Baupläne für den Völkermord
In Berlin sind derzeit Originalpläne des KZ Auschwitz zu sehen. Sie zeigen, wie systematisch die Nazis den Völkermord an den Juden vorbereiteten. Denn die Pläne enthalten nicht nur Verwaltungsgebäude und Gefangenenbaracken, sondern auch Krematorien, Gaskammern, Leichenhallen.
Die Zeichner haben nichts ausgelassen. So wie auf Bauplänen üblich, ist auch hier die Vegetation eingezeichnet. Staatliche Bäume mit üppigen Baumkronen, groß gewachsen, fast friedlich stehen sie da. Sie überragen sogar die Gebäude der Massenvernichtung: Krematorien, Leichenhallen, Gaskammern, aber auch die Verwaltungsgebäude der Aufseher und Mordbürokraten.
Zusammengestellt hat die Ausstellung der Historiker und Redakteur der "Bild"-Zeitung, Ralf Georg Reuth.
"Das ist der normale Stempel, Bauleitung der Waffen-SS und der Polizei, Auschwitz, Oberschlesien, das ist quasi das Impressum dieses Planes - da sehen Sie - genehmigt, geprüft, gezeichnet, Maßstab eins zu zehntausend."
Die jetzt in Berlin gezeigten Pläne veranschaulichen unter anderem: Auschwitz war zunächst als Kriegsgefangenenlager vor allem für sowjetische Soldaten geplant - Zeichnungen aus dem März 41 lassen vermuten, dass die Planer des Lagers vom späteren Angriff auf die Sowjetunion wussten - was zu diesem Zeitpunkt noch Staatsgeheimnis war.
Reuth: "Hier interessant, haben Sie … Sehen Sie, hier Konzentrationslager: ein Appellplatz für 30 Tausend Häftlinge ... da sehen Sie mal die Dimension des Ganzen. Das Stammlager sollte riesenmäßig ausgebaut und auch zu einer Art Verwaltungszentrum der SS werden."
Aus dem ursprünglich geplanten Kriegsgefangenlager wurde das KZ Auschwitz - mit seinen verschiedenen Unterlagern der größte Mordkomplex des Zweiten Weltkriegs. Die Pläne zeigen Ausdehnungen einer Großstadt. Kilometerweit reicht das sogenannte "Interessengebiet der SS", wie es offiziell hieß. Ein detaillierter Plan bereits aus dem Februar 1941 - also fast ein Jahr vor der berüchtigten Wannsee-Konferenz - zeigt jene Planungen für das Lager, die schon damals die Grundlage für den späteren Vernichtungszweck legten.
Alles ist schon eingezeichnet, auch das riesige Barackenlager in Birkenau, dem Vorort von Auschwitz. Auch wenn nicht das Wort "Vernichtungslager" darüber steht. Überhaupt zeigen die Pläne, dass die SS-Baubüros bestimmte Begriffe lieber vermieden. "Konzentrationslager" wird nie ausgeschrieben, immer abgekürzt mit "K.L.". oder vorher noch "K.G.L." für "Kriegsgefangenlager"
"Hier haben sie eine L-Halle. Eine Leichenhalle für das KGL. Sie sehen die Größe der Halle, wie man mit den russischen Kriegsgefangenen umzugehen beabsichtigte, sehen, dass es hier im großen Stil also ... eine Leichenhalle von 60 Metern! Das muss man sich mal vorstellen!"
Vom regulären Bahnhof der Stadt Auschwitz wurden neue Gleise ins Lager Birkenau geplant, auf der Bauzeichnung steht "Projekt Gleisanschluss". So nannten es die SS-Leute. Ein anderer Plan zeigt eines der Krematorien, die auch so gebaut wurden, wie gezeichnet. Alles ist da: die Fundamente der Verbrennungsöfen, der Leichenkeller - ergänzt mit der Bemerkung "Länge nach anfallendem Bedarf". Je nach Zahl der Opfer konnte erweitert werden.
Auch die Zeichnungen für das berüchtigte Eingangstor des Vernichtungslagers - hier sind sie zu sehen.
"Sie sehen bei allen Plänen, wie das sehr früh - bevor die fabrikmäßige Vernichtung begann - wie das im ganz großen Stil geplant worden ist. Und das ist eigentlich das Erschütternde daran, wie akribisch und mit welcher Pedanterie man an diese Sache hier heranging."
Einer der weltweit führenden Auschwitz-Forscher, der kanadische Historiker Robert Jan van Pelt - der auch im Prozess gegen den Holocaust-Leugner David Irving ausgesagt hat - ist nach Deutschland gereist, um diese 28 Pläne in Augenschein zu nehmen.
"Ich bin von Kanada gekommen vor zwei Tagen. War es wert, diese Reise? Ja, natürlich."
Dennoch schränkt er ein. Die Pläne führen nicht dazu, die Geschichte von Auschwitz neu zu schreiben. Sie fügen aber Details hinzu. Etwa über die einzelnen Entwicklungsstufen des Lagers, über ursprüngliche Pläne, die noch größer waren, als sie später ausgeführt wurden, über verschiedene konkurrierende Entwürfe von Architekten, die in den teuflischen Wettbewerb traten, wer das effektivste Konzentrationslager bauen könne. Was diese Pläne aber seines Erachtens nicht beweisen, ist ein systematischer Massenmord von Juden schon vor der Wannsee-Konferenz 1942. Erst danach begann dieser Massenmord in Konzentrationslagern systematisch. Man wartete also die Anordnungen aus Berlin ab, war aber baulich vorbereitet.
"Es ist eine wichtige Entdeckung. Die Pläne sind nicht revolutionär, aber sie füllen Lücken in den Beweisen."
In jedem Fall hat das Bundesarchiv schon Interesse an den Plänen gezeigt, auch die Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem. Es sind immerhin die einzigen Dokumente über den Bau von Auschwitz, die in Deutschland existieren.
Bei der Eröffnung am Montagabend spielten wissenschaftliche Einschränkungen aber keine Rolle, vor allem nicht, als der Auschwitz-Überlebende und ehemalige polnische Außenminister Wladyslaw Bartoszewski sprach:
"Auschwitz wird ein Symbol des unbegreiflichen Bösen und der unbegreiflichen Unmenschlichkeit bleiben, für die Juden in der ganzen Welt, für das polnische Volk, das seine Leidensgeschichte in der Zeit des Zweiten Weltkrieges symbolisch mit Auschwitz verbunden fühlt, aber auch für alle denkenden und fühlenden Menschen."
Zusammengestellt hat die Ausstellung der Historiker und Redakteur der "Bild"-Zeitung, Ralf Georg Reuth.
"Das ist der normale Stempel, Bauleitung der Waffen-SS und der Polizei, Auschwitz, Oberschlesien, das ist quasi das Impressum dieses Planes - da sehen Sie - genehmigt, geprüft, gezeichnet, Maßstab eins zu zehntausend."
Die jetzt in Berlin gezeigten Pläne veranschaulichen unter anderem: Auschwitz war zunächst als Kriegsgefangenenlager vor allem für sowjetische Soldaten geplant - Zeichnungen aus dem März 41 lassen vermuten, dass die Planer des Lagers vom späteren Angriff auf die Sowjetunion wussten - was zu diesem Zeitpunkt noch Staatsgeheimnis war.
Reuth: "Hier interessant, haben Sie … Sehen Sie, hier Konzentrationslager: ein Appellplatz für 30 Tausend Häftlinge ... da sehen Sie mal die Dimension des Ganzen. Das Stammlager sollte riesenmäßig ausgebaut und auch zu einer Art Verwaltungszentrum der SS werden."
Aus dem ursprünglich geplanten Kriegsgefangenlager wurde das KZ Auschwitz - mit seinen verschiedenen Unterlagern der größte Mordkomplex des Zweiten Weltkriegs. Die Pläne zeigen Ausdehnungen einer Großstadt. Kilometerweit reicht das sogenannte "Interessengebiet der SS", wie es offiziell hieß. Ein detaillierter Plan bereits aus dem Februar 1941 - also fast ein Jahr vor der berüchtigten Wannsee-Konferenz - zeigt jene Planungen für das Lager, die schon damals die Grundlage für den späteren Vernichtungszweck legten.
Alles ist schon eingezeichnet, auch das riesige Barackenlager in Birkenau, dem Vorort von Auschwitz. Auch wenn nicht das Wort "Vernichtungslager" darüber steht. Überhaupt zeigen die Pläne, dass die SS-Baubüros bestimmte Begriffe lieber vermieden. "Konzentrationslager" wird nie ausgeschrieben, immer abgekürzt mit "K.L.". oder vorher noch "K.G.L." für "Kriegsgefangenlager"
"Hier haben sie eine L-Halle. Eine Leichenhalle für das KGL. Sie sehen die Größe der Halle, wie man mit den russischen Kriegsgefangenen umzugehen beabsichtigte, sehen, dass es hier im großen Stil also ... eine Leichenhalle von 60 Metern! Das muss man sich mal vorstellen!"
Vom regulären Bahnhof der Stadt Auschwitz wurden neue Gleise ins Lager Birkenau geplant, auf der Bauzeichnung steht "Projekt Gleisanschluss". So nannten es die SS-Leute. Ein anderer Plan zeigt eines der Krematorien, die auch so gebaut wurden, wie gezeichnet. Alles ist da: die Fundamente der Verbrennungsöfen, der Leichenkeller - ergänzt mit der Bemerkung "Länge nach anfallendem Bedarf". Je nach Zahl der Opfer konnte erweitert werden.
Auch die Zeichnungen für das berüchtigte Eingangstor des Vernichtungslagers - hier sind sie zu sehen.
"Sie sehen bei allen Plänen, wie das sehr früh - bevor die fabrikmäßige Vernichtung begann - wie das im ganz großen Stil geplant worden ist. Und das ist eigentlich das Erschütternde daran, wie akribisch und mit welcher Pedanterie man an diese Sache hier heranging."
Einer der weltweit führenden Auschwitz-Forscher, der kanadische Historiker Robert Jan van Pelt - der auch im Prozess gegen den Holocaust-Leugner David Irving ausgesagt hat - ist nach Deutschland gereist, um diese 28 Pläne in Augenschein zu nehmen.
"Ich bin von Kanada gekommen vor zwei Tagen. War es wert, diese Reise? Ja, natürlich."
Dennoch schränkt er ein. Die Pläne führen nicht dazu, die Geschichte von Auschwitz neu zu schreiben. Sie fügen aber Details hinzu. Etwa über die einzelnen Entwicklungsstufen des Lagers, über ursprüngliche Pläne, die noch größer waren, als sie später ausgeführt wurden, über verschiedene konkurrierende Entwürfe von Architekten, die in den teuflischen Wettbewerb traten, wer das effektivste Konzentrationslager bauen könne. Was diese Pläne aber seines Erachtens nicht beweisen, ist ein systematischer Massenmord von Juden schon vor der Wannsee-Konferenz 1942. Erst danach begann dieser Massenmord in Konzentrationslagern systematisch. Man wartete also die Anordnungen aus Berlin ab, war aber baulich vorbereitet.
"Es ist eine wichtige Entdeckung. Die Pläne sind nicht revolutionär, aber sie füllen Lücken in den Beweisen."
In jedem Fall hat das Bundesarchiv schon Interesse an den Plänen gezeigt, auch die Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem. Es sind immerhin die einzigen Dokumente über den Bau von Auschwitz, die in Deutschland existieren.
Bei der Eröffnung am Montagabend spielten wissenschaftliche Einschränkungen aber keine Rolle, vor allem nicht, als der Auschwitz-Überlebende und ehemalige polnische Außenminister Wladyslaw Bartoszewski sprach:
"Auschwitz wird ein Symbol des unbegreiflichen Bösen und der unbegreiflichen Unmenschlichkeit bleiben, für die Juden in der ganzen Welt, für das polnische Volk, das seine Leidensgeschichte in der Zeit des Zweiten Weltkrieges symbolisch mit Auschwitz verbunden fühlt, aber auch für alle denkenden und fühlenden Menschen."