Beethoven und die Popmusik

Heavy Rotation im Grab

05:38 Minuten
Lächelnde Beethoven-Statuen, ein Kunstwerk des Konzeptkünstlers und Bildhauers Ottmar Hörl, stehen auf dem Münsterplatzin Bonn.
Was hätte Beethoven wohl zu den Pop-Interpretationen seiner Werke gesagt? Vielleicht wäre er bei manchem Lied froh drum gewesen, gehörlos zu sein. © picture alliance/dpa/Rolf Vennenbernd
Von Jenni Zylka |
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Beethoven hat auch in der Popmusik seine Spuren hinterlassen: im Rock’n’Roll, im Disco-Funk, im Hip-Hop. Mal diente der Altmeister nur als Inspiration, mal wurde dreist geklaut. Aber immer war es von Vorteil, dass er keine Tantiemen bekommt.
"You know my temperature’s risin’
And the jukebox’s blows a fuse
My heart’s beatin’ rhythm
And my soul keeps singing the blues
Roll over Beethoven
And tell Tchaikovsky the news"
"Roll over, Beethoven, and tell Tschaikovsky the news", Beethoven soll doch im Grab rotieren, und Kollege Tschaikowski erst recht: So weit Chuck Berry, der sich und seinen Rock’n’Roll 1956 ganz klar über den größten Komponisten der Wiener Klassik und Wegbereiter der Romantik stellte. Doch eigentlich schwang meist angemessen Respekt mit, wenn Musiker aus dem Rock- und Popbereich sich mit dem Genie Beethovens beschäftigten.

Aus Mondscheinsonate wird "Because"

Die Beatles, namentlich John Lennon, ließen sich 1969 von Beethovens Mondscheinsonate inspirieren. Er habe seiner Ehefrau Yoko Ono zugehört, als sie die hochemotionale Fantasie auf dem Klavier spielte, aus der Idee der arpeggierten Akkorde sei der Song "Because" entstanden. Und das hört man, sogar die Tonart, cis-Moll, ist die gleiche.
Aber man kann die düstere Wucht, die in fast sämtlichen Kompositionen Beethovens lauert, auch einfach ignorieren und um sie herumtanzen. So wie das der US-amerikanische Komponist, Arrangeur und Musiker Walter Murphy 1976 in seinem größten Hit wagte. "A Fifth of Beethoven" zeigt die bekannteste Sinfonie des Künstlers, vielleicht sogar das berühmteste musikalische Motiv der gesamten Klassik in einem geschmacklich nicht unumstrittenen Disco-Outfit.
Das wiederum tatsächlich zum Rotieren in einem gewissen Grab führen könnte. Allerdings bestimmt nicht in dem von Walter Murphy: Seine Version schaffte es 1977 sogar auf den Soundtrack des Discofilms "Saturday Night Fever".

Songwriter-Credits für Beethoven

1984 klaute ein nach Eigenaussage echter Beethoven-Fan diese wunderschöne Melodie aus dem Adagio cantabile der Klaviersonate Nummer 8 in c-Moll, die unter dem Namen "Pathétique" bekannt wurde.
Billy Joel nutzte die Notenfolge für den Refrain seines Songs "This Night" – und schrieb den Namen Ludwig van Beethoven neben seinen eigenen in die Songwriter-Credits des Albums. Eine schöne Geste – und sieht zudem gut aus. Einen echten Megahit bescherte ihm die Idee allerdings nicht – immerhin wollte Beethoven keine Tantiemen mehr.
Und das kann man natürlich sofort an der Silbe erkennen: "Ode to Joy", die Ode an die Freude, der vierte Satz aus Beethovens 9. Sinfonie in d-Moll, hier mehrstimmig aber einsilbig interpretiert von Beaker, dem Assistenten von Prof. Dr. Honigtau Bunsenbrenner aus der "Muppet Show". Vielleicht ist das sogar die bessere Cover-Version des Chorhits – immerhin eindeutiger als die folgende, 2002 entstandene nur notdürftig als "Road to Joy" verkleidete Variante der Folkband Bright Eyes.

Rapper sampelt "Für Elise"

Das ist allerdings wirklich hübsch: So clever wie der Rapper Nas ein Sample aus Beethovens wohl populärstem Klavierstück "Für Elise" in diesem 2002 produzierten Song mit dem selbstermächtigenden Inhalt seiner Lyrics verbindet, und den kindlichen Stimmen mit "I know I can" anheim stellt, durch genug Übung eben auch Meister werden zu können, das hätte dem alten Meister gefallen. Bestimmt. Oder jedenfalls ... vielleicht.
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