Internetbuden machen den Großbanken Konkurrenz
Finanzdienstleistungen ohne Krawatte und hohe Gebühren. Die bietet das Frankfurter Unternehmen Vaamo. Michael Braun hat das so genannte Fintech besucht, das sich offensiv als Konkurrent der etablierten Bankhäuser positioniert.
Es ist schon der zweite Kicker bei Vaamo, der zweite seit anderthalb Jahren. Ohne ihn geht es wohl nicht bei solch jungen Unternehmen, die Kreativität statt Krawatte von ihren Mitarbeitern fordern. 20 sind es bei Vaamo, die Hälfte davon Entwickler.
Vorstand Oliver Vins – in Jeans und mit Drei-Tage-Bart, wache Augen hinter dunkel gerandeter Brille – ist Bankkaufmann, Finanzwirt, war acht Jahre Berater bei McKinsey. Und hat sich immer über den Widerstand der Branche gegen die Online-Wünsche der jungen Kundschaft geärgert. Die will er nun mit dem eigenen Unternehmen erfüllen:
"Ich brauche eben keinen Bankberater. Alles ist komplett papierlos. Ich kann das in wenigen Minuten abschließen, das Konto. Ich kann jederzeit beliebige Summen anlegen, ich kann also in der Tat mit zehn Euro anfangen, wenn ich das möchte. Ich kann Geld auch jederzeit wieder abziehen, ich hab dadurch keine Kosten."
Zehn Millionen Euro verwaltetes Vermögen hat Vaamo überschritten. Das ist nichts. Der Vermögensverwalter der Deutschen Bank etwa bringt es auf 750 Milliarden. Umso lauter macht das Frankfurter Fintech in Radiospots auf sich aufmerksam:
"Liebe Banken. Nach all euren Glanzleistungen ist es Zeit, danke zu sagen. Danke für die viel zu hohen Gebühren. Danke für die falschen Produkte. Und danke für die schlechten Öffnungszeiten."
Nur wer eine Notreserve hat, sollte es auf dem Kapitalmarkt probieren
Im Online-Angebot von Vaamo geht es leiser zu. Kunde wird nur, wer sich im üblichen Postident oder im neueren Video-Ident-Verfahren ausgewiesen hat, eine Vorschrift des Geldwäschegesetzes. Und wer Geld anlegen will, muss erst einmal einen Fragenkatalog mit schon pädagogischer Wirkung über sich ergehen lassen. Es geht um die Grundregeln der Geldanlage. Oliver Vins führt durchs Programm:
"Hat der Kunde eine gewissen Notreserve, also zwei bis drei Monatsgehälter, die er auf einem Tagesgeldkonto angespart hat. Wer das nicht hat, der sollte nicht an Kapitalmarktinvestments denken, sondern erst mal einen gewissen Notgroschen aufbauen."
Auch vor der Geldanlage erst einmal die Schulden zu tilgen, gehört zu den ersten Tipps im Kundendialog, weil ja Schuldzinsen meist höher als Guthabenzinsen sind, Tilgung dann die beste Geldanlage ist. Dann Fragen wie: Was ist das Sparziel? Wann soll es erreicht werden? Und wie risikobereit sind Sie, wenig, mittel oder mehr? Je länger der Sparvertrag, je mehr Risiko könne drin sein, je höher wird der Aktienanteil im Depot: 40 Prozent bei geringer Risikobereitschaft, 80 Prozent bei langen Sparzielen und höherer Risikobereitschaft. Vaamo empfiehlt dann einen von fünf Fonds im Angebot. Warum gerade die?
"Ganz sicher nicht wegen der Provision. Das ist uns ganz, ganz wichtig, dass wir eben keinerlei Provisionen erhalten, dass wir absolut unabhängig sind. Wir leben nur von einer Gebühr, die der Kunde direkt und ganz transparent an uns bezahlt."
Der Roboadvisor arbeitet einen Fragenkatalog ab
Vaamo verdient sein Geld mit Provisionen seiner Kunden, 0,5 bis knapp ein Prozent jährlich. Das Verbrauchermagazin Finanztipp hat sich die Branche der Roboadvisor angeschaut und dabei festgestellt, dass "so viel Robo in diesen Angeboten gar nicht drin ist. Es ist eigentlich eher das Abarbeiten eines Fragenkatalogs, bei dem am Schluss eine Anlageempfehlung steht", sagt Dirk Eilinghoff, Leiter Bankprodukte bei dem Online-Verbrauchermagazin.
Dennoch ist die etablierte Bankbranche aufgerüttelt. Auch die Deutsche Bank hat seit kurzem einen Roboadvisor. Und ihr Co-Vorstand Jürgen Fitschen zollte der jungen Branche als Präsident des Bankenverbandes schon Respekt, bot Mitgliedschaft im Verband an in der Absicht, "dass wir hier für uns eine Möglichkeit sehen, als Partner von den Fintechunternehmen unserem Geschäft langfristig einen Nutzen zukommen zu lassen".
Eine Umarmung also, um nicht bedrängt zu werden.