Begleitung sterbender Menschen

"Wir brauchen Palliativberatung in Krankenhäusern"

Petra Anwar im Gespräch mit Anke Schaefer und Christopher Ricke |
"Wir sprechen über Sterbehilfe, ohne dass die Menschen über die Möglichkeiten der Palliativmedizin ausreichend informiert sind", sagt die Berliner Ärztin Petra Anwar. Nach Meinung der Medizinerin kommt die Debatte über Sterbehilfe daher zu früh.
Zunächst müssten die Patienten über Palliativmedizin - also die ärztliche Versorgung sterbender Menschen - aufgeklärt werden, betonte sie im Deutschlandradio Kultur. Und dann könne man gucken, "ob wir Sterbehilfe überhaupt noch brauchen".
Zum Rechtsanspruch auf eine Palliativberatung, der nach Wunsch von Gesundheitsminister Hermann Gröhe und heutigem Kabinettsbeschluss Gesetz werden soll, sagte sie:
"Ich denke, dass die Patienten in den Krankenhäusern eine Palliativberatung brauchen. Zur Krankenkasse zu gehen setzt ja voraus, dass ich das Wort Palliativmedizin schon mal gehört habe. Und dann gehe ich dahin und sage: 'Ich möchte eine Palliativberatung.' Aber in der Regel ist das ja so, dass die Patienten gar nicht wissen, was Palliativmedizin ist."
Palliativmedizin auf dem Land "eigentlich noch gar nicht etabliert"
Es fehle aber auch bei der medizinischen und pflegerischen Versorgung sterbender Menschen noch an ausreichenden Strukturen. In den meisten ländlichen und strukturschwachen Gebieten sei Palliativmedizin "eigentlich noch gar nicht etabliert", so Anwar. Zudem seien Pflegekräfte zu schlecht bezahlt:
"Palliativmedizin bedeutet ja auch, dass verschiedene Professionen zusammen arbeiten, und da gehört einfach auch die Pflege dazu. Und das ist sicher auch ein Bereich, der absolut unterbezahlt ist und wenig lukrativ ist."
Anwar betonte, dass auch sterbende Menschen bis zuletzt Hoffnung hätten – etwa auf den nächsten Tag. Die Hoffnung sterbe zuletzt.
"Es ist auch trotzdem so, dass die Patienten immer noch eine Hoffnung in sich tragen und trotzdem wissen, dass die sterben werden. Das geht beides nebeneinander."
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