Bedingungsloses Grundeinkommen

Geld vom Staat für alle? - Pro & Contra

Ein Mann lässt in der staatlichen Münze Baden-Württemberg frisch geprägte Zwei-Euro-Stücke in eine Wanne ab.
Geldregen oder Freikaufsgebühr der Wohlhabenden - Debatte um das bedingungslose Grundeinkommen © dpa
Moderation: Matthias Hanselmann |
Ein jeder könne sich so ganz einfach besser verwirklichen, behaupten die Anhänger des bedingungslosen Grundeinkommens. Kritiker halten dagegen: "Kommunismus im Kapitalismus? - Das klappt nicht!" Ein Streitgespräch.
1000 Euro, jeden Monat, für jeden Bürger – ohne Gegenleistung: Die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens sorgt immer wieder für Diskussionen. Die Befürworter sehen in ihr die Chance einer gerechteren Gesellschaft und Arbeitswelt; Kritiker halten sie für eine teure Utopie, unfinanzierbar und unsolidarisch.
"Ich finde das Grundeinkommen eine gute Idee, weil es für mich eine Antwort auf die Digitalisierung ist", sagt Michael Bohmeyer vom Verein Mein Grundeinkommen e.V..
"Der Sozialstaat war die Antwort auf die Industrialisierung, aber diese alten Mechanismen von gewerkschaftlicher Organisation, Einheitstarifen und Vollbeschäftigung - all das funktioniert nicht mehr in einer digitalen Gesellschaft. Wir brauchen neue, flexiblere, menschenfreundliche Alternativen – und da kenne ich bisher nur das Grundeinkommen."

Andere streiten darüber, er macht es

Worüber andere streiten, probiert der Internetunternehmer seit nunmehr drei Jahren aus. 2014 hat er den Verein gegründet und verlost seither ein Grundeinkommen von 1000 Euro monatlich, ein Jahr lang bedingungslos - ob an Erwachsene oder Kinder. Das Geld sammelt der Verein über Spenden ein; bisher wurden mehr als 80 Grundeinkommen ausgezahlt.
Bohmeyer, Anfang 30, hat auch eigene Erfahrungen: er bezieht ein Grundeinkommen aus seiner Firma. Seine Überzeugung:
"Wenn jeder das macht, was er am besten kann und was ihm am meisten Spaß macht, profitiert am Ende die ganze Gesellschaft davon. Unabhängigkeit macht nicht zwangsweise faul. Ich arbeite jetzt mit dem Grundeinkommen länger und für weniger Geld als zuvor – dafür aber mit Herz."

Grundeinkommen - ein verführerisches Gift

"Das Grundeinkommen ist ein verführerisches Gift", sagt Prof. Dr. Anke Hassel, Wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung.
"Es nutzt den Rändern der Gesellschaft auf Kosten ihrer Mitte. Für Bedürftige und Langzeitarbeitslose ist das Grundeinkommen eine Hilfe, weil es den Druck zur Arbeitsaufnahme nimmt und die unangenehmen Seiten der Aktivierungspolitik beseitigt. Die Reichen wird es voraussichtlich nicht mehr kosten als bisher und ihnen zugleich ihr soziales Gewissen erleichtern. Steigende soziale Ungleichheit wäre dann kein gesellschaftlicher Skandal mehr, da alle ja ein Auskommen haben, liege es auch nahe an der Armutsgrenze."
Die Welt werde dadurch eher noch ungerechter. Zudem sei überhaupt nicht klar, woher das Geld dafür kommen solle.
Die Mahnung der Wirtschaftswissenschaftlerin: "Es wäre das größte finanzielle Wagnis in der neueren Geschichte, wenn das Sozialsystem radikal auf ein Grundeinkommen umgestellt würde."

Geld vom Staat für alle? Pro & Contra bedingungsloses Grundeinkommen
Darüber diskutiert Matthias Hanselmann von 9.05 bis 11 Uhr mit Anke Hassel und Michael Bohmeyer. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 00800 2254 2254, per E-Mail unter gespraech@deutschlandradiokultur.de – sowie auf Facebook und Twitter.

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