Balance zwischen Alt und Jung

Wie schaffen wir mehr Generationengerechtigkeit?

78:42 Minuten
Das Graffiti "No Future" von Banksy zeigt ein Mädchen mit einem Ballon in der Hand, der der "O" in den Worten "No Future" bildet.
Ob beim Klimawandel oder in der Arbeitswelt, zumeist hat die junge Generation die schlechteren Karten. © picture alliance / Zumapress.com / Attila Husejnow
Moderation: Katrin Heise |
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Deutschland hat ein Problem: zu viele Ältere, zu wenige Junge. Das Ungleichgewicht zwischen den Generationen wird immer deutlicher – bei der Renten- und Sozialpolitik, beim Klimaschutz. Diskutieren Sie mit über die Generationengerechtigkeit.
"Ihr klaut uns unsere Zukunft!", so der Vorwurf der "Fridays for Future"-Bewegung. Corona hat die lautstarken und medienwirksamen Straßenproteste ins Digitale verdrängt, aber die Vorwürfe bleiben: Die Babyboomer leben auf Kosten der Jungen, verbrauchen Ressourcen und bestimmen als Wähler und Gewählte die Politik.
Die Demografie lässt nichts Gutes erahnen: Bei der Bundestagswahl im September wird die Mehrheit der 60,4 Millionen Wahlberechtigten mehr als 55 Jahre alt sein. An den Babyboomern kommt keiner vorbei. Oder doch? Wie können wir mehr Gerechtigkeit zwischen Alt und Jung schaffen?

"Macht Platz!"

"Wir Jungen sind es, die die Folgen der rückwärtsgewandten Politik der Alten am längsten ertragen müssen", sagt Madeleine Hoffmann. Die Journalistin, Jahrgang 1987, ist Botschafterin der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen. "Wir sind es, die mit den Folgen des Klimawandels am Längsten leben, die unsinnige, teure Rentengeschenke mit höheren Beiträgen bezahlen."
Es heiße immer, dass es jeder Generation mindestens so gut gehen sollte wie der vorhergehenden. "Ich sehe das kritisch. In der Arbeitswelt haben wir das Problem, dass extrem viele Junge von prekärer Arbeit betroffen sind. Es ist total leicht, junge Leute zu befristen. Da hat man schlechtere Karten. Nach der Pandemie haben die Jungen noch eine schlechtere Ausgangsposition. Es ist gerade ein wahnsinniger Druck im Bildungssystem; es gibt viele junge Leute, die auf der Strecke bleiben."
Ihre Forderung: "Macht Platz!". So lautet auch der Titel ihres Buchs. Es sei Zeit, die Jüngeren ans Ruder zu lassen.

"Schaut über den Tellerrand eurer eigenen Interessen!"

"Eine deutlich gealterte Bürgerschaft kann für die Demokratie zum Fluch oder zum Segen werden", sagt Emanuel Richter. Der emeritierte Politikwissenschaftler, Jahrgang 1953, lehrte bis 2020 an der RWTH Aachen, nach wie vor ist er als Wissenschaftler und Vortragsredner aktiv.
Fluch, da sie zu einer "Gerontokratie" ausarten könne, einer "Herrschaft der Senioren". Zum Segen, wenn es gelinge, die Älteren weiterhin aktiv im Leben zu halten, zum Beispiel durch mehr bürgerschaftliches Engagement. Wenn es gelinge, Alt und Jung zusammenzubringen.
Es habe auch schon immer Generationendebatten gegeben, so der Wissenschaftler. Jetzt schlage die Demografie aber besonders zu: "Es wird immer mehr Senioren geben. Das ist ein Riesenproblem, nicht nur in Deutschland, auch in anderen Ländern. Es ist nicht so sehr ein Appell an die Jüngeren, sondern an die Älteren: Führt euch die Probleme der Generationengerechtigkeit vor Augen, schaut über den Tellerrand eurer eigenen altersspezifischen Interessen und engagiert euch zum Wohl einer Gesamtheit."
Wie dies realisiert werden kann, beschreibt Emanuel Richter in seinem Buch "Seniorendemokratie".
(sus)

Wie schaffen wir mehr Generationengerechtigkeit?
Darüber diskutiert Katrin Heise heute von 9 Uhr 05 bis 11 Uhr mit der Journalistin Madeleine Hofmann und dem Politikwissenschaftler Emanuel Richter. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 0800 2254 2254 sowie per E-Mail unter gespraech@deutschlandfunkkultur.de.
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