Bayerische Landesbank

Wussten sie, was sie tun?

Werner Schmidt, der ehemalige Vorstandsvorsitzende der BayernLB, kommt am 30.05.2008 zur Vernehmung vor den Untersuchungsausschuss "BayernLB" im Bayerischen Landtag in München.
Werner Schmidt, der ehemalige Vorstandsvorsitzende der BayernLB © picture alliance / dpa / Günter Vahlkampf
Von Michael Watzke |
Am 27. Januar beginnt der Prozess gegen die frühere Führungsspitze der Bayerischen Landesbank. Die Staatsanwaltschaft wirft dem ehemaligen Bankchef Werner Schmidt und sechs weiteren ehemaligen Vorständen Untreue vor. Sie sollen 2007 beim Kauf des österreichischen Geldinstituts Hypo Group Alpe Adria Risiken missachtet und damit ihre Pflicht verletzt haben.
Günther Beckstein kommt zu Fuß zum Interview. Keine Limousine, kein Sekretär, nicht mal einen Schirm hat der 70-Jährige dabei, obwohl es draußen regnet. Beckstein sieht nicht aus wie ein ehemaliger Ministerpräsident des Freistaats Bayern, des reichsten und mächtigsten deutschen Bundeslandes. Der kleine, grauhaarige Mann aus Franken wirkt eher wie ein Polit-Rentner, dessen Lebenswerk an vier Buchstaben zerbrochen ist: HGAA. Der Milliarden-Verlust mit der Kärntner Skandal-Bank Hypo Group Alpe Adria verfolgt Beckstein bis heute:
"Ja natürlich. Wenn ich mir überleg’, dass man manchmal für 100.000 Euro, die man für irgendetwas benötigt hat, wochenlang herumstreiten musste. Über 10 Millionen ist im Kabinett und mit Fraktionen entschieden worden. Ganz abgesehen davon, dass über alle Ebenen mit dem Finanzministerium darüber gestritten wurde. Und hier hat man round about 10 Milliarden verbrannt! Das ist etwas, das einen maßlos ärgert. Das mit der Landesbank, das war natürlich ein Flop."
Günther Beckstein war an diesem Flop, wie er es nennt, als Verwaltungsrat beteiligt. Im Strafprozess gegen sieben ehemalige Vorstände der bayerischen Landesbank, der am kommenden Montag vor dem Landgericht München beginnt, wird Beckstein als Zeuge aussagen müssen. Er soll den Richtern helfen aufzuklären, warum der Kauf einer österreichischen Landesbank durch eine deutsche Landesbank in einem Milliarden-Desaster endete. Und warum selbst eine Risiko-Abteilung mit 900 Bank-Angestellten nicht verhindern konnte, dass Bayerns Steuerzahler bis heute enorme Verluste abzahlen.
"Im Nachhinein denke ich manchmal, viele Köche verderben den Brei. Vielleicht hat sich jeder ein Stück weit auf den Anderen verlassen. Denn es sind ja ganz offensichtlich viele Risiken nicht erkannt worden."
Wirtschaftswissenschaftler: Verwaltungsräte sollten mitangeklagt werden
Risiken, die auch Beckstein als Verwaltungsrat nicht erkannte. Im Jahr 2006 saß er - in seiner Funktion als bayerischer Innenminister - im Aufsichts-Gremium der BayernLB. Neben ihm saßen weitere CSU-Politiker wie Erwin Huber, Georg Schmid und der damalige Finanzminister Kurt Faltlhauser. Nicht wenige Experten finden, diese Verwaltungsräte sollten beim jetzt beginnenden Prozess nicht auf der Zeugen-, sondern auf der Anklagebank sitzen. Etwa Professor Manuel Theisen, Wirtschaftswissenschaftler der Ludwig-Maximilians-Universität München.
"Die Trennung zwischen Vorständen bzw. Vorstandsmitgliedern der BayernLB auf der einen und Verwaltungsräten auf der anderen Seite ist aus meiner Sicht eine reine politische Maßnahme. Es ist gar keine Frage: beide Organe waren gemeinsam dafür verantwortlich, was sie getan oder eben unterlassen haben. Wir haben bei der Landesbank damals eine besondere Regelung gehabt, der zufolge der Verwaltungsrat einer geringeren Haftung ausgesetzt war. Das mag ein Grund sein für die Trennung, nicht jedoch für die vollkommen differenzierte Vorgehensweise. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass auch der Verwaltungsrat sich vor einem ordentlichen Gericht rechtfertigen muss."
Die Staatsanwaltschaft und das Landgericht München haben anders entschieden. Und so müssen sich ab Montag sieben Banker wegen des Verdachts der Untreue und der Bestechung verantworten. Unter den Angeklagten sind so prominente Gesichter wie das von Michael Kemmer. Der 56-Jährige ist derzeit Hauptgeschäftsführer und Vorstandsmitglied des Bundesverbandes deutscher Banken in Berlin. Diese hochrangige Lobby-Funktion behält er - trotz Prozess in München.
"Das ist kein gutes Gefühl, aber ich bin, was den Ausgang dieses Verfahrens betrifft, sehr zuversichtlich. Alles, was sich bisher abzeichnet, ist, dass wir optimistisch in dieses Verfahren gehen können."
SZ-Journalist: "Für Ex-Bankchef Schmidt könnte es kritisch werden"
Damit spricht Kemmer auf die Tatsache an, dass das Landgericht München einen Teil der Anklage anfangs als unplausibel bezeichnet hatte. Erst auf Geheiß des Oberlandesgerichts München musste die Wirtschaftsstrafkammer wesentliche Anklageteile zur Verhandlung zulassen. Bei einer Verurteilung drohen den Angeklagten zumindest hohe Geldstrafen, sagt Klaus Ott. Der Wirtschaftsreporter der Süddeutschen Zeitung hat große Teile des BayernLB-Skandals mit aufgedeckt.
„Also am stärksten im Feuer steht eindeutig der frühere Bankchef Werner Schmidt. Er hat vehement wie kein anderer den Kauf der Hypo Alpe Adria betrieben. Er wollte offenbar von Risiken nicht allzu viel wissen. Bei ihm könnte es am Ende darum gehen, ob er ins Gefängnis muss oder nicht. Weil er wegen eines Steuerdelikts im privaten Bereich vorbestraft ist. Und da käme dann natürlich eine Gesamtstrafe heraus. Also für ihn könnte es kritisch werden, weil er zusätzlich in diesem Verfahren noch wegen Korruption angeklagt ist.“
Der Korruptions-Vorwurf gegen Ex-BayernLB-Chef Schmidt geht zurück auf einen Mann, dessen Schatten noch immer durch die österreichische Politik geistert, obwohl er bereits seit fünf Jahren tot ist.
"Wie soll man denn eine Regierung wählen, die aus selbstsüchtigen Politikern und hirnlosen Koffern besteht? Das kann nicht gut gehen.“ / „Ich mache Politik für die fleißigen und anständigen Österreicher.“ / „Denn wenn der Haider kommt, dann wird Ordnung gemacht. Dann herrscht Gerechtigkeit in diesem Lande. Dann wird ausgemistet in allen Bereichen."
Ohne die Zustimmung Jörg Haiders, des damaligen Landeshauptmanns von Kärnten, hätte die BayernLB im Jahr 2006 nicht die Kärntner Landesbank HGAA kaufen können. Aber Haider stellte eine besondere Bedingung: die Bayern sollten das Stadion des Fußballclubs SK Austria Kärnten in Pasching mit 10 Millionen Euro unterstützen. Bank-Chef Werner Schmidt ließ am Ende nach eigener Aussage 2,5 Millionen Euro überweisen. Für Professor Manuel Theisen ein klarer Fall von Korruption.
"Den Kauf einer den Ostmarkt erschließenden Bankbeteiligung mit einem regionalen Kickerclub für einige wenige in einer regionalen Kleinstadt zu kombinieren, vermag sich mir vom betriebswirtschaftlichen Standpunkt her nicht zu erschließen."
HGAA entpuppte sich schnell als vollkommen marode
Jörg Haider triumphierte - nicht nur mit den Kicker-Millionen, sondern vor allem wegen des völlig überteuerten Kaufpreises, den die Bayern zu zahlen bereit waren, um die Mehrheit an der Hypo Group Alpe Adria zu erlangen. 1,625 Milliarden Euro zahlte die Bayerische Landesbank für 50 Prozent und eine Aktie - nach Ansicht der Staatsanwaltschaft München waren das 550 Millionen Euro zu viel. Nach der Vertragsunterzeichnung im Jahr 2007, die in aller Eile und mit großer Hektik ablief, freute sich Jörg Haider,
"… dass Kärnten damit reich wird."
Bayern dagegen wurde deutlich ärmer mit der Übernahme der HGAA. Denn das österreichische Kreditinstitut entpuppte sich schnell als vollkommen marode. Die Bayerische Landesbank musste insgesamt 3,7 Milliarden Euro in ihr Kärntner Abenteuer pumpen. Günther Beckstein, der damals im Verwaltungsrat der Bank saß, glaubt auch heute noch, dass dies nicht vorhersehbar war. Im Jahr 2007 hätten alle Experten den Deal der BayernLB gefeiert.
"Ich hab’ noch zuhause den Kommentar eines hochrangigen Journalisten des Bayerischen Rundfunks, der das damals als eine geniale Leistung angesehen hat. Gerade dass Bayern nach Südost-Europa expandiert, hat man damals als besonders notwendigen und wichtigen Schritt angesehen. Dass er sich als falsch herausgestellt hat, ist heute etwas, das leider nicht mehr bestreitbar ist."
Doch vor Gericht in München geht es nicht darum, was ein Journalist des Bayerischen Rundfunks einst schrieb. Für die Richter spielt keine Rolle, dass man hinterher immer klüger ist als vorher. Es geht um festgeschriebene Kontrollpflichten und deren mögliche Verletzung, sagt LMU-Professor Manuel Theisen.
"Die Problematik bei der nachträglichen Beurteilung von Management-Leistungen ist immer die gleiche, und sie ist auch gleich geblieben: kein Manager, kein Vorstand, kein Verwaltungsrat haftet für Erfolg oder Misserfolg. Er haftet nur dafür, dass das, was er macht, ordentlich vorbereitet ist, ordentlich durchgeführt wird, sozusagen nach dem Stand der Kunst vollstreckt wird. Nur darum geht es. Dass mal eine faule Bank gekauft wird, wäre also nicht das Problem. Das Problem wäre, wenn der Vorstand vorher Unterlagen, die ihm das deutlich gemacht hätten, nicht genügend studiert hat. Auf Unterlagen verzichtet hat. Oder vielleicht sogar Informationen bewusst falsch interpretiert hat. Dann hat er einen Fehler gemacht, für den er möglicherweise haftet."
War der Kauf politisch motiviert?
Genau das wirft die Staatsanwaltschaft München den Angeklagten im BayernLB-Prozess vor. Es habe zahlreiche Hinweise auf Unregelmäßigkeiten, ja sogar Betrugsverdacht gegen die Hypo Group Alpe Adria gegeben. Aber der Vorstand der bayerischen Landesbank unter Werner Schmidt habe die HGAA gleichsam um jeden Preis kaufen wollen. Warum?
Klaus Ott, der Reporter der Süddeutschen Zeitung, ist davon überzeugt, dass ein politischer Wille hinter der Kaufentscheidung stand. Die damalige bayerische Landesregierung unter Ministerpräsident Edmund Stoiber habe aus der kleinen, regionalen BayernLB unbedingt einen Global Player machen wollen.
"Die Rolle der Politik wird in diesem Strafverfahren ganz deutlich zur Sprache kommen. Die Verteidiger der Angeklagten werden mit Sicherheit nichts unversucht lassen, den Einfluss der Politik zu beleuchten. Sie wollen deutlich machen, dass es nicht nur um ihre Mandanten geht, also den früheren Vorstand der BayernLB. Es müssen ja auch viele Kontrolleure der BayernLB aussagen wie die damals führenden CSU-Politiker Beckstein, Huber und Faltlhauser. Da wird das Gericht und auch die Verteidiger der Angeklagten genau nachfragen, welche Schuld möglicherweise hier zu suchen ist."
Im Fokus dabei: Kurt Faltlhauser. Bayerns früherer Finanzminister hatte im Jahr 2010 in einem Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags zugegeben, er habe die Vorstände der BayernLB im Jahr 2006 mit aufgebrachter Stimme angeschnauzt. Zitat: "Ihr seid’s ja zu blöd, eine Bank zu kaufen!" Die Bayern-Banker hatten da gerade einen Deal mit einem anderen österreichischen Kredit-Institut knapp verpasst. Faltlhauser, der damals oberster Aufseher des BayernLB-Vorstands war, lässt keinen Zweifel daran, dass er den Kauf der HGAA unbedingt wollte.
"Man würde aus der heutigen Sicht diese Bank nicht kaufen. Aber aus der damaligen Sicht war es logisch und zwingend. Es gab viele Risiken, die uns bekannt waren, aber wir haben es abgewogen in einer unternehmerischen Entscheidung. Die Chancen schienen uns viel höher als die bekannten Risiken."
Aufklärung im Untersuchungsausschuss schwierig
Was aber waren die unbekannten Risiken beim Kauf der HGAA? Hätten Sie dem Vorstand und dem Verwaltungsrat der BayernLB bekannt sein können? Sein müssen? Warum wurde die sogenannte "due diligence", die Überprüfung der Bilanzen und des Datenraumes der HGAA, so außerordentlich hastig, ja sogar schlampig ausgeführt, wie die Gutachter einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft später feststellten?
Sepp Dürr von den bayerischen Grünen saß im Jahr 2010 als Landtags-Abgeordneter im BayernLB-Untersuchungsausschuss. Die Ausschussmitglieder, sagt Dürr, seien bei der Aufklärung damals an ihre Grenzen gestoßen.
"Interessant wär’ für mich beispielsweise: Es gibt die sogenannte Mitarbeiter-Privatstiftung, die sogenannte MAPS, die bei diesem Deal profitiert hat. Von der ich bis heute nicht weiß, welche Mitarbeiter der HGAA da Mitglied sind. Und wer da schön profitiert hat vom Kauf der Bayern. Das wäre mal eine schöne Geschichte, wenn die Österreicher mal sagen würden, wer da eigentlich drinsteckt. Der Herr Berlin steckt bestimmt drin, das wissen wir schon. Aber wer hat sonst noch profitiert?"
Tilo Berlin, Investment-Manager aus Hannover, war 2007 Vorstandsvorsitzender der Hypo Group Alpe Adria. Er war maßgeblich am Verkauf der HGAA an die Bayern beteiligt. Berlin profitierte von diesem Deal auch persönlich - über die Mitarbeiter-Stiftung MAPS. Seine Berlin&Co.-Gruppe verdiente durch den Kaufvertrag innerhalb weniger Monate 182 Millionen Euro. Die österreichische Justiz ermittelt.
Aber wer profitierte noch? Etwa auch die Mitglieder des damaligen BayernLB-Vorstandes? Einer der sieben Angeklagten im Münchner Strafprozess hätte zumindest Erfahrung im illegalen Abzocken hinter den Kulissen. Gerhard Gribkowsky, der frühere Risiko-Chef der BayernLB, ließ sich bei einem anderen Deal von Bernard Ecclestone schmieren. Der Formel-1-Chef aus England überwies Gribkowsky 44 Millionen Dollar Bestechungsgeld. Im Gegenzug musste Gribkowsky nur dafür sorgen, dass die Formel-1-Rechte der BayernLB möglichst billig an den richtigen Käufer gingen. Reporter der Süddeutschen Zeitung konnten diesen gewaltigen Schmiergeldskandal schließlich durch hartnäckige Recherchen ans Licht bringen. Gribkowsky erhielt 2011 eine Haftstrafe von achteinhalb Jahren.
SZ-Reporter Klaus Ott weist nun darauf hin, dass die Münchner Justiz Gribkowsky neuerdings Freigang gewährt - rechtzeitig zum am Montag beginnenden BayernLB-Strafprozess.
"Er hat der Justiz mit seinem Geständnis und seinen anschließenden Aussagen gegen Ecclestone bei der Münchner Staatsanwaltschaft natürlich geholfen. Ob das jetzt dazu führt, dass er aus dem neuen BayernLB-Prozess ausscheiden kann, das muss man abwarten. Weil er in anderem Zusammenhang ja schon eine hohe Strafe erhalten hat, wäre das möglich."
Bestechungsgelder an die Vorstände?
Vielleicht kann Gribkowsky der Münchner Staatsanwaltschaft im jetzt beginnenden Prozess ja noch einen wichtigen Tipp geben. Die Ermittler in der bayerischen Landeshauptstadt gingen im Oktober 2010 dem Verdacht nach, dass Mitglieder des BayernLB-Vorstandes Bestechungsgelder dafür kassiert haben könnten, dass sie die Mehrheitsanteile an der HGAA trotz großer Risiken kauften. Die Staatsanwälte hatten einen anonymen Hinweis erhalten, sie mögen doch die Kontobewegungen auf dem Bankkonto Nr. 9600035 der Berlin&Co.-Capital-Gesellschaft in Luxemburg genauer unter die Lupe nehmen. Dabei fiel den Münchnern auf, dass Berlin&Co von Ende 2007 bis Ende 2008 Millionensummen an obskure Gesellschaften und Privatleute überwies. So etwa am 17.12.2007 den Betrag von 5,2 Millionen Euro an die SE Sports Entertainment Anstalt sowie 2 Millionen Euro an die Dominion M Khadjenouri IPP.
Der Verdacht: Diese Gelder könnten über Strohmänner und Steueroasen heimlich an die nun angeklagten Ex-BayernLB-Vorstände geflossen sein. Ähnlich wie im Fall Gribkowsky. Die Münchner Staatsanwaltschaft schickte daraufhin Durchsuchungsbeschlüsse an mehrere Banken in Österreich, darunter die Sparkasse Kitzbühel, die Raiffeisenbank Achenkirch und die Hypo Group Alpe Adria selbst. Doch die Banken legten Beschwerde ein. Die österreichischen Justizbehörden gaben den Banken recht. Daher mussten die Münchner Staatsanwälte die Ermittlungsakten wieder schließen. Sie scheiterten am österreichischen Bankgeheimnis. Sehr zum Ärger von Sepp Dürr, dem grünen Landtagsabgeordneten.
"Da sind mit Sicherheit Gelder auf sehr dubiose Weise geflossen. Nur: Ob die bis zu unseren bayerischen Bankern geflossen sind, das wissen wir nicht so genau."
Und deshalb geht es ab Montag vor dem Landgericht München nur um einen vergleichsweise kleinen Bestechungsfall - den Haiderschen Fußball-Deal - und um Untreue. Trotzdem könnte sich die Verhandlung über mehrere Jahre hinziehen, von einer möglichen Revision ganz zu schweigen. Der Sachverhalt sei extrem kompliziert und juristisch kaum zu lösen, sagt Betriebswirtschaftsprofessor Manuel Theisen. Er glaubt…
"… dass hier am Ende möglicherweise tatsächlich eine politische Entscheidung her muss. Schon wegen des grenzüberschreitenden Sachverhalts. Ich kann mir einfach schwer vorstellen, dass man hier wirklich zu einer abschließenden, alleinigen gerichtlichen Klärung kommt. Das wird die Zukunft weisen."
Bayern will Geld von Österreich
Der BayernLB-Prozess in München ist schließlich nur einer von rund 15 Prozessen, die aktuell in Deutschland, Österreich und England rund um die Bayerische Landesbank laufen. Die BayernLB versucht beispielsweise, in zahlreichen Zivilprozessen rund eine Milliarde Euro Schadenersatz einzuklagen. Von Bernie Ecclestone, der Hypo Group Alpe Adria und von den eigenen Ex-Vorständen - beziehungsweise von deren Manager-Haftpflicht-Versicherungen. Gleichzeitig laufen in Österreich Klagen gegen die Hypo Group Alpe Adria und gegen die BayernLB. Das juristische Gewirr ist mittlerweile nur noch von Experten wie dem SZ-Journalisten Klaus Ott zu durchschauen.
"Wichtig sind grundsätzlich alle Prozesse, denn es geht letzten Endes um viele Milliarden Euro von uns allen, den Steuerzahlern. Es muss aufgeklärt werden: Wer hat möglicherweise Schuld auf sich geladen, wer hat möglicherweise sogar kriminell agiert. Und auch beim Schadenersatz muss ausgefochten werden, wer muss wem was zurückzahlen. Weil es ja letzten Endes um das Vermögen des Volkes geht."
So streiten sich Bayern und Österreich aktuell um die Rückzahlung einer Summe von 2,3 Milliarden Euro. Die Bayern argumentieren, sie hätten das Geld als Kredit für die HGAA nach Kärnten überwiesen. Die Österreicher sehen die Summe als eine Art Eigenkapital-Einlage. Juristisch lässt sich dieser Streit kaum lösen, glaubt Klaus Ott:
"Besser wäre es doch, die Beteiligten einigen sich untereinander, also BayernLB und HGAA. Und da es sich ja in beiden Fällen um Staatsbanken handelt, kann sich eine Staatsbank nicht gegen den Willen einer Regierung mit dem Gegner einigen. Also müssen sich letztlich die Regierungen in Österreich und Bayern einig werden, wenn man hier zu einem Ende kommen will."
Vor einem Jahr war der bayerische Finanzminister Markus Söder nach Wien gereist und hatte dort mit markigen Sprüchen für Aufregung gesorgt. "I want my money back", hatte Söder mit dem berühmten Margaret-Thatcher-Zitat gedroht. Die Österreicher gaben sich unbeeindruckt. Geld ist bisher jedenfalls nicht nach Bayern zurückgeflossen.
"Inzwischen gibt es Signale von Ministerpräsident Seehofer, dass man sich Gespräche vorstellen könnte. Und wie heißt es so schön: der Ober sticht den Unter."
Der Ober sticht den Unter. Ob das damals in der BayernLB auch für Vorstand und Verwaltungsrat galt? Und wenn ja - wer war Ober und wer Unter? Günther Beckstein jedenfalls sieht sich im HGAA-Skandal als Randfigur. Ein Mitläufer, der einige Zeit lang zitterte, ob er aufgrund von Schadenersatzforderungen der BayernLB am Ende Haus und Hof verlieren würde.
"Das hat mich damals veranlasst, mehrere Gutachten erstellen zu lassen, wo ich erst mal für mich wissen wollte: Was blüht mir? Das waren externe, renommierte Anwaltskanzleien, die jeweils fünfstellige Honorare kassiert haben. Die haben mir sehr plausibel dargelegt, dass ich mich nicht fahrlässig verhalten habe. Ich selbst bin überzeugt davon, dass ein ernsthafter Anspruch auf Ersatz von Schaden überhaupt nicht besteht. Daher sehe ich das mit großer Gelassenheit."
Dann zieht Günther Beckstein, 70 Jahre alt, sein graues Jackett und den schwarzen Mantel an und tritt hinaus auf die Straße, ohne Schirm, in den Regen.
Mehr zum Thema