Begegnungen mit Juan Allende-Blin

Die Kultur der Emigranten

Neben dem Turm der Kirche San Francisco in der Hauptstadt Santiago de Chile flattert die chilenische Flagge.
Neben dem Turm der Kirche San Francisco in der Hauptstadt Santiago de Chile flattert die chilenische Flagge. © picture-alliance / dpa / Udo Bernhart
Juan Allende-Blin, geboren 1928 in Santiago de Chile und seit 1951 in Deutschland lebend, ist nicht nur ein wichtiger Komponist der Nachkriegs-Avantgarde, sondern auch Musikpublizist, Forscher, (Wieder-)Entdecker, Kurator von Konzerten. In sechs Folgen der Reihe "Begegnungen" erzählt Juan Allende-Blin über sein Leben in Chile und Deutschland, über seine Werke und seine musikalische Ästhetik, aber auch über sein Wirken als Kurator und Forscher.
Als Komponist steht Juan Allende-Blin in der Tradition der Wiener Schule um Arnold Schönberg, realisiert darüber hinaus aber auch Hörspiele und Klangkunst. 1983 erhielt er dafür den renommierten Karl-Sczuka-Preis. Er vervollständigte Claude Debussys Opernfragment 'La chûte de la maison d'Usher', aber schrieb auch Chansons in der Tradition des großen Berliner Cabarets der 1920er-Jahre. Lebenslang setzte er sich für die von den Nazis oder dem Stalinismus verfemten Komponisten ein. So geht die Wiederentdeckung des russischen Futurismus maßgeblich auf seine Initiative zurück.
Im Zentrum der ersten Folge der "Begegnungen" steht die Kindheit und Jugend in Santiago de Chile. Allende-Blin wächst in einem liberalen, bildungsorientierten Elternhaus auf. Er stöbert durch die Antiquariate seiner Heimatstadt, lernt begierig Neues kennen. Oft sind zu Hause Künstler eingeladen, und oft sind es Emigranten aus Europa, vertrieben von den Nazis und dem zweiten Weltkrieg. Es sind Musiker wie Claudio Arrau oder Hermann Scherchen, aber auch Literaten, Tänzer, Choreographen. Das expressionistisch zugespitzte Tanztheater des "ballet Jooss", das 1933 ins Exil gehen musste, begeistert ihn, mit dem Choreographen Jean Cébron verbindet ihn eine tiefe Freundschaft.
Von seinem Onkel erhält er ersten Kompositionsunterricht, zum einflussreichen Lehrer wird dann Fré Focke. Ende der 1940er Jahre entstehen die ersten größeren Werke – und bilden zugleich den Abschluss seiner Jahre in Chile. 1951 verlässt Juan Allende-Blin seine Heimat und emigriert nach Deutschland.
Begegnungen mit dem Komponisten Juan Allende-Blin (1/6)
Kindheit und Jugend in Santiago de Chile, Übersiedlung nach Deutschland
Frank Schneider und Rainer Pöllmann im Gespräch mit Juan Allende-Blin
(Teil 2 am 2. März 2016)
Juan Allende-Blin
"Mi desamparo" für Mezzosopran und Klavier (1947/1948)
(Text: Angel Cruchaga)
Truike van der Poel, Mezzosopran
Martin von der Heydt, Klavier
Pedro Humberto Allende-Saron
Tonada XII für Klavier
Oscar Garcitúa, Klavier
Claude Debussy
"Poissons d’or" aus "Images" für Klavier
Ricardo Vines, Klavier
Igor Strawinsky
"Danse russe" aus "Petruschka" in einer Bearbeitung für Klavier
Claudio Arrau, Klavier
Fré Focke
"Tombeau de van Gogh" für Klavier
Fré Focke, Klavier
Juan Allende-Blin
"Transformations I" für Klavier, Bläser und Schlagzeug (1951)
André Krust, Klavier
hr-Sinfonieorchester
Leitung: Juan Pablo Izquierdo
Juan Allende-Blin
"O Brunnenmund" aus "Drei Rilke-Lieder" (1951)
Ingrid Schwerin, Sopran
Gerhard Gregor, Klavier