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Heute spricht Chodorkowski über seine Zukunft
Ausgerechnet im Berliner Mauermuseum gibt Michail Chodorkowski heute Mittag eine mit Spannung erwartete Pressekonferenz. Inzwischen wurden neue Details über die Freilassung des Kreml-Kritikers bekannt.
Nach zehn Jahren Haft stellt sich der Kreml-Kritiker Michail Chodorkowski an diesem Sonntag der internationalen Presse. Im Berliner Mauer-Museum will er sich ab 13 Uhr zu seinen Zukunftsplänen äußern. Das Medien-Interesse ist enorm. Mehrere Fernsehsender wollen die Pressekonferenz live übertragen - auch nach Russland.
Russlands Präsident Wladimir Putin hatte Chodorkowski am Freitag überraschend begnadigt. Nach seiner Freilassung aus einem russischen Straflager reiste der 50-Jährige nach Berlin. Im Hotel Adlon traf er am Samstag seine Eltern und seinen ältesten Sohn.
"Das Wichtigste ist jetzt: Freiheit, Freiheit, Freiheit"
Über die weiteren Pläne des einst reichsten Mannes Russlands ist bisher nichts bekannt. Der 50-Jährige hat ein Visum, mit dem er ein Jahr in Deutschland bleiben kann. Chodorkowskis Frau Inna lebt in der Schweiz. Das Paar hat gemeinsame Kinder. Der älteste Sohn Pawel stammt aus seiner ersten Ehe.
"Nach zehn Jahren jetzt ist das ein unglaubliches Gefühl der Freiheit", sagte Chodorkowski in einem kurzen Anruf bei der kreml-kritischen Zeitschrift "The New Times" in Moskau, die für er aus dem Straflager heraus als Autor gearbeitet hatte. "Das Wichtigste ist jetzt: Freiheit, Freiheit, Freiheit."
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sieht nun eine gute Grundlage für weitere Gespräche mit Russland. "Unabhängig davon, was die Motive waren, es sind gute Entscheidungen, die in Moskau in den letzten Tagen gefallen sind", sagte er dem "Tagesspiegel am Sonntag".
Andere Politiker zeigten sich skeptisch, ob die Freilassung Chodorkowskis einen Kurswechsel in der russischen Politik darstelle. Eine Begnadigung könne rechtsstaatliche Verfahren nicht ersetzen, sagte der CDU-Abgeordnete Andreas Schockenhoff der "FAS". "Es gibt zahlreiche weitere Fälle politischer Justiz in Russland. Wir hoffen, dass es hier eine Veränderung gibt."
Die Grünen-Politikerin Marieluise Beck sagte dem Blatt: "Bei aller Freude ist das Schwierige an einem Gnadengesuch, dass derjenige, der eine Geisel genommen hat, jetzt den Dank für die Großzügigkeit der Freilassung bekommt." Das hinterlasse einen bitteren Nachgeschmack.
Genschers Geheimtreffen mit Putin
Unterdessen werden weitere Details über die Freilassung Chodorkowskis bekannt. Der ehemalige Außenminister Hans-Dietrich Genscher hat den Coup laut "FAS" in zwei Geheimtreffen mit Putin vorbereitet. Demnach traf Genscher den russischen Präsidenten zu einem persönlichen Gespräch im Juni 2012 auf dem Berliner Flughafen Tegel. Das Treffen habe unbemerkt von der Öffentlichkeit stattgefunden.
Das Kanzleramt und der Botschafter in Moskau, Ulrich Brandenburg, hätten dafür gesorgt, dass Genschers Vorschläge bei Putin ankamen, berichtete die "FAS". Anfang des Jahres habe Genscher Putin in der Angelegenheit ein zweites Mal getroffen, diesmal in Moskau. Vor etwa zwei Monaten erwartete er demnach bereits, dass Chodorkowski freikommen könnte.
In einem Gespräch mit einer russischen Journalistin lobte Chodorkowski am Sonntag Genschers Rolle bei seiner Freilassung. Für solche Verhandlungen sei jemand nötig gewesen, der sowohl für Kremlchef Wladimir Putin vertrauenswürdig gewesen sei als auch für ihn selbst, sagte er. Genscher trug demnach entscheidend dazu bei, dass das Gnadengesuch an Putin kein schriftliches Schuldeingeständnis beinhaltete, auf das der Präsident stets Wert gelegt hatte.
twa mit dpa/afp