Barbie-Sammlerin Bettina Dorfmann
Jede Puppe wird liebevoll restauriert und im Originalzustand belassen: Barbie-Sammlerin Bettina Dorfmann. © picture alliance / dpa / Sina Schuldt
Ein Stück Zeitgeschichte bewahren
05:42 Minuten
Jede Puppe verbinde sie mit persönlichen Erinnerungen, sagt Barbie-Sammlerin Bettina Dorfmann. Aber sie sind auch historische Zeugnisse, erzählen etwas über Mode oder die Rolle der Frau. 18.500 hat Dorfmannn - und steht damit im Guinnessbuch der Rekorde.
„Hier, diese Puppe habe ich einmal gekauft. Die ist meine Lieblingspuppe“, sagt eine Frau und holt eine Barbie hervor. Spielzeug-Expertin Bettina Dorfmann schaut sich die rothaarige Puppe genau an. „Die kann man so datieren auf die 60er-Jahre, mit Echthaar“, sagt sie dann, dreht und wendet sie immer wieder und achtet auf alle Merkmale. Ihre Leidenschaft für das Spielzeug und die Liebe zu den Details sind dabei deutlich herauszuhören. „Einen schönen Schulranzen hat sie auch, mit dem Pelz und alles Leder. Ganz toll gemacht.“
Im Spielzeugmuseum Ratingen schätzt Bettina Dorfmann als Sachverständige regelmäßig den Wert alter Puppen und Kuscheltiere und bietet auch Führungen an. Privat, zu Hause, in Düsseldorf, ist sie ebenfalls von Puppen, Barbies und Kuscheltieren umgeben. Im ersten Stock ihres Hauses hat sie ein eigenes, knapp 25 Quadratmeter großes Zimmer nur für ihr Spielzeug.
Jede Puppe eine Erinnerung
„Wenn ich hier in meinen Raum komme, dann brauche ich auch keinen Fernseher und so weiter“, sagt sie. Stattdessen gucke sie sich einfach ihre Sachen an. „Ich habe Erinnerungen zu den einzelnen Puppen, an früher, an meine Freunde, an meine Eltern, an Weihnachten, an Geburtstag.“
Alte Teddybären, Puppenwagen und Koffer, wohin man sieht. Stundenlang könne sie sich alles anschauen. „Es macht immer wieder Spaß, obwohl ich die Sachen ja schon so lange kenne.“ An allen Wänden und auch in den Raum hineinragend stehen Glasvitrinen, gefüllt mit etwa 3000 Barbies aus sechs Jahrzehnten. Die restlichen über 15.000 Barbies, die Bettina Dorfmann besitzt, befinden sich in Schachteln, Koffern oder auf Ausstellungen. Insgesamt hat sie um die 18.500 Barbies und steht deswegen schon mehrfach im Guinnessbuch der Rekorde.
Wenn sich die schlanke 60-Jährige mit den langen, hellblonden Haaren ihre Barbies anschaut, kommt sie immer wieder ins Schwärmen.
Mit Liebe zum Detail
Dorfmann öffnet eine Vitrine. „Das sind meine Lieblingsbarbies, das ist die Flower-Power-Zeit, die zweite Hälfte der 60er-Jahre“, zeigt sie auf die Puppen in ihren unterschiedlichen Kleidern. „Hier ist alles gefüttert, kleine Knöpfe, und wenn man diesen Stoff sieht, wie das gewebt ist, mit diesem Goldstreifen oder mit ein bisschen Metallic-Look.“ Heute sei das anders. „Die Knöpfe sind nur noch aufgeklebt. Das war früher alles recht aufwendig verarbeitet, Kleiderbügel waren immer dabei, überall ist ein Barbie-Etikett eingenäht. Es war auch immer ein kleiner Barbie-Katalog dabei.“
Ganz liebevoll hat Bettina Dorfmann ihre Vitrinen eingerichtet: Neben den Puppen stehen passende, kleine Accessoires wie Täschchen und Schirmchen oder ein kleines Möbelstück. Manchmal auch kleine Werbefiguren aus den 70er- und 80er-Jahren oder winzige Besonderheiten, an denen sie sich erfreuen kann. Dorfmann zeigt auf eine winzige Puderdose. „Alles funktionsfähig, mit Puderquaste und Spiegel.“
Barbie köpfen und in den Kochtopf
Bettina Dorfmann hat als Kind mit Barbies gespielt, bis sie aus dem Spielalter raus war. Ihre Eltern haben die Puppen dann weggepackt und aufbewahrt. Vor etwa 30 Jahren entdeckte die Düsseldorferin sie wieder und seitdem beschäftigt sich die gelernte Groß- und Außenhandelskauffrau privat und beruflich mit der berühmten Puppe. Zu ihrer Arbeit gehört auch ihre Barbie-Klinik, die sie in ihrer Küche betreibt. Hier kümmert sie sich wie eine echte Puppenmama um die Wehwehchen der Barbies und repariert sie.
Heute ist Kundin Heike mit einem kleinen Notfall bei ihr. Ihrer „Fashionqueen“ fehlt ein Finger. „Da müssen wir mal gucken, ob wir einen passenden Arm haben“, sagt Dorfmann, holt ihre Kiste hervor, sucht nach dem Körperteil in passender Farbe. „Den brauche ich nur austauschen. Aber jetzt müssen wir erst einmal den Körper erhitzen, damit der nicht platzt.“ – „Immer diese armen Puppen kochen“, sagt Heike und schaut weg, weil Bettina Dorfmann der Barbie nun den Kopf abnimmt. „Es tut einem immer weh, wenn sie die Puppen köpft.“ Barbie und Arm werden kurz in einem Kochtopf aufgeweicht und dann zusammengefügt.
Puppen als Zeugnisse der Zeitgeschichte
„Mal gucken, was ich ihr für ein Kleid anziehe und welche Perücke sie bekommt“, sagt Heike. „Das weiß ich noch nicht. Wahrscheinlich eine dunkle.“ Während Kundin Heike ihre Barbies gerne mal mit Kleidung und Haaren verändert, mag Bettina Dorfmann ihre Puppen im Originalzustand. Für sie ist Spielzeug nicht nur etwas für Kinder, sondern auch für Erwachsene – mit einer anderen Bedeutung: als „tolle Kindheitserinnerung“, und sie kann anhand der Puppen „Zeitgeschichte nachstellen“. Dieses Stück Zeitgeschichte zu bewahren, darin sieht sie ihre Aufgabe.
Zwar gebe es auch viele Sammler, die mit ihren Puppen spielen, sie neu einkleiden. „Aber ich möchte das eigentlich alles so, wie das war“, sagt Dorfmann. „Ich bin dieser authentische Sammler. Deswegen mache ich viele Ausstellungen im Museum. Bei mir muss das wirklich sein wie bei einem Gemälde: Das wird nicht übermalt, das wird restauriert.“