Bani Abidi: They Died Laughing
Ausstellung im Martin-Gropius-Bau Berlin
6. Juni bis 22. September 2019
Im Lachen steckt eine große Kraft
05:14 Minuten
„They died laughing“ heißt eine Ausstellung der pakistanischen Künstlerin Bani Abidi. Der Titel verrät schon die Zweischneidigkeit des Gelächters. Der Berliner Martin-Gropius-Bau zeigt ihre Beobachtungen aus dem Alltag, die ins Absurde abgleiten.
"Hier werden Menschen geschlachtet, wie ein Metzger Ziegen schlachtet", schreibt Allah Ditta am 23. April 1915 aus Frankreich an seinen Vater im Punjab. 70.000 Soldaten vom indischen Subkontinent starben im Ersten Weltkrieg. Ihre Geschichte ist bisher nicht erzählt worden. Die pakistanische Künstlerin Bani Abidi hat in einem Archiv die Feldpost gefunden, die von der Zensur abgefangen wurde.
Sie ergänzt die historischen Briefe durch einen fiktiven musikalischen Dialog: "Ich habe dem Tod in die Augen geschaut", singt der Mann, und die Frau fleht: "Geh nicht, geh nicht, bleib hier mein Freund."
Den Werken ist ein dunkler Humor inne
In der fein austarierte Schau "They died laughing" im Berliner Martin Gropius Bau nimmt Bani Abidi Nationalismus, Grenzen und prätentiöse politische Zeremonien aufs Korn. Den meisten Werken wohnt ein dunkler Humor inne, der die Besucher mal lachen, mal schlucken lässt.
"Ich habe einen Roman gelesen, der an der Front in Belgien spielt. Zwischen den Schützengräben saßen drei indische Soldaten in einem Unterstand und lachten. Ein Vierter kam hinzu und fragte: Habt Ihr eigentlich eine Vorstellung davon, dass da draußen alle getötet werden? Warum lacht ihr? Sie haben alle über irgendeinen albernen Witz gelacht. Und gesagt: Wenn wir schon getötet werden, können wir auch lachend sterben."
"Ich habe einen Roman gelesen, der an der Front in Belgien spielt. Zwischen den Schützengräben saßen drei indische Soldaten in einem Unterstand und lachten. Ein Vierter kam hinzu und fragte: Habt Ihr eigentlich eine Vorstellung davon, dass da draußen alle getötet werden? Warum lacht ihr? Sie haben alle über irgendeinen albernen Witz gelacht. Und gesagt: Wenn wir schon getötet werden, können wir auch lachend sterben."
Und sie haben sich totgelacht...
"And they died laughing" – Die Serie mit Aquarellen, die der Ausstellung den Titel leiht, zeigt Menschen, die in unbändiges Gelächter ausbrechen, die den Kopf in den Nacken werfen, die Zähne blecken und sich schütteln vor Lachen wie toll:
"Im Lachen steckt eine große Kraft. Es kann die Leute wirklich provozieren. Wenn Sie einfach über Leute lachen, die versuchen, die Kontrolle über Sie zu gewinnen, dann gibt es nichts, was Sie schwächer machen kann."
Die elegante Mischung von bewegten und stehenden Bildern, von Film, Zeichnung und Grafik zieht das Publikum hinein in die absurden Szenen, die den Lauf der Welt mit ihrem subversiven Humor zum Stolpern bringen. Da führt Bani Abidi den Leerlauf von Pomp und Protz vor.
Die elegante Mischung von bewegten und stehenden Bildern, von Film, Zeichnung und Grafik zieht das Publikum hinein in die absurden Szenen, die den Lauf der Welt mit ihrem subversiven Humor zum Stolpern bringen. Da führt Bani Abidi den Leerlauf von Pomp und Protz vor.
Gesten der Macht
Die Kamera begleitet einen Politiker. Er will eine überlebensgroße Statue von sich selbst anfertigen lassen und sucht dafür den Bildhauer Ram Sutar auf, der sein Leben lang nichts anderes gemacht hat:
"Er existierte tatsächlich. Er war damals 85 Jahre alt und hat 60 Jahre politische Monumente erschaffen. Er war einfach ein Geschäftsmann. Er war ein Anhänger Ghandis, er wollte ganz schlichte Statuen von Ghandi mit zwei Kindern machen. Aber die verschiedenen Ethnien wollten ihre eigenen Politiker als Statue."
Mit goldener Uhr und goldenem Armband zerschneidet der Lokalmatador mit seinem Säbel die Luft. Dezent studiert die Kamera in dem Atelier andere Gesten der Macht, den erhobenen Zeigefinger, die geballte Faust, die gnädig winkende Hand. Dabei entsteht ein Ballett, das sich leise amüsiert über die Posen der Männlichkeit.
Verunsicherte pakistanische Männer
Bani Abidi lebt in Berlin, lässt sich aber noch immer von Szenen aus ihrer Heimatstadt Karachi inspirieren: "Kürzlich gab es Frauendemonstrationen in Pakistan und es war einfach lustig. Da stand dann: Ich weiß nicht, wo deine Socken sind. Oder hast du gelernt, deinen eigenen Tee zu kochen? Ich glaube, pakistanische Männer waren noch nie so verunsichert."
In der jüngsten Arbeit wechselt der Tonfall. "The lost Procession" in schweren statischen Bildern handelt von der Verfolgung der Hazaras:
In der jüngsten Arbeit wechselt der Tonfall. "The lost Procession" in schweren statischen Bildern handelt von der Verfolgung der Hazaras:
"Die Hazaras sind die einzigen Immigranten in Deutschland, die aus meinem Land stammen. Ich fühle mich persönlich verantwortlich dafür, dass sie in Pakistan kein Zuhause mehr haben. Sie sind mongolische Schiiten, unterscheiden sich also auch sichtbar von der Bevölkerung Südasiens. Und sie wurden in den letzten 20 Jahren immer wieder Opfer von Anschlägen sunnitischer Terroristen."
Die Kamera zeigt das lehmbraune Ghetto von Quetta, den Friedhof mit den überlebensgroßen Fotos der Getöteten, die trauernden Mütter und Väter. Vergebens wartet man hier auf eine Pointe. Bei der Verletzung der Menschenrechte, sagt Bani Abidi, hört der Spaß auf.