Im kommenden Jahr fließen die Aktivitäten aller Stationen des Projekts in Berlin zusammen - in der großen Ausstellung: "bauhaus imaginista".
Zurück zu den Wurzeln
100 Jahre Bauhaus. Zum anstehenden Jubiläum gehört ein internationales Ausstellungsprojekt, das die Wechselwirkungen des Bauhaus mit anderen Kulturen und gesellschaftlichen Bewegungen erkundet. Zur Zeit gastiert es in Sao Paulo.
Nach Marokko, China und Japan macht das Bauhaus-Imaginista-Projekt jetzt in Sao Paulo Halt. Die dortige Ausstellung trägt den Titel "Learning From". Unsere Kulturredakteurin Susanne Burkhardt ist auf Einladung der Ausstellungsmacher vor Ort. Sie erklärt im Deutschlandfunk Kultur, dass in Sao Paulo gezeigt werde, wie sehr sich das für Modernität stehende Bauhaus damals für prämoderne Techniken und sog. "primitive Kulturen" interessiert habe und wie daraus wichtige Impulse in die eigene Arbeit eingeflossen seien.
Klees Begeisterung für nordafrikanisches Ornament
Als ein Beispiel nennt Susanne Burkhardt eine kleine, ausgestellte Zeichnung von Paul Klee aus dem Jahre 1927: "Teppich". Zur Erinnerung: Klee leitete auch eine Webereiklasse am Bauhaus. "Hier sehen wir, wie seine Reisen nach Nordafrika, nach Tunesien z. B., ihn beeinflusst haben." Daraus könne man, so Burkhardt weiter, die Begeisterung erkennen, die Klee erfasst haben muss, als er mit nordafrikanischem Interieur und Ornament in Berührung gekommen sei. Doch habe er nicht einfach nur Stile und Techniken kopiert, sondern diese in eine neue Struktur übersetzt.
"Hier in Sao Paolo geht es aber auch darum, wie sich spätere Generationen - zum Beispiel in Nordafrika - mit dieser Aneignung von kulturellem Wissen und Techniken durch die Europäer auseinandersetzen", erklärt Burkhardt. Natürlich seien auch die koloniale Frage und Bewegungen, die sich vom Kolonialismus befreien wollten, Themen der Ausstellung.
Die Casablanca-Gruppe um den Künstler Farid Belkahia
Burkhardt nennt die Casablanca-Gruppe um den Künstler Farid Belkahia: Sechs Jahre nach Erlangung der Unabhängigkeit Marokkos von Frankreich habe diese Gruppe im Jahr 1962 die Schule der Feinen Künste in Casblanca gegründet. "Und das sind eben die Kinder von jenen Eltern, die von diesen Bauhaus-Künstlern studiert wurden, deren Handwerk die Bauhauskünstler inspiriert haben. Denen ging es um eine neue moderne Sprache und Wiederanerkennung der lokalen Handwerkskünste."
Die Schau versuche, die präkoloniale Kunst in einen neuen Kontext zu stellen. Denn die "Trennung in hohe und niedrige Künste" sei "ein Erbe, das es zu überwinden" gelte, sagt die Projektkuratorin Marion von Osten. Daher würden viele Bauhausschüler und –lehrer im Exil gezeigt, so Susanne Burkhardt weiter, und "wie sie in ihrer neuen Umgebung ihr Denken und Arbeiten hinterfragen, wie sehr sie beeinflusst sind von diesen, für sie neuen kulturellen Techniken".
Indigene "Zurückaneignung"
Dabei werde das Verlangen des europäischen Modernismus, auf andere traditionelle Kulturen zu schauen, sichtbar – "auf der Suche nach Inspiration, aber ohne diese traditionelle Kunst als wirkliche, eigenständige Kunst zu betrachten". Dieser Aspekt, also die Frage, inwieweit Bauhauskünstler diesen Blick auf das "Andere" kritisch beleuchtet haben, kommt nach Ansicht von Susanne Burkhardt aber zu kurz.
Der Soziologe Laymert Garcia dos Santos berichtete auf einem, die Ausstellung begleitenden Symposium von einer aktuellen Entwicklung, wonach sich indigene Künstler die ehemals von europäischen Künstlern angeeignete Kunst "zurückaneignen" wollen. "Dieses Zurückgehen zu den Wurzeln wirft natürlich Fragen auf, die, wie ich finde, noch sehr, sehr viel zu diskutieren sind", erklärt Susanne Burkhardt.