Juni
dibiarkannya yang tak terucapkan
diserap akar pohon bunga itu
yang ragu-ragu di jalan itu
tak ada yang lebih arif
dari hujan bulan Juni
dibiarkannya yang tak terucapkan
diserap akar pohon bunga itu
"Regen im Juni" – eines der bekanntesten Gedichte des Lyrikers Sapardi Djoko Damono. Viele Indonesier kennen es auswendig – auch Lily Yulianti Farid, die Leiterin des Literaturfestivals in Makassar auf der Insel Sulawesi.
Das Gedicht ist auf Bahasa Indonesia verfasst. Bahasa bedeutet ganz einfach "Sprache", Bahasa Indonesia heißt also "Indonesische Sprache". Sie wird von rund 200 Millionen Menschen gesprochen, meistens allerdings als Zweitsprache.
Der Autor Eka Kurniawan zum Beispiel stammt aus Westjava. Dort spielt auch sein Roman "Tigermann". Natürlich hat Kurniawan den Roman auf Standardindonesisch geschrieben, aber:
"Eigentlich ist das nicht meine Muttersprache. Meine Muttersprache ist Sundanesisch, doch auf Sundanesisch kann ich ehrlich gesagt nicht schreiben. Ich spreche es täglich mit meiner Mutter, meiner Schwester und meinem Bruder, aber wenn ich schreibe, fühle ich mich auf Bahasa Indonesia wohler. Das habe ich in der Schule und durch Lektüre gelernt."
"Ein Land, eine Nation, eine Sprache"
Die Idee einer indonesischen Landessprache nahm 1928 Gestalt an, als sich rund 70 junge Nationalisten in Batavia, dem heutigen Jakarta, trafen und den so genannten "Jugendschwur" ablegten: "Ein Land, eine Nation, eine Sprache" lautete ihr Eid. Denn zu jener Zeit hatten noch die holländischen Kolonialherren das Sagen in dem Reich der 17.000 Inseln.
Die aber wollte man loswerden samt ihrer Sprache. Eine eigene Landessprache musste her, sagt der Literaturwissenschaftler Manneke Budiman von der Universitas Indonesia in Jakarta:
"Die indonesische Sprache war in erster Linie ein Mittel im antikolonialen Kampf. Sie wurde ausgerufen, um die Niederländer zu ärgern. Das war Sinn und Zweck der ganzen Sache!"
Nach einem kurzen japanischen Kolonialintermezzo erklärte sich Indonesien 1945 unabhängig. Das Land etablierte, was keiner anderen ehemaligen Kolonie je gelang: eine neue Nationalsprache.
Eine egalitäre Sprache
"Nennen Sie es eine 'künstliche Sprache'! Es ist ein Mix verschiedener Sprachelemente des ganzen Archipels, um alle kolonisierten Völker von Sumatra bis nach West-Papua einzubeziehen. Indem sie nicht eine bestimmte Regionalsprache auswählten, hofften die Gründungsväter, alle ethnischen Gruppen zu vereinen. Denn sie haben keine Regionalsprache über eine andere erhoben."
Trotzdem: Das moderne Indonesisch basiert vor allem auf dem Malaiischen, das auf Sumatra und auf der gegenüberliegenden malaysischen Halbinsel gesprochen wurde. Deshalb sind die Nationalsprachen Indonesisch und Malaysisch einander auch so ähnlich. Sie wurzeln beide im Malaiischen, einer Händlersprache, die recht egalitär funktioniert.
Das ist es auch, was Ayu Utami, Autorin der Romane "Saman" und "Larung", an Bahasa Indonesia schätzt:
"Mich hat die indonesische Sprache von meiner eigenen Muttersprache befreit, dem Javanischen. Das Javanische ist eine sehr feudalistische Sprache mit etlichen Anredeformen und Höflichkeitsebenen. Der berühmte Autor Pramoedya Ananta Toer hat das übrigens ebenso empfunden. Auch für ihn stellte das Indonesische eine sprachliche Befreiung von feudalistischen Strukturen dar."
Also eine Sprache, die sich für eine Demokratie gut eignet, was Indonesien seit Ende der Suharto-Diktatur 1998 versucht zu sein. Gleichzeitig eine reichhaltige Sprache, sagt die Essayistin Linda Christanty:
"Das Indonesische hat viele Wörter aus den Regionalsprachen aufgesogen. Das macht die Sprache für uns sehr reich. Wir haben unsere Regionalsprachen quasi beigesteuert. Im Vergleich zum Bangkanesischen ist Bahasa Indonesia viel poetischer."
Dialekte verschwinden
Linda Christanty stammt von der Insel Bangka. Mit ihren Eltern daheim spricht sie einen Mix aus ihrem heimischen malaiischen Dialekt und der indonesischen Hochsprache. Diese setzt sich landesweit tatsächlich immer stärker durch. Die 61-jährige Literaturwissenschaftlerin Melani Budianta sieht das allerdings kritisch:
"Eltern ermutigen ihre Kinder oft nicht mehr, die lokalen Dialekte zu sprechen. Warum? Weil sie, wenn sie Dialekt sprechen, womöglich kein flüssiges Indonesisch sprechen können und damit ihr Jobchancen verringern. Stattdessen bestärken sie die Kinder darin, Bahasa und Englisch zu lernen. Mit den beiden Sprachen können sie z.B. bei einer Behörde arbeiten. Der Anreiz, eine Regionalsprache zu lernen, ist auf einem Tiefpunkt angekommen. In meiner Generation haben noch alle eine regionale Muttersprache, aber in der nächsten Generation ist das schon größtenteils Bahasa Indonesia."
Deswegen werden manche Regionalsprachen nur noch von wenigen, manchmal sogar nur noch von zwei Sprechern gesprochen. Noch immer gibt es rund 720 Sprachen in Indonesien. Pro Monat aber, sagt Melani Budianta, stirbt eine dieser Sprachen aus.