Baumeister mit Bits und Bytes
Am Computer können Archäologen heute die monumentale Bauweise antiker Mega-Metropolen visualisieren. Bei guter Faktenlage entstehen detaillierte 3-D-Welten. Gibt es für die Gestaltung jedoch wenig historische Anhaltspunkte, müssen die Wissenschaftler mit etwas Fantasie nachhelfen.
Sie war eine Stadt der Superlative: Uruk, im fruchtbaren Schwemmland der Flüsse Euphrat und Tigris im heutigen Südirak gelegen. In dieser ersten Mega-Metropole der Geschichte erfanden Menschen die Schrift und die Verwaltung, Arbeitsteilung, Wissenschaft und Literatur. Riesige Gebäue wuchsen in den Himmel: Paläste, Stadtmauern und imposante stufenförmige Tempel aus schwerem Ziegelstein. Heute erleben die monumentalen Bauwerke ihre digitale Wiederauferstehung. Ein Handwerk, auf das sich Sebastian Hageneuer und Sandra Grabowski von der Berliner Firma "Artefacts" verstehen.
Sebastian Hageneuer: "Was hier dargestellt wird, ist das Neujahrsfest. Da ziehen Priester durch dieses heilige Gebiet, bringen Opfer der heiligen Statue dar. Da sieht man auch, da sind Menschenreihen, die warten da drauf, dass der König da jetzt hoch zum Tempelturm läuft."
Sandra Grabowski: "Man kann das Bild auf das Vierfache vergrößern. Man kann da ranzoomen. Es gibt unheimlich viele Details. Man sieht dann auch diesen Ofen mit dem Rauch und da liegen tatsächlich auch Dinge drauf."
Sebastian Hageneuer: "Wir haben hier extra versucht, ein kühles Morgenlicht zu erzeugen, denn die Texte sagen: 'Dieses Fest, das wir hier darstellen wollen, das hat am frühen Morgen stattgefunden.'"
Sebastian Hageneuer: "Was hier dargestellt wird, ist das Neujahrsfest. Da ziehen Priester durch dieses heilige Gebiet, bringen Opfer der heiligen Statue dar. Da sieht man auch, da sind Menschenreihen, die warten da drauf, dass der König da jetzt hoch zum Tempelturm läuft."
Sandra Grabowski: "Man kann das Bild auf das Vierfache vergrößern. Man kann da ranzoomen. Es gibt unheimlich viele Details. Man sieht dann auch diesen Ofen mit dem Rauch und da liegen tatsächlich auch Dinge drauf."
Sebastian Hageneuer: "Wir haben hier extra versucht, ein kühles Morgenlicht zu erzeugen, denn die Texte sagen: 'Dieses Fest, das wir hier darstellen wollen, das hat am frühen Morgen stattgefunden.'"
Grundrisse ohne Höhenangabe
Die Computerbilder der beiden studierten Archäologen sehen aus wie großes Kino. Sie werden auf Ausstellungen präsentiert und von Altertumsforschern, die ihre Ausgrabungsergebnisse auf Fachtagungen darlegen möchten. Doch wer die Baukunst des alten Orients heute nachvollziehen will, steht vor einem Problem: Lehmziegel sind ein vergängliches Material. Oft halten Sandra Grabowski und Sebastian Hageneuer zu Beginn ihrer Arbeit nicht mehr als einen unvollständigen Grundriss in den Händen. Den scannen sie ein und errichten die digitalen Monumente wie Baumeister von unten nach oben. Auf das Fundament kommen die Mauern, auf die Mauern Holzbalken und Zwischendecken, das Dach muss gedeckt werden und ein Farbanstrich kommt auch hinzu.
Sebastian Hageneuer: "Wir müssen entscheiden, wie hoch werden die Treppen? Wie hoch werden die Räume? Wie hoch werden die Türen? Das sind alles Entscheidungen, die man aus dem Grundriss nicht ablesen kann. Man kann das nicht weglassen, sondern diese Entscheidungen müssen in dem Moment gefällt werden."
Sandra Grabowski: "Da haben wir auch die Kundin extrem strapaziert, weil wir einfach immer weiter gefragt haben: 'Und was war hier? Und was war in der Ecke? Und wie sahen die Stallungen aus? Und wie viele Tiere gab es? Und wie waren die Priester gekleidet?'"
Sebastian Hageneuer: "Wir müssen entscheiden, wie hoch werden die Treppen? Wie hoch werden die Räume? Wie hoch werden die Türen? Das sind alles Entscheidungen, die man aus dem Grundriss nicht ablesen kann. Man kann das nicht weglassen, sondern diese Entscheidungen müssen in dem Moment gefällt werden."
Sandra Grabowski: "Da haben wir auch die Kundin extrem strapaziert, weil wir einfach immer weiter gefragt haben: 'Und was war hier? Und was war in der Ecke? Und wie sahen die Stallungen aus? Und wie viele Tiere gab es? Und wie waren die Priester gekleidet?'"
Präzision im Detail
Genau darin liegt einer der großen Nutzen der 3-D-Visualisierungen in der Archäologie: Sie zwingen die Wissenschaftler dazu, konkret zu werden und Details zu diskutieren. Viele Kunden wissen die hohe Qualität der Computer-Rekonstruktionen zu schätzen. Zum Beispiel Nicola Crüsemann, als Kuratorin verantwortlich für die große Uruk-Ausstellung in Herne und Berlin. Wie können Besucher begreifen, zu welch eindrucksvoller Stadt die kleinen Keilschrifttafeln, Tonstifte und Schmuckstücke in den Vitrinen einst gehörten?
Nicola Crüsemann: "Das in Verbindung mit diesen Rekonstruktionen ist, denke ich mir, sehr anschaulich für die Besucher. Sie haben einfach einen Eindruck bekommen, was aus diesen kleinen Tonstiften für riesige Gebäude beispielsweise entstehen konnten oder wo so ein brüchiger Dolch im Palast dann entdeckt wurde."
Die Uruk-Ausstellung unterlegt die Computeranimationen mit Grabungsplänen. So können die Besucher einschätzen, wie die exakte wissenschaftliche Datenlage aussieht und wo die Fantasie der Computer-Rekonstruktion beginnt.
Nicola Crüsemann: "Wichtig ist immer deutlich zu machen: Es sind digitale Rekonstruktionen. Bei Babylon, da hatten wir am Anfang kein Schild, und es gab immer wieder gerade Kinder und Jugendliche, die dann auch dachten: "Sieht das jetzt alles noch so aus?" Da muss man, denke ich mir, sehr aufpassen."
Sebastian Hageneuer: "Wir haben einen hundertprozentig wissenschaftlichen Anspruch und was wir dann obendrauf setzen ist die Ästhetik. Dass das, was man sehen soll, auch wirklich gesehen werden kann."
Nicola Crüsemann: "Das in Verbindung mit diesen Rekonstruktionen ist, denke ich mir, sehr anschaulich für die Besucher. Sie haben einfach einen Eindruck bekommen, was aus diesen kleinen Tonstiften für riesige Gebäude beispielsweise entstehen konnten oder wo so ein brüchiger Dolch im Palast dann entdeckt wurde."
Die Uruk-Ausstellung unterlegt die Computeranimationen mit Grabungsplänen. So können die Besucher einschätzen, wie die exakte wissenschaftliche Datenlage aussieht und wo die Fantasie der Computer-Rekonstruktion beginnt.
Nicola Crüsemann: "Wichtig ist immer deutlich zu machen: Es sind digitale Rekonstruktionen. Bei Babylon, da hatten wir am Anfang kein Schild, und es gab immer wieder gerade Kinder und Jugendliche, die dann auch dachten: "Sieht das jetzt alles noch so aus?" Da muss man, denke ich mir, sehr aufpassen."
Sebastian Hageneuer: "Wir haben einen hundertprozentig wissenschaftlichen Anspruch und was wir dann obendrauf setzen ist die Ästhetik. Dass das, was man sehen soll, auch wirklich gesehen werden kann."
Simulation ermöglicht Forschen aus der Ferne
Uruk, mächtige, stolze Stadt, längst hat die Steppe den Ort überwuchert. Noch immer ruhen in der Erde des Vorderen Orients zahllose archäologische Schätze. Sie zu bergen wird jedoch immer schwieriger. Unruhen und Kriege erschüttern die Region. Auch hier leistet die 3-D-Computer-Rekonstruktion wertvolle Unterstützung. Mit ihren haargenau berechneten Bildern konnten Sandra Grabowski und Sebastian Hageneuer einem Forscher aus Paris kürzlich helfen, widersprüchliche Grabungsdaten in Ordnung zu bringen.
Sebastian Hageneuer: "Was man jetzt hier im Profil sieht, das ist diese schwarze Fläche, das ist eine Erosionsschicht. Und wir können jetzt im 3-D-Programm überprüfen: Wo ging diese Erosionsschicht genau lang und welche Mauern hat diese Erosionsschicht genau berührt?"
Sandra Grabowski: "Die Forscher aus Paris konnten mit dem 3-D-Modell ihre Pläne quasi anpassen. Obwohl sie nicht nach Syrien reisen konnten, konnten sie weiter forschen und das ist eigentlich eine ganz gute Sache."
Sebastian Hageneuer: "Was man jetzt hier im Profil sieht, das ist diese schwarze Fläche, das ist eine Erosionsschicht. Und wir können jetzt im 3-D-Programm überprüfen: Wo ging diese Erosionsschicht genau lang und welche Mauern hat diese Erosionsschicht genau berührt?"
Sandra Grabowski: "Die Forscher aus Paris konnten mit dem 3-D-Modell ihre Pläne quasi anpassen. Obwohl sie nicht nach Syrien reisen konnten, konnten sie weiter forschen und das ist eigentlich eine ganz gute Sache."