Bayerisches Burka- und Niqab-Verbot

Beim Luxus-Shopping auch vollverschleiert willkommen

Zwei Frauen in Niqab.
Zwei Frauen in Niqab. © imago / Stefan Zeitz
Von Michael Watzke |
In Bayern gilt nun ein Burka- und Niqab-Verbot für Gerichtsgebäude, Kindergärten und Wahlkabinen. Vollverschleierte Touristinnen werden in Münchens teuerster Shoppingmeile trotzdem aufwendig umworben. Eine experimentelle Recherche.
"Hallo, in welches Stockwerk muss ich?"
Ein Plattenbau im Münchner Norden. Erste Adresse für Burkas und Niqabs: der "Al-Madina-Markt - Islamische und orientalische Bekleidung". Getarnt als ganz normale Wohnung.
"Hallo, bin ich bei Ihnen richtig? Michael Watzke ist mein Name."
"Okay, Sie können reinkommen."
"Danke!"
Ein junger Mann mit weißem Kaftan, grüner Gebetsmütze und schwarzem Bart mustert mich misstrauisch. Ich hatte mich telefonisch angemeldet – als Kunde. Ich will eine Burka kaufen. Der Verkäufer steht barfuß vor mir und schaut auf meine Füße.
"Wenn Sie wollen, können Sie bitte auch Ihre Schuhe ausziehen."
"Ja klar, ziehe ich gerne aus."

Noch nie an einen Deutschen verkauft

Der junge Mann führt mich in den Verkaufsraum, ein mit Teppichen ausgelegtes Zimmer. In der Mitte stehen sechs Schaufensterpuppen. Sie tragen Burkas, lange Stoffgewänder, in unterschiedlichen Farben: schwarz, dunkelbraun, aschgrau und einer Farbe, die ich zuerst für sehr dunkles Blau halte.
"Nein, das ist schwarz."
"Ja, dann nehme ich schwarz."
"Braun, grau..."
"Schwarz wäre perfekt!"
"Das ist Größe S."
"S brauche ich, super."
[Rascheln.]
"Und in der Tüte ist alles, was an der Puppe ist?"
"Äh, genau."
"Und dann ist das noch dieses Tuch?"
"Ja."
Das Tuch ist der Niqab, der Gesichtsschleier, der nur vor den Augen einen schmalen Streifen freilässt. So trage man das in Saudi-Arabien, sagt der Verkäufer. Wenn man strenggläubig sei, müsse man den Niqab auch in Deutschland tragen. An einen Deutschen, sagt der Mann, habe er bisher allerdings weder Niqab noch Burka verkauft. 65 Euro kostet die Vollverschleierung – eine Burka in zwei Teilen und der Niqab. Bezahlung nur in bar.

Wie reagieren die Verkäufer auf eine Burka?

"Haben Sie auch eine Quittung für mich?"
Schwierig, sagt der Verkäufer. Er wird misstrauisch. Für wen sei denn der Gesichtsschleier, will er wissen. Für meine Frau, lüge ich. Die Wahrheit ist: Ich kaufe ihn für eine Kollegin. Denn die Recherche hat gezeigt: Verschleierte Frauen wollen nicht mit mir reden.
Mit der Kollegin zusammen gehe ich auf die Münchner Maximilianstraße, die teuerste Shoppingmeile Deutschlands. Wir wollen herausfinden, wie die Verkäufer in den Luxusläden auf eine Frau in Burka reagieren.
Wir beginnen bei Gucci in der Maximilianstraße 31 – und man empfängt uns höchst zuvorkommend. Geradezu devot.
"Ich wurde hier in der Maximilianstraße behandelt wie eine Königin. Mir wurde die Tür aufgehalten. Ich wurde sofort begrüßt. Manche Männer haben auf den Boden geschaut, als sie mich begrüßt haben. Ganz demütig. Sie hätten alles getan, um mich zufriedenzustellen in diesen Läden."
Wir schlendern von Gucci zu Escada, dann zu Cartier, Yves Saint Laurent und Bulgari. Ich gebe mich als Dolmetscher für meine Burka-tragende Begleitung aus. Man bietet uns Getränke an: Champagner für den Herren, Kaffee, Tee oder Wasser für die Dame. Bei Gucci wird uns eine eigene Beraterin zur Seite gestellt, die auf Kundinnen mit Niqab oder in Burka spezialisiert ist. Die Dame spricht arabisch und macht die süßlichsten Komplimente.

Shoppen darf man auch weiterhin vollverschleiert

"Was bei einer Burka natürlich schwierig ist. Aber ich hab' tatsächlich erlebt, dass ich eine rote Handtasche getragen habe. Und mir wurde das Kompliment gemacht, das rot würde so gut zu meinem schwarz passen."
Wir erfahren, dass jetzt, im August, besonders viele arabische Frauen in Burka zum Luxus-Shopping durch die Läden der Maximilianstraße schlendern. Der Ramadan sei beendet, und in den Heimatländern der verschleierten Kundinnen sei es zu heiß, um auf die Straße zu gehen.
Als ich mich als Journalist zu erkennen gebe, ist es mit der Zuvorkommenheit vorbei. Interviews werden in allen Läden strikt abgelehnt. Kein Geschäft möchte sich zum heute beginnenden Burka-Verbot in Bayern äußern.
Hinter vorgehaltener Hand wird uns allerdings zu verstehen gegeben, dass man auf der Maximilianstraße auf keinen Fall Verhältnisse wie in Frankreich möchte. Dort fordern Polizisten vollverschleierte Frauen auf, ihren Niqab abzulegen, und verteilen Bußgelder. So wie in Paris wäre das dann auch in München verheerend fürs Geschäft.
"Ich glaube, mit diesem Aussehen, mit der Burka, wird schon verbunden: Die kommen und lassen viel Geld da. Es war oft Verwunderung zu spüren, wenn ich Sachen anprobiert und wiederzurückgegeben habe. Normalerweise wird wahrscheinlich etwas anprobiert, an die Kasse gelegt, dann weiter, und mit vollen Tüten wieder raus. Insofern waren wir wohl eher enttäuschende Kunden."
Das Burkaverbot in Bayern wird den Umsatz auf der Münchner Maximilianstraße kaum beeinträchtigen. Denn es gilt nur für Gerichtsgebäude, Kindergärten und Wahlkabinen. Shoppen darf man in Bayern auch weiterhin vollverschleiert.
Mehr zum Thema