"Nichts ist spießiger als der Islamismus"
Die TV-Comedy "The Real Housewives of ISIS" der BBC sei durchaus lustig, meint der Kommunikationswissenschaftler Kai Hafez. Problematisch sei aber, dass sie sich auf einen aktuellen blutigen Konflikt beziehe – und dass die Rolle Großbritanniens darin nicht reflektiert werde.
Hinter der TV-Comedy "The Real Housewives of ISIS" stecken die Comedians Heydon Prowse und Jolyon Rubinstein. Sie parodieren die amerikanische Reality-Sendung "The Real Housewives." Statt gut situierter Gattinnen in Beverly Hills zeigen sie die Ehefrauen von IS-Terroristen. "Es sind nur noch drei Tage bis zur Enthauptung, und ich habe überhaupt keine Ahnung, was ich anziehen soll!", sagt beispielsweise eine junge Frau im schwarzen Tschador im Trailer.
"The Real Housewives of ISIS" startete am 3. Januar, allein der Trailer wurde millionenfach im Internet angeklickt. Tausende Kommentare gingen bei der BBC ein. Nicht wenige empfinden die Serie als geschmacklos, krank, verletzend.
Äußerst schlechte Beziehungen zischen islamischer und westlicher Welt
Die Kritik an der BBC-Satire über ISIS-Kämpferinnen sei deswegen so harsch, weil die Beziehungen zwischen der islamischen Welt und dem Westen derzeit ausgesprochen schwierig seien, sagt dazu der Kommunikations- und Islamwissenschaftler Kai Hafez im Deutschlandradio Kultur.
"In der Substanz ist diese Form der Satire natürlich im Grunde lustig, denn nichts ist spießiger als der Islamismus, nichts ist spießiger als der Terrorismus mit seinen strengen Kleiderordnungen und seinen infantilen Formen der Religionsinterpretationen",
so Hafez, der an der Universität Erfurt lehrt. Aber es mache einen Unterschied, ob so eine Satire aus Großbritannien komme oder aus der muslimischen Welt selbst - und ob Muslime die Macher seien oder eben Nicht-Muslime.
Die interkulturellen Beziehungen zwischen der islamischen Welt und dem Westen seien einfach "extrem schlecht", so Hafez. Sie seien geprägt von Islamfeindlichkeit, anti-islamischen Rassismus, antiwestlichen Terrorismus, politischen und ökonomischen Problemen. Das habe Folgen für die Lesart einer solchen Comedy.
"In den interkulturellen Verhältnissen wird Humor häufig ganz anders gedeutet, nämlich als Angriff auf die gesamte Gruppe, also die Muslime an sich", so Hafez.
Briten als Mitverantwortliche am Irak-Krieg täten gut an Selbstkritik
Hinzu komme, dass Großbritannien vor dem Hintergrund des gemeinsam mit den USA 2003 gestarteten Irak-Krieges mitverantwortlich für den Terrorismus sei. Die Macher der Serie täten gut daran, in die Serie Selbstkritik an der britischen Besatzungspolitik im Irak und im Nahen Osten aufzunehmen.
"Dann hätte das einen anderen Beigeschmack und wäre weniger umstritten."
Grundsätzlich stellte Hafez die Frage, wie angebracht Satire in diesem Zusammenhang sei, zumal der Konflikt, der hier angesprochen werde, "mit vielen Attentaten und Toten" noch voll im Gange sei. Die Briten griffen mit dieser Comedy "in ein Traumageschehen - eine sehr aktuelle Gemengelage" ein und führten diese ins Feld der Ironie.
Hafez: "Vielleicht wird in unseren Tagen auch die Satire als Mittel des Dialogs und der Auseinandersetzung in den islamisch-westlichen Beziehungen überbewertet. Vielleicht sollte man zurückkommen zu rationalen Formen des Gespräches."
(utz / huc)