Beethoven: Klaviertrio op. 1 Nr. 3 und Streichquintett op. 104

Kühner Erstling und reifer Nachzügler

Der Titan: So sah die Nachwelt Ludwig van Beethoven, hier im Heiligenstädter Park in Wien. Manchmal galt dieser grimmige Blick auch Zeitgenossen wie Joseph Haydn
Der Titan: So sah die Nachwelt Ludwig van Beethoven, hier im Heiligenstädter Park in Wien. Manchmal galt dieser grimmige Blick auch Zeitgenossen wie Joseph Haydn © imago / CHROMORANGE
Gast: Ulf Schneider, Geiger; Moderation: Mascha Drost |
Porträt des Künstlers als junger Mann: Mit seinen Klaviertrios Opus 1 betritt Ludwig van Beethoven das offizielle Podium als Komponist. Sein frühes Meisterwerk, das Trio in c-Moll, begleitete ihn ein Leben lang: er bearbeitet es viel später zu einem Quintett.
Diese Zahl ist symbolträchtig, wenngleich irreführend: Das Opus 1 begründet das Schaffen Ludwig van Beethovens. Einerseits. Andererseits hatte Beethoven natürlich schon vor dem Erscheinungsjahr 1795 komponiert – und sogar publiziert: Gerade einmal elf Jahre war er alt, als mit den Neun Variationen über einen Marsch von Ernst Christoph Dressler für Klavier sein erstes Werk im Druck erschien.

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Beethovens Bonner Heimat war damals zwar eine bedeutende Residenzstadt, aber eben doch kein Vergleich zu dem Wien, in dem sich der inzwischen berühmte Klaviervirtuose an der Schwelle zum 19. Jahrhundert befand.

Haydns Sorge

Entsprechend groß kündigt Beethoven dort sein nunmehr offizielles Opus 1 an, eine Sammlung von drei Klaviertrios. Besonders stolz ist er auf den dritten Beitrag, ein kühnes Werk in c-Moll, eine seiner Lieblingstonarten, zu finden nicht nur in den frühen Dressler-Variationen, sondern auch in Hauptwerken wie dem Dritten Klavierkonzert oder der Fünften Sinfonie.
Doch nach der Uraufführung nimmt ihn sein verehrten Lehrer Joseph Haydn zur Seite, lobt die ersten beiden Trios – aber von der Veröffentlichung des letzten rät er ihm ab.
Beethoven deutete das so, dass Haydn neidisch und eifersüchtig sei, es böse meine – dabei wollte dieser seinen genialen Schüler einfach nur vor einer Enttäuschung bewahren. Denn Haydn war sich sicher, dass dieses ungestüme c-Moll-Trio das Publikum überfordern würde.

Beethovens Triumph

Doch bisweilen irrt auch ein Haydn. Ausgerechnet das Trio op. 1 Nr. 3 "gefiel am meisten" und "brachte die größte Wirkung hervor", wie es in zeitgenössischen Berichten heißt.
Anlass genug, dieses Werk genauer zu betrachten und ihm noch ein Fundstück an die Seite zu stellen, nämlich Beethoven Streichquintett op. 104, sein einziger Beitrag zu dieser Gattung. Warum? Es handelt sich hier schlichtweg um das gleiche Material, um eine Bearbeitung Beethovens aus dem Jahr 1817.
Geigengipfel: Isaac Stern 1980 an seinem 60. Geburtstag mit Itzhak Perlman und Pinchas Zukerman (v.l.n.r.), im Vordergrund der Dirigent Zubin Mehta. Alle drei Geiger haben Beethovens Opus 1 mit ihren Ensembles interpretiert
Geigengipfel: Isaac Stern 1980 an seinem 60. Geburtstag mit Itzhak Perlman und Pinchas Zukerman (v.l.n.r.), im Vordergrund der Dirigent Zubin Mehta. Alle drei Geiger haben Beethovens Opus 1 mit ihren Ensembles interpretiert© imago / United Archives International
Unser Studiogast gehört zu den selten anzutreffenden Musikern, die mit diesem Werk in beiden Fassungen vertraut sind: Der Geiger Ulf Schneider ist Professor an der Musikhochschule Hannover, Geiger im Trio Jean Paul und im Bartholdy Quintett und kennt die Herausforderungen von Beethovens Kammermusik genau.
Mit dieser Sendung über den jungen Komponisten nähert sich die ganzjährige Beethoven-Reihe der "Interpretationen" ihrem Ende. In der kommenden Woche, kurz vor dem Stichtag zum Beethoven-Jubiläum, wird es abschließend um eines seiner späten Meisterwerke gehen: die Neunte Sinfonie.
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