Banken fordern Registrierung von Hedgefonds

Moderation: Marie Sagenschneider |
Der Bundesverband Deutscher Banken plädiert für eine Registrierung von Hedgefonds. Es könne nicht sein, dass jede noch so kleine Bank beaufsichtigt werde, während diese Fonds nicht einmal für die notwendige Transparenz sorgen würden, sagte Manfred Weber, Hauptgeschäftsführer des Verbands.
Marie Sagenschneider: Das Synonym für Hedgefonds sind längst die gefräßigen Heuschrecken. Ein Bild, das Bundesarbeitsminister Müntefering erfolgreich etabliert hat. Hedgefonds, das ist eine geschätzte 1,4-Billionen-Dollar-Industrie, die durchaus das Potenzial hat, die Märkte gehörig in Turbulenzen zu stürzen, die mit verwegenen Strategien auf den Weltfinanzmärkten jongliert, und das praktisch im Verborgenen, kaum reguliert und beaufsichtigt. Ein bisschen mehr Transparenz dürfte es schon geben, meint Bundesfinanzminister Peer Steinbrück und hat das Thema nun auf die Agenda gehievt beim heutigen Treffen mit seinen Amtskollegen der G7-Staaten und den Notenbankchefs. Und es gilt schon als Erfolg, dass überhaupt über mehr Transparenz bei Hedgefonds gesprochen wird. Manfred Weber ist Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Banken, das ist die Interessenvertretung der privaten Banken, und er ist nun am Telefon von Deutschlandradio Kultur. Guten Morgen Herr Weber!

Manfred Weber: Guten Morgen!

Sagenschneider: Wie gefährlich sind denn jetzt diese Hedgefonds tatsächlich oder können es zumindest sein?

Weber: Wie gefährlich sie tatsächlich sind, kann niemand sagen, weil es eben noch an der notwendigen Transparenz mangelt. Wir sollten sie aber nicht in einem zu schlechten Licht erscheinen lassen. Hedgefonds stellen heute eine wichtige Anlagekategorie dar. Sie tragen zum besseren Funktionieren der Kapitalmärkte bei. Das sollte nicht untergehen.

Sagenschneider: Aber es gab ja durchaus Fälle, die gezeigt haben, wenn die Großspekulationen, die da betrieben werden, in die Binsen gehen, dann kann es eng werden und dann könnte das ja möglicherweise auch Kettenreaktionen auslösen.

Weber: Genau das ist das Problem. Hedgefonds sind nach ihrer Grundidee ja darauf angelegt, dass unabhängig vom Auf und Ab an den Kapitalmärkten möglichst kontinuierlich eine recht hohe Rendite erwirtschaftet wird. So etwas geht nicht, wenn man nicht entsprechende Risiken eingeht. Chance und Risiko stehen immer in einem Verhältnis zu einander. Nun könnten wir, lassen Sie es mich salopp formulieren, sagen, es muss uns nicht interessieren, wenn ein reicher Anleger etwas von seinem Geld verliert, weil er Risiken eingegangen ist. Wenn es aber Kettenreaktionen gibt, wenn andere Marktteilnehmer, andere Fonds, sonstige Finanzdienstleister, auch Banken in Mitleidenschaft gezogen werden, dann haben wir ein Problem an den Finanzmärkten generell. Wir sprechen dann unter den Fachleuten von einem systemischen Risiko, und so etwas sollte möglichst nicht auftreten, und dafür braucht man zunächst einmal Transparenz, um auch die Risikosituation besser einschätzen zu können.

Sagenschneider: Und ob ein Reicher wie die Hedgefonds jetzt Geld verliert, das muss die Banken natürlich durchaus interessieren, denn wenn man ihnen Geld leiht, dann ist das Geld am Ende futsch.

Weber: So ist es. Jeder einzelne Bank, die mit einem Fonds in Geschäftsbeziehungen steht, ist natürlich daran interessiert, diese Geschäftsbeziehungen erfolgreich fortzusetzen, und man ist nicht daran interessiert, dass ein Kunde, auch nicht ein Hedgefonds in den Konkurs geht. Selbstverständlich nicht. Aber für den Markt insgesamt – und das war die ursprüngliche Frage – stellt dies kein Thema dar. Wenn nur das ein Punkt wäre, dann reden wir vielleicht über Anlegerschutz, auch nicht unwichtig, wenn wir sehen, dass inzwischen insbesondere in den USA mehr und mehr Pensionsfonds einen Teil ihrer Gelder auch in Hedgefonds anlegen.

Sagenschneider: Woher kommt es eigentlich, Herr Weber, dass diese Hedgefonds kaum kontrolliert werden, denn diese üblichen Investment- oder sonstigen Fonds, die unterliegen ja alle einer strikten staatlichen Aufsicht?

Weber: So ist es. Sie haben sich über die Zeit hinweg entwickelt, ohne dass es hier Auflagen gab. Es ist ein sehr erfolgreicher Markt gewesen. Es war zunächst auch ein sehr enger Markt, wie ich schon sagte, für einige Kapitalanleger, die über eine Menge Geld verfügt haben, so dass sich nicht sofort die Notwendigkeit der Regulierung ergeben haben. Inzwischen stellt sich aber die Situation anders dar. Schätzungen zufolge haben wir vielleicht 7000, 9000 Hedgefonds. Sie verwalten nach diesen Schätzungen inzwischen weltweit ein Vermögen von rund 1,3, 1,4 Billionen US-Dollar. Von daher können diese Effekte an den Märkten nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, und deshalb ist das Thema Transparenz jetzt ein so wichtiges Thema. Wir begrüßen ausdrücklich, dass es der deutschen Bundesregierung gelungen ist, es auf die Tagesordnung des G7-Treffens in Essen jetzt zu setzen.

Sagenschneider: Wie kann man denn mehr Transparenz erreichen?

Weber: Da kann man sich verschiedene Dinge vorstellen. Das setzt zunächst einmal voraus, dass wir zum Beispiel auf dem Wege der Selbstregulierung weiterkommen. Heute haben wir noch eine Situation, wo Hedgefonds zum Teil überhaupt nicht registriert sind, und es leuchtet ja unmittelbar ein, es kann ja wohl nicht sein, dass jede kleinste Bank beaufsichtigt wird, strengen Regularien unterliegt, und dass Fonds, die inzwischen diese Rolle an den Finanzmärkten spielen, noch nicht einmal für die notwendige Transparenz sorgen. Ich halte den Vorschlag der Bundesbank, dass die Fonds sich freiwillig raten lassen, zum Beispiel für einen gangbaren Weg, damit deutlich wird, welche Risiken hier tatsächlich liegen, damit aber auch deutlich wird, wie ist denn die Qualität des Managements eines Hedgefonds, wie sind seine Risikomanagementfähigkeiten und Ähnliches mehr?

Sagenschneider: Nun hat man ja nicht so günstige Erfahrungen gemacht mit diesen Selbstverpflichtungen. Glauben Sie wirklich, dass die Hedgefonds sagen, prima, da machen wir dann mit, wenn es den Vorschlag gibt?

Weber: Wir sollten nicht gleich über staatliche Regulierung reden, wenn wir noch nicht mal über die notwendige Transparenz verfügen, welche Situation wir hier vorfinden. Es gibt die ersten Hedgefonds, die sich geratet haben. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass sich das dann an den Märkten immer mehr und mehr durchsetzt. Ich kann mir auch vorstellen, dass man eine Art Selbstverpflichtung hier eingeht, einen Code of Conduct schließt, so dass die beste Managementpraxis sich dann auch am Markt durchsetzen kann. Wir müssen auch sehen, Hedgefonds suchen inzwischen ihr Geld auch auf anderem Wege. Die ersten Hendgefonds haben Anleihen begeben. Die ersten Hedgefonds sind bereits an Börsen notiert, zum Beispiel in Amsterdam, zum Beispiel in London. Auch das führt dazu, dass sie von sich selbst offener werden müssen, als das in der Vergangenheit der Fall war.

Sagenschneider: Alle reden ja eher von Transparenz als von Regulierung, auch deswegen, weil die Fonds, wenn man ihnen jetzt wirklich richtig hart käme, sich ansonsten einfach andere Standorte suchen würden, und jeder, natürlich alle Staaten auch das Kapital der Hedgefonds natürlich gerne nutzen.

Weber: Dieser Punkt unterstreicht, dass es keinen Sinn macht, hier national vorzugehen. Dann wäre in der Tat das Geschäft der Hedgefonds an einem anderen Ort, wo auch immer. Schon heute ist es so, dass das Gros der Hedgefonds, drei von vier, schätzt man, in irgendwelchen Staaten residieren, die nicht gerade einer strikten Beaufsichtigung unterliegen. Aber ihr Geschäft wird von New York, ihr Geschäft wird von London aus gemacht, schwergewichtig. Also hier haben wir Einsatzpunkte, aber nicht im nationalen Alleingang, auch nicht als Europäische Union. Hier gibt es nur den schwierigen Weg, dass wir uns international verständigen müssen, und in der Sorge, dass man den Markt beschädigen könnte, waren bisher Länder wie England und die USA ja eigentlich nicht bereit, über dieses Thema zu sprechen. Deshalb, glaube ich schon, hat Bundeskanzlerin Merkel hier einen Erfolg zu verzeichnen insofern, als sie es auf die Tagesordnung gesetzt hat. Dabei darf es nicht bleiben, aber es wäre überzogen gewesen, jetzt hier ganz schnelle, wegweisende Beschlüsse zu erwarten. Das wird nicht in Essen geschehen. Das wird auch noch nicht beim G8-Treffen in Heiligendamm geschehen. Aber lassen Sie mich sagen: Ein Jahr von heute, dann sollten wir doch ein Stück weiter sein.

Sagenschneider: Manfred Weber, der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Banken, im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur. Ich danke Ihnen.
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