BDS-Bewegung in Deutschland

"Politisch blind und naiv"

Die Buchstaben BDS - für Boycott, Divestment and Sanctions - werden von Demonstranten hochgehalten, die anlässlich des Besuchs des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu im Bundeskanzerlamt in Berlin im Juni 2018 protestierten
Aktivisten der BDS-Bewegung in Berlin: Sie bekämen zu viel Aufmerksamkeit, meint Thomas Hecken im Deutschlandfunk Kultur. © imago/Stefan Zeitz
Thomas Hecken im Gespräch mit Mirjam Kid |
Das Pop-Kultur-Festival wird von der BDS-Bewegung boykottiert, um Israel zu treffen. Der Pop-Experte Thomas Hecken hat dafür wenig Verständnis. Die BDS-Forderungen erhalten seiner Ansicht nach mehr Publizität, als ihnen eigentlich zusteht.
Die Bewegung "Boycott, Divestment and Sanctions" (BDS), die sich kompromisslos, lautstark und auf allen Ebenen für Boykottaktionen gegen Israel einsetzt, hatte in der Vergangenheit dazu aufgerufen, auch das Berliner Pop-Kultur-Festival zu schneiden. Der Grund: ein Reisekostenzuschuss für israelische Künstler, der von der Botschaft ihres Landes kam. Israel gehört damit zu den Sponsoren des Festivals - und landete deswegen auf der Boykott-Liste der BDS-Bewegung.
Thomas Hecken, Literatur- und Kulturwissenschaftler mit dem Forschungsschwerpunkt Popkultur, warf der Bewegung im Deutschlandfunk Kultur vor, "politisch blind und naiv" zu sein. Dieser gehe es nicht um einzelne Sanktionen, sondern um den kompletten Boykott des Staates Israel - der aber auf der Grundlage jahrhundertelanger antisemitischer Verfolgung und vor allem zum Schutz von Juden gegründet worden sei, die den Massenmord der Nazis überlebt hätten. Vor diesem Hintergrund fehle ihm das Verständnis für die Boykott-Aufrufe, sagte Hecken.
Das Festival geht proaktiv mit der Problematik um: Unter anderem soll die israelische Schriftstellerin Lizzie Doron davon erzählen, wie ihre Mutter ehemals wegen der Zeit des Nationalsozialismus deutsche Produkte boykottierte.

"Man hätte es auch sein lassen können"

Man könne auf diese Weise damit umgehen, sagte Hecken: "Man hätte es aber auch ganz sein lassen können." Denn so bekomme das Thema wieder Publizität. In Deutschland gebe es keine großen Bestrebungen, Israel mit Boykotten zu belegen - so erhalte das Thema ein Maß an Aufmerksamkeit, das ihm eigentlich nicht zustehe. (ahe)
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