Schach-Weltmeisterschaft

Duell der Freunde

04:44 Minuten
Collage mit den Schachprofis Jan Nepomnjaschtschi (links) und Magnus Carlsen (rechts).
Schon als Dreikäsehochs gegeneinander gespielt: Jan Nepomnjaschtschi (links) und Magnus Carlsen (rechts). © imago / ITAR-TASS
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Bei der am Mittwoch beginnenden Schach-WM treffen zwei Spieler aufeinander, die sich seit ihrer Kindheit kennen und sich freundschaftlich zugewandt sind. Wegen der spielerischen Brillanz der beiden könnte dies eine besonders spannende WM werden.
In maximal 14 Partien wird ab Mittwoch in Dubai der neue Schachweltmeister ermittelt. Der amtierende Weltmeister Magnus Carlsen (Platz 1 der Weltrangliste) trifft auf seinen Herausforderer Jan Nepomnjaschtschi (Platz 4 der Weltrangliste), der das Kandidatenturnier mit seinem fantasiereichen und unberechenbaren Spielstil gewann.
Zwei Besonderheiten prägen das Aufeinandertreffen: Die beiden kennen sich seit der Kindheit und haben damals auch schon gegeneinander gespielt. Und: Sowohl damals als auch aktuell in ihrer Profikarriere hat Nepomnjaschtschi als einer der wenigen Spieler auf der Welt gegen das Genie Carlsen eine positive Bilanz vorzuweisen.

Der ehemalige Mitstreiter ist jetzt der Gegner

Seit ihrer ersten Begegnung bei einem U12-Turnier sind sie sich freundschaftlich verbunden und haben auch zusammen trainiert. Nepomnjaschtschi half Carlsen immer wieder auf dessen Weg zum Schachweltmeister. Auch bei seiner ersten WM-Titelverteidigung 2014 fragte Carlsen Nepomnjaschtschi um Rat, erinnert sich dessen Trainer Wladimir Potkin:
"Sie haben über Schach diskutiert, gespielt und über Strategien für die nächsten Runden diskutiert. Es ist normal, dass Schachprofis sich Unterstützung von anderen Profis suchen. Aber wahrscheinlich hätte Magnus nicht erwartet, dass er eines Tages bei einer WM gegen Jan antreten würden."
Porträt von Vladimir Potkin.
Vladimir Potkin, Freund und Trainer von Ian Nepomniachtchi.© Yves Bellinghausen
Der Kabarettist Matthias Deutschmann, der früher badischer Schach-Jugendmeister, Kaderspieler des Deutschen Schachbundes und Bundesligaprofi war, sieht Carlsen in der Favoritenrolle, weil er sehr sicher spiele und kaum Formschwankungen beim "mentalen Kampfsport" habe. Beim Schach spiele die Bereitschaft, aggressiv zu sein und anzugreifen, eine große Rolle. Er selber sei ein sehr aggressiver Spieler gewesen, sagt Deutschmann.
Kabarettist Deutschmann

Kabarettist Matthias Deutschmann zur kulturellen Bedeutung des Schachspiels

21.11.2021
06:57 Minuten
"Aber Schach ist natürlich auch ein Probierstein des Geistes, wie es Lessing beschrieben hat, bei dem man sich ausprobieren kann, das eigene Gehirn trainieren kann."

Schach kann zu Kunst werden

Falls es bei der anstehenden WM nach den regulären Partien Unentschieden stehen sollte und man dann zum Schnellschach (mit einer Viertelstunde Bedenkzeit) wechselt, bleibe Carlsen der Favorit: "Im Schnellschach ist er unangefochten, mit weitem Vorsprung, die Nr. 1 in der Welt. Das ist seine Super-Disziplin", sagt Deutschmann.
Kabarettist Matthias Deutschmann bei einem Auftritt auf der Bühne gestikulierend.
Kabarettist Matthias Deutschmann wünscht sich, dass Schach als Weltkulturerbe angenommen wird.© picture alliance / dpa / Georg Wendt
Nepomnjaschtschi hat sich erst in den vergangenen Jahren zu einem ernstzunehmenden Anwärter auf den Weltmeister-Titel entwickelt. Er gilt als genialer Spieler mit außergewöhnlicher Kreativität, der aber manchmal unkonzentriert wirkt und nicht alles aus seinen Möglichkeiten herausholt.
Genau diese Vielfalt an Möglichkeiten sei es, die ihn immer wieder an diesem Spiel faszinierten, sagt Deutschmann, denn niemand könne das Spiel ganz verstehen. "Selbst mit allen Computern der Welt wird man es nicht ganz aufklären können." In den besten Momenten könne es sogar zu Kunst werden. Wenn ein überzeugender Angriff im Schach nicht mehr vom Gegner widerlegt werden könne, sei dies ein bisschen wie eine gute Pointe beim Kabarett, der man auch nicht ausweichen könne.
"Es gibt nicht nur den Nachdenkprozess, das genaue Kalkulieren, das natürlich mit großer Ökonomie betrieben werden muss, sonst geht man unter. Es gibt auch das intuitive Spielen. Gerade wenn man sein Leben lang gespielt hat, entwickelt man ein Gefühl dafür."
Magnus Carlsen und sein Vater Henrik Carlsen posieren für ein Foto während einer Pressekonferenz in Stockholm, 2020.
Magnus Carlsen und sein Vater Henrik Carlsen. Henrik Carlsen glaubt, dass Nepomnjaschtschi nicht mehr das chaotische Genie ist.© imago / Bildbyran / Johanna Lundberg
Magnus' Vater Henrik Carlsen glaubt, dass Jan Nepomnjaschtschi nicht mehr das chaotische Genie ist, wie er ihn noch vor ein paar Jahren wahrnahm: "Er ist reifer geworden und er wird schwer zu schlagen sein. Es wird eins der brillantesten Duelle in der Schachgeschichte, da bin ich mir ziemlich sicher."
(rja / Mit Material von Yves Bellinghausen)

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