Begriffe im Sport

Müssen Profifußballer angezündet werden, damit sie brennen?

02:43 Minuten
Spieler des Fußball-Derbys Hertha BSC Berlin gegen 1.FC Union Berlin vor Feuerwerk in der Ostkurve
Oft wünschen sich Trainer von ihren Spielern, dass sie "brennen" - und auf den Rängen zünden Anhänger Pyrotechnik (wie hier beim Berliner Derby zwischen Hertha und Union im April 2022). © dpa / picture alliance / O. Behrendt
Von Heinz Schindler |
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Box, Crunch Time, Lucky Punch: Im Sport liegt derzeit englisch-deutsches Vokabular im Trend. Doch immer wieder tauchen auch Begriffe auf, die eine andere Bedeutung haben als in ihrem Ursprung. Unser Autor wünscht sich deshalb mehr Sensibilität.  
Menschen anzünden, damit sie brennen. In der Regel junge Männer zwischen 20 und Mitte 30. Ich erzähle gerade nicht aus dem Krieg gegen die Ukraine oder einem der anderen auf der Welt. Aber so klingt es im Vorfeld eines Spieltags, ganz egal in welcher Sportart oder Liga. Die aktuelle Rhetorik von Trainern, wenn es um die Motivation ihrer Mannschaften geht.
Ich brauche gar keine bewaffneten Konflikte dafür, dass mich diese Wortwahl befremdet. Sie tut es nur noch mehr, da zwei oder drei Flugstunden von uns entfernt Menschen um ihr Leben bangen, und wir mit deren Schicksal permanent konfrontiert werden.
Und ja, ich weiß, es sind nur Metaphern dafür, eine Mannschaft mitreißen zu wollen. Emotionale Anschubhilfe zu geben für die Selbstverständlichkeit, das nächste Spiel gewinnen zu wollen.

Auch "Bomben" und "Granaten" waren Metaphern

Aber Metaphern – das waren einst auch die „Bomben“ und „Granaten“, so wurden Torschüsse bezeichnet, Gerd Müller wurde zum „Bomber der Nation“. Auswärtsfans nannte man „Schlachtenbummler“ und Stadien hießen manchmal auch „Kampfbahn“.
Wenn ein Spiel die Zuschauer besonders in seinen Bann zog, dann hätten die gucken können „bis zur Vergasung“. Ein Bild, das einen heute noch schaudern lässt. Lassen sollte. Uns hierzulande ganz besonders.
Gerd Müller bei der Fußball-WM 1974
Gerd Müller galt als "Bomber der Nation".© dpa / picture alliance / Schnoerrer
Zu Recht wurde von Vielen die Kriegsrhetorik im Sport kritisiert. Erfolgreich, denn irgendwann schien sie verschwunden; ebenso wie der Sport nicht mehr als Ersatzkrieg wahrgenommen wurde.

Warten auf den Aufschrei

Und nun warte ich auf den Aufschrei all derer, die täglich mit der Goldwaage unterwegs sind, um die Wirkung von Worten und Gesten auszuloten, nun, da es ums „Anzünden“ und „Brennen“ geht.
Allerdings waren die auch stumm, als für den Mittelstürmer einer Mannschaft vor ein paar Jahren gern das Synonym „Sturmführer“ verwendet wurde. Der war übrigens dort unterwegs, wo gerade die Bomben fallen. Aber das ist eine andere Geschichte. Eine, die auch in der Sportsprache nicht wieder aufleben sollte.
Und wenn diejenigen, die ihre Spieler unbedingt „anzünden“ wollen – etwa, bis diese ausgebrannt sind? - sich außerstande sehen, ihre Rhetorik zu überdenken: Lassen wir sie doch damit allein, übernehmen wir diese Wortwahl einfach nicht und verpassen ihnen so, um das Bild aufzunehmen, einen Eimer kaltes Wasser. Manch einem hat das schon geholfen.
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