Pascal Bresson, Sylvain Dorange: "Beate und Serge Klarsfeld. Die Nazijäger"
Aus dem Französischen übersetzt von Christiane Bartelsen
Carlsen Verlag, Hamburg 2021
208 Seiten, 28 Euro
Das Leben eines kämpferischen Paars in Bildern
05:37 Minuten
Beate Klarsfeld ohrfeigte 1968 den damaligen Kanzler Kiesinger, weil er ein Ex-NSDAP-Mitglied war. Mit ihrem Mann Serge jagte sie ehemalige NS-Verbrecher. Pascal Bresson und Sylvain Dorange erinnern nun mit einem Comic an die Leistung der beiden.
Am bekanntesten ist Beate Klarsfeld für eine Ohrfeige: 1968 schlug sie auf dem CDU-Parteitag in Berlin dem damaligen Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger ins Gesicht und protestierte so gegen dessen Kanzlerschaft: ein ehemaliges NSDAP-Mitglied dürfe nicht Bundeskanzler sein.
Mit der Ohrfeige beginnt auch die beeindruckende Graphic Novel über Beate und Serge Klarsfeld. In vielen Rückblenden wird die Geschichte dieser beiden Nazijäger eindrucksvoll erzählt.
Dabei gehen Pascal Bresson und Sylvain Dorange nicht chronologisch vor. Sie springen im Leben ihrer Protagonisten hin und her. Dabei haben die verschiedenen Zeitebenen unterschiedliche Farben.
Eine Reise durch die Zeit
Man erfährt so, wie sie sich das Paar kennenlernt – an einer Metrostation in Paris. Beate ist damals noch Au-pair, später wird sie für das Deutsch-Französische Jugendwerk arbeiten, ein Buch schreiben und wegen kritischer Artikel ihre Anstellung verlieren. Serge arbeitet für den französischen Rundfunk, beginnt mit Ende 30 noch ein Jurastudium, um Anwalt zu werden.
In anderen Szenen wird Serges Kindheit beschrieben: die Deportation seines Vaters, der schließlich in Auschwitz getötet wurde. Der Rest der Familie versteckte sich im Schrank und konnte so der Deportation entgehen. Jahrzehnte später reist Serge als erwachsener Mann nach Auschwitz. Im Comic sieht man ihn durch die leeren Gebäude streifen.
Beeindruckende Bildersprache
Die Farben im Comic sind gedeckt, wie in einer Dokumentation, die historische Aufnahmen verwendet: Schwarz-Weiß, Sepia, mit vereinzelten Farbelementen. Die Nazi-Binden sind zum Beispiel immer rot.
Das unterstreicht den Charakter des Buches als gezeichnetes Sachbuch: Als Vorlage diente das Buch "Erinnerungen", in dem das Ehepaar Klarsfeld sein Leben festhielt.
Im Fokus des Comics aber steht die Suche nach Kriegsverbrechern. Viele Täter lebten bis in die 80er-Jahre unbehelligt in Deutschland, Frankreich oder Südamerika. Beate und Serge Klarsfeld stürzen sich in Recherchen und scheuen auch vor Entführungsversuchen nicht zurück.
Die Jagd auf Klaus Barbie
Klaus Barbie wird zum Zentrum ihrer Ermittlungen. Der "Schlächter von Lyon", der für die Ermordung zahlreicher Jüdinnen und Juden verantwortlich ist, lebt unter falschem Namen in Südamerika, wird zeitweise von der CIA gedeckt.
Beate und Serge vergraben sich in Akten, sprechen mit Zeuginnen und Zeugen, verhandeln mit verschiedenen Regierungen. Schließlich fliegt Beate nach Südamerika, um zu beweisen, dass Barbie und der deutsche Geschäftsmann, der ihm so ähnlich sieht, ein und dieselbe Person sind.
Spannend, obwohl der Ausgang bekannt ist
Eine spannende Detektivgeschichte – selbst wenn der Ausgang längst bekannt ist.
Der Comic endet mit einer Art Fotoalbum: Historische Bilder zeigen Beate Klarsfeld bei verschiedenen Protestaktionen, die Familie mit Kindern und Enkelkindern, ein Foto des jungen Paares.
Wirklich ähnlich sehen Serge und Beate Klarsfeld ihren Comicversionen nicht, das stört aber nicht weiter – das Buch wird der Geschichte des Paares und ihrem Kampf gegen Kriegsverbrecher mehr als gerecht.