Bauch zu vermieten
Unfruchtbare Paare aus dem Westen bekommen ihr Kind, arme Frauen viel Geld: Im indischen Städtchen Anand boomt das Geschäft mit der Leihmutterschaft.
Das kleine Städtchen Anand ist in Indien eigentlich mal berühmt geworden für seine Milch. Hier befindet sich eine der größten Produktionsstätten für Milchprodukte in Indien überhaupt. Doch das nahrhafte Weiß-Getränk muss immer mehr fürchten, dass ihm in Anand der Rang abgelaufen wird: von Babys.
Ja, auch er habe davon gehört, dass hier in Anand Babys gemacht werden, erzählt dieser Gemüseverkäufer. Wie genau, kann er sich auch nicht erklären: Er weiß nur: Das alles passiert, ohne dass ein Paar sich körperlich nahe kommen muss.
Und der Mann hat auch erfreut festgestellt, dass zuletzt immer mehr Ausländer an seinem Stand vorbeikommen. Da Anand wahrlich kein Touristen-Magnet ist, dürfte es sich dabei ausschließlich um Paare handeln, die auf dem Weg in die mittlerweile einigermaßen berühmte Infertility Clinic, die Unfruchtbarkeits-Klinik sind.
In einem Wartezimmer des Krankenhauses sitzt Suman. Sie soll heute noch einmal genau untersucht werden. Kerngesund muss sie sein. Schließlich wird sie demnächst wieder ein Baby austragen. Genau wie vor zwei Jahren, als sie ein Mädchen zur Welt brachte. Das zwar in ihr heranwuchs, aber nicht ihr Kind war und es auch nicht wurde. Sie bekam Geld dafür, dass sie an Fremde ihren Bauch verlieh.
"Ich habe das getan, weil wir unbedingt Geld brauchten. Mein Mann ist Gemüseverkäufer. Umgerechnet verdient der am Tag keine zwei Euro. Davon müssen wir drei Kinder versorgen. Das reichte nicht zum Überleben, deshalb bin ich freiwillig hierher gekommen."
200.000 indische Rupien bekam Suman beim ersten Mal. Umgerechnet etwa 3500 Euro. Für das nächste Baby, das sie austrägt, werden es fast 6000 Euro sein. So viel Geld hätte die Familie sonst in 20 Jahren nicht verdient.
"Einen Teil des Geldes werde ich auf die Bank legen. Von dem Einkommen habe ich unser Zuhause etwas ausgebessert. Wir wollen wir jetzt einen zweiten und einen dritten Stock bauen."
Im ländlichen, manchmal mittelalterlich anmutenden Indien ist es für eine Frau nicht so einfach, Verwandten und Nachbarn zu erklären, warum sie eine Leihmutter wurde und was das überhaupt ist. Dass eine Frau offensichtlich schwanger wird, dann das Dorf verlässt, um zu gebären und ohne Kind zurückkehrt, ist verdächtig. Viele verheimlichen daher alles, lassen sich in ein Hospiz einweisen, wenn der Bauch sich zu auffällig rundet. Suman sagt: Ihr Mann stehe zu ihr, und für die Nachbarn hat sie sich eine selbtsbewusste Antwort zurecht gelegt:
"Die anderen Dorfbewohner lassen manchmal Bemerkungen fallen: Dass ich keinen guten Charakter habe oder so ähnlich. Dann antworte ich: Ich mache das alles unter genauer medizinischer Betreuung und offiziell. Aber was ihr tut, ist: Ihr habt Eure Sexaffären, obwohl Ihr verheiratet seid. Also ist doch das, was ich tue, besser."
Dr. Nayna Patel ist eine Frau, die - genau wie ihr Handy - niemals stillzustehen scheint. Dr. Patel ist vermutlich die Antwort auf die Frage, warum das Geschäft mit den Leihmüttern ausgerechnet hier im ostinidischen Anand so gut läuft. Sie ist die Leiterin der Unfruchtbarkeits-Klinik. Und wird mit Kinder-Wunsch-Anfragen, auch aus dem Ausland, so überschüttet, dass sie nur einen Bruchteil davon annehmen kann. Im Jahr 2009 sind hier mehr als 75 Babys auf diese Weise zur Welt gekommen, mehr als 50 Leihmütter beschäftigt Dr. Patel.
"Wie käme ich dazu, das Ausbeutung zu nennen? Wenn diese Frauen zu uns kommen, dann sind die gerade mal Bedienstete im Haushalt oder Farmarbeiterinnen. Es gibt einen Trend in Indien, dass im Grunde jeder Haushalt Angestellte beschäftigt, die harte körperliche Arbeit verrichten und dafür Peanuts bezahlt bekommen. Das würde ich Ausbeutung nennen, nicht die Leihmutterschaft."
Womit also haben wir es hier zu tun? Mit einem weiteren Fall der Kategorie: Reiche Westler beuten arme Frauen in der Dritten Welt aus? Gemäß dem Motto: Wo sich doch mittlerweile fast alles outsourcen lässt - warum nicht auch Schwangerschaft? Oder handelt es sich um ein Geschäft, bei dem alle nur gewinnen? Unfruchtbare Paare bekommen ihr Kind, arme Inderinnen viel Geld.
"Ich habe ja die Häuser mit eigenen Augen gesehen, die sich die Leihmütter auf einmal leisten konnten. Ich kann ihnen unzählige Fotos zeigen von Frauen, die einfache Arbeiterinnen waren und die jetzt auf einmal ein Stück Land besitzen. Wenn die hier zum ersten Mal auftauchen, kommen sie in Lumpen, wenn ich die heute sehe, wie selbstbewusst die geworden sind, dann macht mich das stolz."
Für sie habe es sich damals tatsächlich so angefühlt, als sei das ihr eigenes Baby gewesen, gibt Leihmutter Rita zu, die schon zwei Kinder für andere ausgetragen hat.
"Die Trennung war schon schmerzhaft. Ich habe mich dem Kind emotional sehr verbunden gefühlt. Sie tragen ja das Kind neun Monate im eigenen Körper."
Aber letztlich, fügt Rita noch an, habe sie immer genau gewusst: Sie habe es ja wegen des Geldes getan. Das Kind gehöre ihr nicht.
Ja, auch er habe davon gehört, dass hier in Anand Babys gemacht werden, erzählt dieser Gemüseverkäufer. Wie genau, kann er sich auch nicht erklären: Er weiß nur: Das alles passiert, ohne dass ein Paar sich körperlich nahe kommen muss.
Und der Mann hat auch erfreut festgestellt, dass zuletzt immer mehr Ausländer an seinem Stand vorbeikommen. Da Anand wahrlich kein Touristen-Magnet ist, dürfte es sich dabei ausschließlich um Paare handeln, die auf dem Weg in die mittlerweile einigermaßen berühmte Infertility Clinic, die Unfruchtbarkeits-Klinik sind.
In einem Wartezimmer des Krankenhauses sitzt Suman. Sie soll heute noch einmal genau untersucht werden. Kerngesund muss sie sein. Schließlich wird sie demnächst wieder ein Baby austragen. Genau wie vor zwei Jahren, als sie ein Mädchen zur Welt brachte. Das zwar in ihr heranwuchs, aber nicht ihr Kind war und es auch nicht wurde. Sie bekam Geld dafür, dass sie an Fremde ihren Bauch verlieh.
"Ich habe das getan, weil wir unbedingt Geld brauchten. Mein Mann ist Gemüseverkäufer. Umgerechnet verdient der am Tag keine zwei Euro. Davon müssen wir drei Kinder versorgen. Das reichte nicht zum Überleben, deshalb bin ich freiwillig hierher gekommen."
200.000 indische Rupien bekam Suman beim ersten Mal. Umgerechnet etwa 3500 Euro. Für das nächste Baby, das sie austrägt, werden es fast 6000 Euro sein. So viel Geld hätte die Familie sonst in 20 Jahren nicht verdient.
"Einen Teil des Geldes werde ich auf die Bank legen. Von dem Einkommen habe ich unser Zuhause etwas ausgebessert. Wir wollen wir jetzt einen zweiten und einen dritten Stock bauen."
Im ländlichen, manchmal mittelalterlich anmutenden Indien ist es für eine Frau nicht so einfach, Verwandten und Nachbarn zu erklären, warum sie eine Leihmutter wurde und was das überhaupt ist. Dass eine Frau offensichtlich schwanger wird, dann das Dorf verlässt, um zu gebären und ohne Kind zurückkehrt, ist verdächtig. Viele verheimlichen daher alles, lassen sich in ein Hospiz einweisen, wenn der Bauch sich zu auffällig rundet. Suman sagt: Ihr Mann stehe zu ihr, und für die Nachbarn hat sie sich eine selbtsbewusste Antwort zurecht gelegt:
"Die anderen Dorfbewohner lassen manchmal Bemerkungen fallen: Dass ich keinen guten Charakter habe oder so ähnlich. Dann antworte ich: Ich mache das alles unter genauer medizinischer Betreuung und offiziell. Aber was ihr tut, ist: Ihr habt Eure Sexaffären, obwohl Ihr verheiratet seid. Also ist doch das, was ich tue, besser."
Dr. Nayna Patel ist eine Frau, die - genau wie ihr Handy - niemals stillzustehen scheint. Dr. Patel ist vermutlich die Antwort auf die Frage, warum das Geschäft mit den Leihmüttern ausgerechnet hier im ostinidischen Anand so gut läuft. Sie ist die Leiterin der Unfruchtbarkeits-Klinik. Und wird mit Kinder-Wunsch-Anfragen, auch aus dem Ausland, so überschüttet, dass sie nur einen Bruchteil davon annehmen kann. Im Jahr 2009 sind hier mehr als 75 Babys auf diese Weise zur Welt gekommen, mehr als 50 Leihmütter beschäftigt Dr. Patel.
"Wie käme ich dazu, das Ausbeutung zu nennen? Wenn diese Frauen zu uns kommen, dann sind die gerade mal Bedienstete im Haushalt oder Farmarbeiterinnen. Es gibt einen Trend in Indien, dass im Grunde jeder Haushalt Angestellte beschäftigt, die harte körperliche Arbeit verrichten und dafür Peanuts bezahlt bekommen. Das würde ich Ausbeutung nennen, nicht die Leihmutterschaft."
Womit also haben wir es hier zu tun? Mit einem weiteren Fall der Kategorie: Reiche Westler beuten arme Frauen in der Dritten Welt aus? Gemäß dem Motto: Wo sich doch mittlerweile fast alles outsourcen lässt - warum nicht auch Schwangerschaft? Oder handelt es sich um ein Geschäft, bei dem alle nur gewinnen? Unfruchtbare Paare bekommen ihr Kind, arme Inderinnen viel Geld.
"Ich habe ja die Häuser mit eigenen Augen gesehen, die sich die Leihmütter auf einmal leisten konnten. Ich kann ihnen unzählige Fotos zeigen von Frauen, die einfache Arbeiterinnen waren und die jetzt auf einmal ein Stück Land besitzen. Wenn die hier zum ersten Mal auftauchen, kommen sie in Lumpen, wenn ich die heute sehe, wie selbstbewusst die geworden sind, dann macht mich das stolz."
Für sie habe es sich damals tatsächlich so angefühlt, als sei das ihr eigenes Baby gewesen, gibt Leihmutter Rita zu, die schon zwei Kinder für andere ausgetragen hat.
"Die Trennung war schon schmerzhaft. Ich habe mich dem Kind emotional sehr verbunden gefühlt. Sie tragen ja das Kind neun Monate im eigenen Körper."
Aber letztlich, fügt Rita noch an, habe sie immer genau gewusst: Sie habe es ja wegen des Geldes getan. Das Kind gehöre ihr nicht.