Bayreuther Festspiele 2009

Vor nunmehr einem Jahr – schon mit Blick auf die Inthronisation als künftige Festspielleiterin – lieferte Katharina Wager ihr Bayreuther Regie-Debüt mit den "Meistersingern von Nürnberg", dem politischen und ästhetischen Bekenntniswerks Richard Wagners schlechthin. Wie zu erwarten, fand die Inszenierung ein kontroverses öffentliches Echo. Schließlich war man bis dato gewöhnt, dass die dem Werk innewohnende Problematik – mehr oder weniger – mit bunter Mittelalter-Folklore überspielt wurde. In dieser Hinsicht setzte sich Katharina Wagner vor allem vom längstgedienten Patron der Festspiele, von ihrem Vater Wolfgang, demonstrativ ab.
Überblickt man die weiter zurückreichende Bayreuther Rezeptions- und Aufführungsgeschichte der "Meistersinger", so fällt auf, dass die Oper radikalen Deutungen vergleichweise wenig ausgesetzt war. Selbst von Katharinas Onkel Wieland wurden sie einst recht traditionell gelesen. Eben hier sah die junge Urenkelin Richard Wagners ihre Herausforderung:
"Die Meistersinger", so ihre Devise, "sind in Bayreuth fast noch jungfräulich. Und ich will sie jetzt knacken…"

Zu welchen Konsequenzen das führt, lässt sich natürlich nur aus der Zusammenschau von musikalischer und szenischer Umsetzung des Werks beurteilen. Von daher wird die Wiedergabe der diesjährigen Reprise der "Meistersinger" im Hörfunk kaum größere Irritationen hervorrufen. Sofern nur die äußere Handlung, die Liebe zwischen Eva, einem bürgerlichen Mädchen, und Stolzing, einem Mann von adligem Stande, und der daraus erwachsene Konflikt zwischen dem Ritter, dem entsagenden Sachs und dem Stadtschreiber Beckmesser "gegen den Strich gebürstet" wird, ist die Substanz von Wagners Oper nicht ernstlich berührt. Denn das eigentliche Thema der "Meistersinger" ist die Kunst; sie wird – in Gestalt des Meistergesangs – selbst zum Gegenstand. Allerdings hatte das Kunstverständnis Richard Wagners seine problematischen Seiten. Namentlich die nationalistisch-chauvinistischen Töne Hans Sachsens am Schluss stehen für eine Geisteshaltung, zu der sich heutige Interpretationen nicht kritisch genug positionieren können. Eben dies ist auch mit "rein" musikalischen Mitteln, mit einer möglichst gegen unerträgliches Pathos ankämpfenden sängerischen Deklamation möglich.



Bayreuther Festspiele 2009
Festspielhaus
Aufzeichnung vom 26.7.2009

Richard Wagner
"Die Meistersinger von Nürnberg”, Oper in drei Akten
Libretto: Richard Wagner


Alan Titus, Bass-Bariton - Hans Sachs
Artur Korn, Bass - Veit Pogner
Charles Reid, Tenor - Kunz Vogelsang
Rainer Zaun, Bass - Konrad Nachtigall
Adrian Eröd, Bariton - Sixtus Beckmesser
Markus Eiche, Bariton - Fritz Kothner
Edward Randall, Tenor - Balthasar Zorn
Timothy Oliver, Tenor - Ulrich Eisslinger
Florian Hoffmann, Tenor - Augustin Moser
Martin Snell, Bass - Hermann Ortel
Marion Klein, Bass - Hans Schwarz
Diógenes Randes, Bass - Hans Foltz
Klaus Florian Vogt, Tenor - Walther von Stolzing
Norbert Ernst, Tenor - David
Michaela Kaune, Sopran - Eva
Carola Guber, Mezzosopran - Magdalene
Friedemann Röhling, Bass - Nachtwächter
Chor und Orchester der Bayreuther Festspiele
Leitung: Sebastian Weigle

ca. 20:30 Uhr Nachrichten