Banjo, Fiddle und Mandoline - der Sound des Bluegrass

Von Michael Kleff |
Bluegrass hat jeder schon einmal gehört: Flinke Banjoläufe erklingen im Gangster-Klassiker "Bonnie und Clyde" ebenso wie in der Action-Komödie "Ein ausgekochtes Schlitzohr" oder in der Mississippi-Odyssee "Oh Brother, Where Are Thou". Erfunden hat dieses US-amerikanische Musikgenre der Sänger und Instrumentalist Bill Monroe, der am 13. September 1911 geboren wurde.
"Bluegrass" – ein Wort voller Poesie. Das Bild, das sich die Phantasie dazu malt, war einmal Wirklichkeit. Noch vor hundert Jahren bedeckte eine endlose Graslandschaft die sanft geschwungenen Hügel im US-Bundesstaat Kentucky. Ein wogendes Wiesenmeer, das im Frühjahr blau schimmerte. Das bewog Bill Monroe, seine erste Band "Bluegrass Boys" zu nennen und damit den Grundstein für ein neues Genre populärer US-amerikanischer Musik zu legen.

Bill Monroe wuchs auf der Farm seiner Musik liebenden Eltern mit sieben Geschwistern auf. Seine Brüder Birch und Charlie spielten Fiddle und Gitarre. Dem jungen Bill blieb die Mandoline. Drei Faktoren bestimmten dann seine musikalische Entwicklung: Das Singen in der Kirche. Die Zusammenarbeit mit dem schwarzen Blues-Gitarristen Arnold Schultz, von dem er lernte, die weiße, ländliche Volksmusik aus den Appalachen mit schwarzer Rhythmik zu verbinden. Und sein Onkel Pen Vandiver.

"Er war der erste Fiddle-Spieler, den ich hörte. Da war ich gerade einmal sechs oder sieben. Er kam an den Wochenenden immer zu Besuch. Nach dem Abendessen saßen wir dann am Kamin, und er spielte Fiddle. Er war ein wunderbarer Onkel."

Nach dem frühen Tod seiner Eltern ging Bill Monroe als 18-Jähriger nach Chicago. Während der großen wirtschaftlichen Depression verdiente er sich in einer Ölraffinerie ein paar Dollar. Um das schmale Gehalt aufzubessern, spielte Bill mit seinen Brüdern auf Hauspartys und bei kleinen Radiosendern. 1939 gründete er dann seine Bluegrass Boys. Sechs Jahre später stießen der Banjospieler Earl Scruggs sowie der Sänger und Gitarrist Lester Flatt zur Band. Mit ihnen entwickelte Bill Monroe einen neuen, eigenständigen Sound – Bluegrassmusik. Ihren besonderen Reiz beschreibt er so:
"Die Musik hat viel Gefühl, und ihre Melodien sind sehr schön. Die Songs erzählen wahre Geschichten – über die Liebe oder über das Leben der Menschen. Im Bluegrass stecken auch religiöse Elemente. Und viel Blues der Schwarzen aus dem Süden. Meine Vorfahren kommen aus Schottland. Wir hatten den Dudelsack. Der geht ganz schön ab. So spiele ich diese Musik und so möchte ich sie bewahren. Mit guten Spielern an Banjo, Fiddle und Mandoline."

Mitte der vierziger Jahre gehörten Bill Monroe und seine Bluegrass Boys zu den größten Attraktionen der Grand Ole Opry in Nashville. In der von dort seit den dreißiger Jahren wöchentlich live ausgestrahlten WSM Radioshow trat Monroe bis noch wenige Jahre vor seinem Tod 1996 regelmäßig auf. Als Instrumentalist hat Bill Monroe Mandolinenspieler im Bluegrass, im Jazz und auch im Rock immer wieder inspiriert. Er selber hat dagegen die eigenen engen Grenzen nie verlassen. Oft fand Monroe sogar harte Worte für die Erneuerer seiner Musik.

"Ich hoffe, sie gehen nicht zu weit. Die Musik sollte in ihrer ursprünglichen Form bewahrt werden. Viele spielen heute überhaupt keinen Bluegrass mehr. Es ist ihr gutes Recht, ihre eigene Musik zu machen. Nur, dann muss ich es auch anders nennen. Ich kann dann nicht Bluegrass dazu sagen."

Der Banjospieler Pete Wernick, der von 1986 bis 2001 Präsident der International Bluegrass Music Association war, vergleicht Bluegrass mit einem Baum mit vielen Ästen, für dessen Stamm Bill Monroe steht.

"Ohne ihn könnten die Äste nicht existieren. Viele neue Strömungen sind aus dem Bluegrass hervorgegangen. Beides zusammen macht diese Musik zu einem so interessanten Genre. Sie hat etwas mit Energie und Schlichtheit zu tun. Da ist der schöne Sound von Gitarre, Fiddle, Mandoline, Banjo und Bass; verbunden mit dem sogenannten high lonesome sound, einer klaren und gefühlvollen Stimme – das ist Bluegrass."