Bartolo macht Bunga Bunga

Von Stefan Keim |
Das Theater Münster hatte Saisonpremiere: Zu sehen war Gioachino Rossinis Stück "Barbier von Sevilla" - ein Stück, das nicht viel mehr als bunt und lustig war.
Ärger in Münster: Bevor er seiner erste Premiere heraus bringen konnte, bekam der neue Intendant Ulrich Peters schon die Mitteilung, er müsse knapp zwei Millionen Euro sparen. Das würde bedeuten, das Schauspiel und den Tanz abzuschaffen. Peters will kämpfen, schließlich hat er Leute engagiert, die woanders ihre Jobs gekündigt haben, um beim Neustart dabei zu sein.

Außerdem hat er das Theater am Gärtnerplatz in München, wo er erfolgreich gearbeitet hat, verlassen, um wieder ein Mehrspartenhaus zu leiten. Die Kulturdezernentin glänzte bei der Einstandspremiere durch Abwesenheit und hat Peters auch nicht zu einem Treffen am 17. September eingeladen, bei dem die konkreten Kürzungsvorgaben mitgeteilt werden sollen. Der neue Intendant beklagt seltsame Umgangsformen in Münster.

Nun wird Theater gespielt: Schon vor der Ouvertüre verteilen knallbunt geschminkte Sänger Bonbons im Publikum. Sie quatschen mit den Zuschauern und verbreiten eine aufgekratzte Stimmung. Rossinis "Barbier von Sevilla" gehört zum eisernen Repertoire der Opernhäuser. Ein sicherer Zuschauermagnet, witzig, sprudelnd, allerdings kein Stück, das man am Start einer neuen Intendanz vermutet.

Da gibt es normalerweise ein künstlerisches Statement, eine Orientierung, wohin in den nächsten Jahren die Theaterreise gehen soll. Münsters neuer Chef hat anspruchsvolle Dinge vor, doch die erste Premiere unter seiner Leitung ist nicht viel mehr als bunt und lustig.

Regisseur Aron Stiehl, der nächstes Jahr bei den Bayreuther Festspielen inszenieren wird, versteht sein Handwerk. Er aktualisiert die komödiantische Handlung, ohne allzu bissig zu werden. Doktor Bartolo, der gern sein reiches Mündel Rosina heiraten möchte, ist ein Wiedergänger Silvio Berlusconis.

Außerdem ist dieser Bunga-Bunga-Bartolo Schönheitschirurg und damit ein Konkurrent des ebenfalls um die Äußerlichkeiten seiner Kunden bemühten Barbier Figaro. Da werden Damen die Brüste aufgebläht, in einer Fettwegmaschine störende Kilos entfernt. Sogar ein Zottelhund verwandelt sich in einen Kurzhaarwauwau. Echte Tiere auf der Bühne, Szenen mit großer Pointendichte, die effektvoll eingesetzte Drehbühne und ein frisch spielendes und temperamentvoll singendes Ensemble – der "Barbier" in Münster hat ohne Zweifel großen Unterhaltungswert.

Die rasanten Tonfolgen der Belcanto-Oper gehen den Sängern flott von den Lippen. Von den Neulingen können besonderes Lisa Wedekind als Rosina und Juan Fernando Gutièrrez als Figaro überzeugen, während der in Münster wohlbekannte Bariton Plamen Hidjov einen hinreißend durchgeknallten Bartolo gibt. Dirigent Fabrizio Ventura lässt das Sinfonieorchester unbeschwert fröhlich musizieren. Eine ordentliche Aufführung, die niemanden enttäuscht aber auch keine weite Reise lohnt.

Dieser "Barbier" ist vor allem für Münster gedacht. Das Theater muss sich unter neuer Leitung schnell etablieren und Freunde finden, um den radikalen Sparvorgaben der Stadtverwaltung begegnen zu können. Diesen Anspruch erfüllt die Aufführung, das Publikum jubelte lang und herzlich.