Bebilderung von Sehnsuchtslandschaften
Der Maler Hans-Jürgen Gaudeck hat sich auf die Spuren von Theodor Fontane begeben. Texten des Schriftstellers stellte er seine eigenen Aquarelle aus der Mark Brandenburg zur Seite. Entstanden ist "Fontane-Land" - ein kleines, lichtes Reisebuch.
Theodor Fontane ist nach 1989 völlig neu entdeckt worden: Der Altpreuße, der sich in späteren Jahren zu einem veritablen Liberalen und Humanisten entwickelte, war ein großer Liebhaber der Mark Brandenburg, der märkischen Sand- und Kiefernlandschaften, und mit Fontanes "Wanderungen durch die Mark Brandenburg" unter dem Arm versuchten viele, dem Charakter dieser Landschaft auf die Spur zu kommen und Stehengebliebenes, wie zu Fontanes Zeiten, zu entdecken. Der Bildende Künstler Hans-Jürgen Gaudeck schließt sich nun an diese Fontane-Renaissance an. Seine Aquarelle, die er einzelnen Text-Passagen Fontanes zur Seite stellt, sind sinnfälliger Ausdruck einer zeitgenössischen Fontane-Aneignung und umkreisen vor allem die Sehnsucht, die sich darin ausdrückt.
<im_68382>Schloss Sanssouci</im_68382>Abbildungen zu Fontanes Textlandschaften zu finden, ist ein schwieriges Unterfangen. Denn Fontanes Texte selbst liefern sehr vielfältige Anschauungen, sie haben den Anspruch, Bilder von der Landschaft für Leser zu vermitteln, die selbst nicht dort gewesen sind. Von daher ist es für den Aquarellisten nicht leicht, die größte Tücke zu vermeiden: Fontanes Bilder nämlich einfach zu reproduzieren, also eine landläufige "Bebilderung" herkömmlicher Art. Die Technik des Aquarells kommt dem Vorhaben, den Texten eine zusätzliche Dimension hinzuzufügen, allerdings sehr entgegen: Das leicht Verwaschene und Verschwommene erzeugt so etwas wie Traumgespinste und Traumlandschaften. Sie bebildern nicht die Beschreibungen Fontanes, sondern ausschließlich jene Sehnsucht, die heute beim Lesen von Fontanes Texten entsteht.
Manchmal zeigt Gaudeck die Landschaft auch zu einer anderen Jahreszeit als Fontane, dann ist der "andere Blick" sofort deutlich. Aber solche auffälligen Fingerzeige braucht es gar nicht. Es ist interessant, die konkreten Werke zu vergleichen. Einmal beschreibt Fontane im Ruppiner Land ein "Luch im Wald": "Elsengebüsch, zu drei und vier eine Gruppe bildend, umschreibt einen weiten Kreis; in der Mitte halb überschwemmtes Wiesenland, voll Binsen, wo das Wasser steht und voll weidendem Vieh, wo trockener Grund das Wasser überragt." Das ist äußerst detailliert und wirkt wie eine klassische Bildvorlage. Gaudeck macht jedoch etwas Anderes daraus. Er lässt das Vieh weg und beschränkt sich auf schemenhafte Bäume und Sträucher, die eine weiß-bläulich schimmernde und an den Rändern nicht genau konturierte Wasserfläche umfassen – tonangebend sind die fließenden, verschwimmenden Farben, die aus Fontane jenen Impressionismus hervorholen, den er zwischen den Zeilen anlegt. Ein kleines, lichtes Reisebuch.
Besprochen von Helmut Böttiger
Theodor Fontane/Hans-Jürgen Gaudeck: Fontane-Land. Texte und Aquarelle.
HSB-Verlag, Stuttgart 2011
85 Seiten, 42 Aquarelle, 19,90 Euro
<im_68382>Schloss Sanssouci</im_68382>Abbildungen zu Fontanes Textlandschaften zu finden, ist ein schwieriges Unterfangen. Denn Fontanes Texte selbst liefern sehr vielfältige Anschauungen, sie haben den Anspruch, Bilder von der Landschaft für Leser zu vermitteln, die selbst nicht dort gewesen sind. Von daher ist es für den Aquarellisten nicht leicht, die größte Tücke zu vermeiden: Fontanes Bilder nämlich einfach zu reproduzieren, also eine landläufige "Bebilderung" herkömmlicher Art. Die Technik des Aquarells kommt dem Vorhaben, den Texten eine zusätzliche Dimension hinzuzufügen, allerdings sehr entgegen: Das leicht Verwaschene und Verschwommene erzeugt so etwas wie Traumgespinste und Traumlandschaften. Sie bebildern nicht die Beschreibungen Fontanes, sondern ausschließlich jene Sehnsucht, die heute beim Lesen von Fontanes Texten entsteht.
Manchmal zeigt Gaudeck die Landschaft auch zu einer anderen Jahreszeit als Fontane, dann ist der "andere Blick" sofort deutlich. Aber solche auffälligen Fingerzeige braucht es gar nicht. Es ist interessant, die konkreten Werke zu vergleichen. Einmal beschreibt Fontane im Ruppiner Land ein "Luch im Wald": "Elsengebüsch, zu drei und vier eine Gruppe bildend, umschreibt einen weiten Kreis; in der Mitte halb überschwemmtes Wiesenland, voll Binsen, wo das Wasser steht und voll weidendem Vieh, wo trockener Grund das Wasser überragt." Das ist äußerst detailliert und wirkt wie eine klassische Bildvorlage. Gaudeck macht jedoch etwas Anderes daraus. Er lässt das Vieh weg und beschränkt sich auf schemenhafte Bäume und Sträucher, die eine weiß-bläulich schimmernde und an den Rändern nicht genau konturierte Wasserfläche umfassen – tonangebend sind die fließenden, verschwimmenden Farben, die aus Fontane jenen Impressionismus hervorholen, den er zwischen den Zeilen anlegt. Ein kleines, lichtes Reisebuch.
Besprochen von Helmut Böttiger
Theodor Fontane/Hans-Jürgen Gaudeck: Fontane-Land. Texte und Aquarelle.
HSB-Verlag, Stuttgart 2011
85 Seiten, 42 Aquarelle, 19,90 Euro