Architektin Barbara Schock-Werner

Hochgefühle auf dem Kölner Dom

34:50 Minuten
Porträt von Barbara Schock-Werner
Architektin Barbara Schock-Werner hat das von Gerhard Richter gestaltete Fenster im Kölner Dom durchgesetzt. © Bettina Flitner
Moderation: Marco Schreyl |
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Als erste Frau in 750 Jahren wurde Barbara Schock-Werner 1999 Kölner Dombaumeisterin. 13 Jahre lang heilte sie bauliche Narben des Doms und hielt ihn in Schuss. Heute hilft sie beim Wiederaufbau der brandgeschädigten Kathedrale Notre-Dame in Paris.
Einmal kletterte sie bis ganz oben in eine Turmspitze des Kölner Doms - und erlebte ein Hochgefühl: „So stelle ich mir die Wirkung eines guten Trips vor“, sagt die Architektin und Kunsthistorikerin Prof. Barbara Schock-Werner, die 13 Jahre lang – von 1999 bis 2012 – Dombaumeisterin in Köln war.
Ihre Aufgabe war es, den Kölner Dom für künftige Generationen zu erhalten – und damit stand sie in einer Tradition von Baumeistern, die seit dem Mittelalter an der Kölner Kathedrale bauen und rekonstruieren. In dieser 750-jährigen Geschichte ist Barbara Schock-Werner die einzige Frau.

Die Narben des Doms versorgen

Dem Zahn der Zeit am alten Gemäuer entgegenarbeiten, Narben, die der Zweite Weltkrieg am Dom hinterlassen hat, versorgen – aber auch ganz einfach das Gotteshaus sauber halten, daran werkeln rund 100 Mitarbeiter an der Kölner Dombauhütte, der die aus dem Schwabenland stammende Schock-Werner vorstand.
Die sichtbarste Spur, die ihr Wirken am Kölner Dom hinterließ, ist wohl das Fenster, das der weltberühmte Künstler Gerhard Richter für das südliche Querhaus der Kirche entworfen hat. Barbara Schock-Werner hatte den Meister auf einem Geburtstagsempfang angesprochen, ob er Lust auf das Projekt hätte. Heraus kamen fast 100 Quadratmeter abstrakter Farbkompositionen, die bei den allermeisten Betrachtern Begeisterung auslösen, so Schock-Werner durchaus stolz.

„Dann war der Kardinal beleidigt“

Gar nicht begeistert war bei der Einweihung des neuen Fensters 2007 der damalige Kölner Erzbischof, Joachim Kardinal Meisner. Er fand, das abstrakte Kunstwerk passe besser in eine Moschee. Barbara Schock-Werner setzte das Projekt trotzdem durch. „Dann war der Kardinal beleidigt“, resümiert die Katholikin trocken.
Längst im Ruhestand sah Barbara Schock-Werner im April 2019 die Bilder der brennenden Kathedrale Notre-Dame in Paris. Die Reaktion der Kunsthistorikerin: „absolutes Entsetzen“. Schon zwei Tage nach dem Brand wurde sie die Koordinatorin der deutschen Hilfe für die Rekonstruktion der schwerbeschädigten Kathedrale.

Hilfe für Notre-Dame

Und mit in Deutschland gesammelten Spendengeldern werden demnächst beschädigte Fenster aus Notre-Dame in der Kölner Dombauhütte restauriert, Schock-Werners alter Wirkungsstätte.
Barbara Schock-Werner ist Anhängerin einer möglichst originalgetreuen Denkmalpflege. Freiheiten, die sich einige ihrer Vorgänger in den 50er bis 70er Jahren erlaubten, als an den Fassaden des Kölner Doms Statuetten von Funkenmariechen oder Geißböcken des 1. FC Köln auftauchten, findet sie zu sehr dem Zeitgeist verhaftet, denn: „Man überliefert nicht den Stein, sondern die Idee, die dafür steht“.
Allerdings ist auch die ehemalige Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner am Kölner Dom verewigt: Ihr in Stein gemeißeltes Porträt prangt in luftiger Höhe an der Fassade des südlichen Querhauses. Aber nur ganz „klein und unauffällig“, darauf legt sie Wert.
(pag)
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