Barocke Sinneslust und heutiger Lebensfrust
In dem Musiktheater am Markgrafentheater Erlangen über Wilhelmine von Preußens Leben verzahnen sich historisch belegte mit fiktionalen Szenen und Szenerien. Mit ihrem konsequent überdrehten, aber nie trivalen Bildertheater gelingt es der jungen Regisseurin Lilli-Hannah Hoepner, zwei Stunden lang zu unterhalten und zu berühren.
Das adlige Mädchen aus Preußen hatte es nicht leicht. Der unbeherrschte Vater mit Hang zum Overdrill (Soldatenkönig Friedrich I.) sorgt für eine Kindheit ohne Flausen. Als junge Frau wird die Prinzessin straks mit Friedrich von Brandenburg-Bayreuth verheiratet, nun sitzt Wilhelmine in der fränkischen Provinz und sucht nach Aufgaben und Lebenssinn. Den letzteren findet sie rasch in der Kunst, sie komponiert, dichtet und macht Bayreuth zum Musenhof.
Mit Voltaire führt sie einen Briefwechsel, ein philosophischer Salon wird eingerichtet, opulente Bauwerke und prunkvolle Parkanlagen entstehen in ihrem Auftrag und unter ihrer wachsamen Aufsicht. Ob Richard Wagner sein Festspielhaus in einer Stadt ohne Wilhelmines kunstvoll-kunstsinnige Hinterlassenschaft angesiedelt hätte, darf man durchaus bezweifeln.
Aber was sagt uns die Markgräfin heute? Zumindest hat sie viel über sich und ihre Zeit in einer Autobiografie verewigt, mit zum Teil harschen, schonungslosen Formulierungen.
Am Markgrafentheater Erlangen machten jetzt Michael Emanuel Bauer (Komposition und musikalische Leitung) und Constantin von Castenstein (Text) aus Wilhelmines Leben, Werk und Wirkung ein mehrdimensionales Musiktheater. "Der Wilhelmine-Code" führt zunächst in ein tristes Prekariat von heute. Eine flatterhafte Mutter, ein brutaler Vater und die Geschwister Billie und Rico leben auf engstem Raum zusammen. Billie flüchtet sich in andere Welten, auf dem MP3-Player folgt sie einem Harmonielehre-Kurs.
Szenenwechsel: In einem aufgesprengten, geradezu skelettierten Theater huschen grellbunte Figuren umher, man erkennt die Markgräfin mit – skelettiertem – Reifrock, ihr Gatte scheint nur aus Puderquaste zu bestehen. Bald treten Voltaire (mit violett gefärbtem Haar), Kaiserin Maria Theresia (auf einem mit rotem Teppich bestückten Rollator), ein Minister sowie der ständig mit Pillen hantierende Arzt Dr. Superville auf. Den Docteur braucht es dringend, denn die Markgräfin laboriert zunehmend an Depressionen und der ein oder anderen Wahnvorstellung.
Geschickt verzahnen sich historisch belegte mit fiktionalen Szenen und Szenerien, Finanzprobleme werden diskutiert, Gäste empfangen, Pläne geschmiedet.
Mit ihrem konsequent überdrehten, aber nie trivalen Bildertheater gelingt es der jungen Regisseurin Lilli-Hannah Hoepner vorzüglich, zwei Stunden lang zu unterhalten und zu berühren. Sie schafft es auch, einige der Plattitüden und Zoten des Textes (Voltaire: "Wenn ich laut denke, haben Engel Orgasmen") virtuos zu über-spielen. Brillant ist ein Stück im Stück, als nämlich sechs Akteure pantomimisch Wilhelmines Oper "Argenore" in einer Ultrakurzfassung zum Besten geben – nur eine Sängerin singt dazu sämtliche Rollen in unterschiedlichster Tonlage und Diktion.
Musikalisch ist der "Wilhelmine-Code" ein gekonnt gemachter Stilmix. Neben barocken Anklängen gibt es staccatohafte Wiederholungen einzelner Phrasen, die an eine Loopgrammatik à la Bernhard Lang erinnern. Neben Klavier, Akkordeon, Schlagzeug, Saxophon und Klarinette kommt ein Casio-Digital-Horn zum Einsatz, das sphärisch wie eine Glasharmonika klingt.
Drei durchwegs hervorragende Schauspieler (Georgia Stahl, Mario Gremlich, Nicholas Reinke) sowie das sängerische Multitalent Cornelia Melián interagieren immer wieder mit den Musikern, das Ergebnis ist ebenso kurzweilig wie im besten Sinne spartenübergreifend.
Mit Voltaire führt sie einen Briefwechsel, ein philosophischer Salon wird eingerichtet, opulente Bauwerke und prunkvolle Parkanlagen entstehen in ihrem Auftrag und unter ihrer wachsamen Aufsicht. Ob Richard Wagner sein Festspielhaus in einer Stadt ohne Wilhelmines kunstvoll-kunstsinnige Hinterlassenschaft angesiedelt hätte, darf man durchaus bezweifeln.
Aber was sagt uns die Markgräfin heute? Zumindest hat sie viel über sich und ihre Zeit in einer Autobiografie verewigt, mit zum Teil harschen, schonungslosen Formulierungen.
Am Markgrafentheater Erlangen machten jetzt Michael Emanuel Bauer (Komposition und musikalische Leitung) und Constantin von Castenstein (Text) aus Wilhelmines Leben, Werk und Wirkung ein mehrdimensionales Musiktheater. "Der Wilhelmine-Code" führt zunächst in ein tristes Prekariat von heute. Eine flatterhafte Mutter, ein brutaler Vater und die Geschwister Billie und Rico leben auf engstem Raum zusammen. Billie flüchtet sich in andere Welten, auf dem MP3-Player folgt sie einem Harmonielehre-Kurs.
Szenenwechsel: In einem aufgesprengten, geradezu skelettierten Theater huschen grellbunte Figuren umher, man erkennt die Markgräfin mit – skelettiertem – Reifrock, ihr Gatte scheint nur aus Puderquaste zu bestehen. Bald treten Voltaire (mit violett gefärbtem Haar), Kaiserin Maria Theresia (auf einem mit rotem Teppich bestückten Rollator), ein Minister sowie der ständig mit Pillen hantierende Arzt Dr. Superville auf. Den Docteur braucht es dringend, denn die Markgräfin laboriert zunehmend an Depressionen und der ein oder anderen Wahnvorstellung.
Geschickt verzahnen sich historisch belegte mit fiktionalen Szenen und Szenerien, Finanzprobleme werden diskutiert, Gäste empfangen, Pläne geschmiedet.
Mit ihrem konsequent überdrehten, aber nie trivalen Bildertheater gelingt es der jungen Regisseurin Lilli-Hannah Hoepner vorzüglich, zwei Stunden lang zu unterhalten und zu berühren. Sie schafft es auch, einige der Plattitüden und Zoten des Textes (Voltaire: "Wenn ich laut denke, haben Engel Orgasmen") virtuos zu über-spielen. Brillant ist ein Stück im Stück, als nämlich sechs Akteure pantomimisch Wilhelmines Oper "Argenore" in einer Ultrakurzfassung zum Besten geben – nur eine Sängerin singt dazu sämtliche Rollen in unterschiedlichster Tonlage und Diktion.
Musikalisch ist der "Wilhelmine-Code" ein gekonnt gemachter Stilmix. Neben barocken Anklängen gibt es staccatohafte Wiederholungen einzelner Phrasen, die an eine Loopgrammatik à la Bernhard Lang erinnern. Neben Klavier, Akkordeon, Schlagzeug, Saxophon und Klarinette kommt ein Casio-Digital-Horn zum Einsatz, das sphärisch wie eine Glasharmonika klingt.
Drei durchwegs hervorragende Schauspieler (Georgia Stahl, Mario Gremlich, Nicholas Reinke) sowie das sängerische Multitalent Cornelia Melián interagieren immer wieder mit den Musikern, das Ergebnis ist ebenso kurzweilig wie im besten Sinne spartenübergreifend.