Tenharim Madarejúwa und Thomas Fischermann: "Der letzte Herr des Waldes.
Ein Indianerkrieger aus dem Amazonas erzählt von der Zerstörung seiner Heimat und den Geistern des Urwalds"
München 2018, Verlag C.H. Beck
205 Seiten, 19,95 Euro
"Ihr müsst von uns lernen!"
Mehrmals hat Thomas Fischermann die indigenen Tenharim im Amazonasgebiet besucht, deren Lebensraum bedroht ist. Aus der Perspektive des jungen Kriegers Madarejúwa schildert der Autor in "Der letzte Herr des Waldes" ein Leben zwischen Smartphone und Giftpfeil.
Nur noch knapp 1000 Menschen umfasst das Volk der Tenharim, das der Journalist Thomas Fischermann seit 2013 im brasilianischen Amazonasgebiet immer wieder besucht hat und dessen Lebensweise er in seinem Buch "Der letzte Herr des Waldes" schildert - aus der Ich-Perspektive des jungen Tenharim-Kriegers Madarejuwa.
Mit Smartphone und Giftpfeil durch den Urwald
Im Deutschlandfunk Kultur berichtete der "Zeit"-Reporter auch von den zahlreichen Widersprüchen, denen er bei seinen Reisen zu den Tenharim begegnet ist: etwa, dass vermeintlich Ungleichzeitiges wie Smartphone und Facebook auf der einen Seite und Bogen und Giftpfeil auf der anderen dort koexistieren.
"Viele tragen Smartphones, also sehr alte, kaputte Modelle durch den Wald", sagt Fischermann. Mangels Mobilfunkempfang könnten die Menschen diese Telefone jedoch nicht benutzen. "Also, das sind eher Trophäen, die sie da durch den Wald tragen."
Gleichzeitig würden die Menschen völlig anders, wenn sie in der Natur unterwegs seien: "Dann haben die ein Verhältnis zum Wald, eine Kenntnis vom Wald, die mich wirklich schockiert haben im positiven Sinne. Ich hätte mich da allein auch keine fünf Meter reingetraut, aber mit denen habe ich nach und nach gelernt, wie man da ganz ursprünglich leben kann."
Weder wild noch edel
Dennoch dürfe man nicht in die Falle tappen, die Tenharim als "edle Wilde" zu beschreiben. "Das sind keine Wilden und sie sind auch nicht edel. Das sind Menschen, die in einem völlig anderen gesellschaftlichen System funktionieren und eine faszinierende, tiefe Beziehung zur Natur und auch zur Spiritualität der Natur haben und die darüber letztlich auch erzählen möchten."
Die Botschaft sei bei jedem Volk, mit der er dort in Kontakt gekommen war, die gleiche gewesen: "Ihr müsst von uns lernen! Wir müssen euch zivilisieren!"
Stattdessen sei das Territorium der Tenharim in Gefahr: Denn dort sei ein Geschäft von Großgrundbesitzern im Gange, die Holzfäller auf die Gebiete auch der Indigenen schickten und dann Rinderherden draufstellten. Dadurch würden unumkehrbare Verhältnisse geschaffen, betont Fischermann. "Und davor schützt die Tenharim kein Mensch."