Lenora - Martina Janková, Sopran
Mutter - Pavla Vykopalová, Sopran
Vilém - Jiří Brückler, Bariton
Erzähler - Wojciech Parchem, Tenor
Tschechischer Philharmonischer Chor Brünn
Philharmonisches Orchester Brünn
Leitung: Dennis Russell Davies
Anton Reichas "Lenora" in Brünn
Er ist genauso alt wie Beethoven und war mit ihm befreundet - in Brünn gab es jetzt die dramatische Kantate "Lenora" des tschechischen Komponisten Antonín Rejcha. Dennis Russell Davies leitete den Chor und das Orchester der Philharmonie Brno.
"Grand musica tableau" nennt sich diese große Kantate "Lenora" nach Gottfried August Bürgers gleichnamiger Ballade, die der tschechische Komponist Anton Reicha (Antonín Rejcha) um 1805 in Wien komponiert hat. Reicha wurde wie Beethoven im Jahr 1770 geboren, allerdings in Prag, nicht in Bonn am Rhein. Doch das Schicksal wollte es so, dass Reicha noch als Teenager Kapellkollege seines zukünftigen Freundes Ludwig van Beethoven genau dort werden sollte.
Beethovens Kapellkollege
Denn der Vater Antonín, ein stolzer Stadtpfeiffer in einer in Westböhmen gelegenen Stadt, also Bläser im Dienste dieser Kommune, starb früh. Dass Antonín Musiker werden würde, stand wohl fest. Er kam zu seinem Onkel in die berühmte Kapelle des Fürsten Oettingen-Wallerstein in Nordschwaben. Joseph Reicha war dort Kapellmeister. Antonín machte alsbald als guter Flötist von sich reden und folgte seinem Onkel in die kurfürstliche Kapelle nach Bonn, die damals mächtig am Wachsen war.
Großer Lehrer in Paris
Doch die Zeiten zwischen Französischer Revolution und Napoleonischen Kriegen waren bekanntlich unruhig. Reicha arbeitete danach vier Jahre in Hamburg, versuchte dann sein Glück in Paris, scheiterte aber, weil er mit seinen Opern erfolglos blieb, lebte und komponierte einige Jahre in Wien und kehrte nach Paris zurück, wo er ab 1808 zunehmend Anerkennung fand vor allem mit seiner Bläsermusik und seinen pädagogischen Leistungen. Die meisten französischen Komponisten der ersten Jahrhunderthälfte waren seine Schüler: Berlioz, Franck, Gounod, Farrenc, Liszt und andere.
Berühmtes Buch
Die Ballade Gottfried August Bürgers "Lenore" war zu Zeiten Reichas und Beethovens europaweit in aller Munde. In ihr greift Bürger das Schicksal einer jungen Braut auf, die auf ihren Gatten Wilhelm wartet. Der war mit Friedrich dem Großen in den Siebenjährigen Krieg gegen die Habsburger gezogen: Der Krieg ist schon vor längerem beendet worden, doch Lenore wartet noch immer.
Sie beginnt mit Gott zu hadern und gibt allerlei Blasphemisches von sich. Lenores Mutter bittet den Allmächtigen um Erbarmen und fürchtet doch, dass es für ihre undankbar-lästerliche Tochter böse ausgehen könnte. Und so kommt es dann auch - Wilhelm kehrt als reitende Leiche zurück, als Geist, und entführt Lenore ins Totenreich.
Eine Art Horrorgemälde
Geschieht ihr Recht, meint der Balladendichter, für den die Welt damit ins Reine kommt. Dass er damit eine Art Horrorgenre begründet hatte, konnte Bürger nicht ahnen. Spuren der großen Faszination, die die Ballade auf Künstler mehrerer Sparten ausgeübt hat, gibt es in der bildenden wie der literarischen Kunst. Und eben auch in der Musik, wie Antonín Reicha mit seinem dramatischen Oratorium beweist.
Als repräsentativen Beitrag zum Beethoven-Jahr führten der famose Tschechische Philharmonische Chor in der Einstudierung von Petr Fiala und das Philharmonische Orchester der mährischen Hauptstadt Brno dieses große, zu Unrecht unbekannte Werk Antonín Reichas nun auf.
Die Leitung übernahm Chefdirigent Dennis Russell Davies. In der Rolle der Lenora die bekannte Sopranistin Martina Janková, nicht nur ausgewiesene Fachfrau für die klassische Oper, sondern vielseitig aktiv auch im Bereich Lied und frühe Moderne.
Besední Dům Brno (Vereinshaus Brünn)
Aufzeichnung vom 7. Februar 2020
Aufzeichnung vom 7. Februar 2020
Antonín Reicha
"Lenora - Grand musical tableau" nach der Ballade von August Gottfried Bürger
"Lenora - Grand musical tableau" nach der Ballade von August Gottfried Bürger