Barbara Hoffmann: „Alles, was gesagt werden muss“
© Hoffmann & Campe
Lasst Gefühle sprechen
06:10 Minuten
Barbara Hoffmann
Alles, was gesagt werden mussJungbrunnen, Zürich 202240 Seiten
17,00 Euro
Drei kleine Geschichten voller Humor, Witz und Absurditäten: Für ihr Bilderbuch-Debüt über Freundschaft, Verschiedenheit und Verzeihen erhielt die in Wien lebende Grafikdesignerin Barbara Hoffmann 2021 den österreichischen Romulus Candea Preis.
Was alles „gesagt werden muss“ ist bekanntermaßen relativ und hängt von der Perspektive des Sprechenden beziehungsweise Zuhörerenden ab. Oft wird zu viel geredet, manchmal zu wenig, häufig wird das Falsche gesagt und ab und zu auch das Richtige. Vor allem, wenn es um ganz Persönliches geht, um Gefühle.
Genau zu diesem Thema erzählt Barbara Hoffmann drei Kurzgeschichten, die auf den ersten Blick nur eines gemeinsam haben, den letzten Satz: „Und das war alles, was gesagt werden musste.“
Löwe, Kreis oder Frosch suchen die Liebe
In der ersten Geschichte wünscht sich ein Kind, eine Geschichte erzählt zu bekommen von einem Löwen und einer Schildkröte. Diese Geschichte wird im Gespräch als Geschichte in der Geschichte entwickelt: Der Löwe hat vergessen, der Schildkröte Kakao zu machen, darum entschuldigt er sich bei ihr. Und sie sagt: „Ich liebe warmen Kakao, aber noch mehr liebe ich dich.“
Die zweite Geschichte startet skurriler, fast absurd: Ein Kreis entdeckt, dass er kein Ende hat, und sein Freund Herr Wurst bietet ihm eines seiner beiden Enden an. Eine Idee, die aber schnell verworfen wird, weil sie jedem seine Individualität nehmen würde.
In der dritten Geschichte geht es um zwei Frösche, Lennard und Flaubert, der eine springt weit, der andere kurz. Macht nichts. Sie werden Freunde, bei aller Unterschiedlichkeit.
Freundschaft hat viel mit Verzeihen zu tun
Ganz einfach sind diese kleinen Geschichten, aber deswegen nicht simpel! Was sie verbindet, sind die Themen Freundschaft, Verschiedenheit und Verzeihen. „Es tut mir leid“ sagt sowohl der singende Löwe wie auch der springende Lennard, „ich liebe dich“ und „ich mag dich“ bekennen die Schildkröte und Herr Wurst.
Barbara Hoffmann bietet keine dramatischen Szenen oder pathetischen Versprechen, sondern ein paar kurze, liebevolle, klare Sätze. Sie zeigt Kindern so, dass es nur wenige Worte braucht, um viel auszudrücken. Dass wenige Worte, wenn es die richtigen sind, sogar mehr ausdrücken können als viele. Sie sagt, wie Schildkröte oder Frosch, nur das, „was gesagt werden muss“.
Was die Bilder zusätzlich zeigen: Dass Berührungen und Umarmungen genauso viel ausdrücken können wie Worte. Dass Mimik und Gestik, Augen und Mund ohne Worte von Erstaunen oder Glück erzählen können.
Drei Geschichten, drei Gestaltungen
Dazu kommt, dass die drei kleinen Geschichten in Stil, Technik und Farbigkeit vollkommen unterschiedlich gestaltet sind: zart grau-blau lasiert die Geschichte vom Löwen, dagegen in klaren Konturen und Kontrasten die von Kreis und Wurst. Die Frosch-Geschichte schließlich leuchtet in kräftigen, grün-blauen Bildern mit Anspielungen auf die Scherenschnitte von Matisse.
Wobei alle Bilder die eher ernste Grundstimmung der Texte auf eine heitere Ebene heben, frisch und fröhlich setzen sie zusätzliche Akzente. Der schlafende Hummer im Waschbecken, der wie eine Ballerina durch die Luft tanzende Frosch, Wurst und Kreis einander umarmend – diese Pointen lassen gar nicht erst den Gedanken aufkommen, Barbara Hoffmann wolle den Zeigefinger erheben.
Das haben Text und Bilder gar nicht nötig. Sie sprechen auch und gerade da, wo sie ganz still sind.