Bei Kindern hört der Spaß auf

Von Andreas Lombard |
Ob der Staat homosexuellen Paaren das volle Adoptionsrecht einräumen soll, gilt als umstritten. Der Widerstand kommt vor allem aus der Union - zu Recht, meint der Verleger und Journalist Andreas Lombard.
Der Schriftsteller Mario Vargas Llosa sagte jüngst, alle Kulturen für gleichwertig zu halten, setze ein "kolossales Vorurteil" voraus. Ein Vorurteil? Unsere Vorurteile haben wir doch eben erst abgelegt! Nein, sagte Vargas Llosa, das neue Vorurteil entspringt gerade dem Wunsch, alle Vorurteile aus der Welt zu schaffen. Anders gesagt: Gleichwertigkeit gibt es nur bei geschlossenen Augen.

Gleichwertigkeit steht aber hoch im Kurs. Oder ist es nur eine Blase? "Stellt gleich, was gleich ist!", forderte vor Wochen ein offener Brief zur Homo-Ehe. Das Bundesverfassungsgericht verlangt die steuerliche Gleichbehandlung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Eine sexuelle Minorität gilt, weil es sie gibt, als gleichwertig. Wo steckt hier das "kolossale Vorurteil"?

Erinnern wir uns. "Homosexuell" nennen wir nicht die Vereinigung von Mann und Frau, sondern zweier Männer oder zweier Frauen. Unterschied Nummer eins. Aus der homosexuellen Verbindung entstehen keine Kinder. Unterschied Nummer zwei. Zugegeben, auch Männer und Frauen zeugen immer häufiger keine Kinder. Andererseits haben oft gerade die Leute Kinder, die ihre Sexualität gar nicht so wichtig finden.

Es gibt kein "Recht auf Kinder"
Jedes Kind hat einen biologischen Vater und eine biologische Mutter. Jedes Kind, selbst wenn es im Labor gezeugt wird, hat eine zweigeschlechtliche Abstammungslinie, für die es sich früher oder später lebhaft interessieren wird. Keine Gleichstellung von homosexuellen Partnerschaften kann daran etwas ändern, kein Adoptionsrecht und keine künstliche Befruchtung auf Staatskosten. Juristische "Elternschaft" kann die biologische nicht ersetzen. Unterschied Nummer drei.

Neuerdings heißt es aber, zwei Männer oder zwei Frauen hätten "ein Kind bekommen". Kaum wurde die fehlende Zeugungsfähigkeit als unerheblich ausgeklammert, weil sie die Fiktion von Gleichheit störte, wurde eine "Elternschaft" der faulen Tricks ausgerufen und ein "Recht auf Kinder", das es sinnvollerweise nicht gibt.

Das Adoptionsrecht war bislang für Kinder da - und nicht "für" eine Gruppe von Erwachsenen, von der niemand genau weiß, ob sie keine Kinder zeugen kann oder will. Das Verbot, gleichgeschlechtliche Paare zu benachteiligen, würde übrigens im Handumdrehen die Vergabepraxis auf den Kopf stellen. Homosexuelle Adoptionsbewerber dürften im Unterschied zu ihren Konkurrenten nicht abgelehnt werden, denn das wäre Diskriminierung.

Künstliche Befruchtung als größtes Problem
Händeringend gesucht werden übrigens nur Pflegeeltern. Egal, das Recht muss es richten. Auch wenn die schöne, neue Gleichheit hässliche Ungleichheiten zeugt.

Das größte Problem ist die künstliche Befruchtung. Ein homosexuelles Paar, das mit technischer Hilfe zu "Eltern" wird, hat einen Dritten im Bunde, der zurücktreten muss: den anderen biologischen Elternteil. Vater Samenspender oder Mutter Eizellspenderin, um von der Leihmutter ganz zu schweigen, überlassen dem zahlenden Elternteil und seinem gleichgeschlechtlichen Partner das Familienfeld.

Das Kind gleichgeschlechtlicher "Eltern" muss ein Elternteil entbehren. Auf dessen Platz wird ihm eine Person präsentiert, mit der es nichts zu tun hat. Ähnliches kennen wir von Kuckuckskindern, Scheidungskindern und Halbwaisen. Dort gilt es aber als trauriges Schicksal. Von nun an werden diese traurigen Kinderschicksale zwecks Gleichstellung von sexuellen Präferenzen vorsätzlich herbeigeführt – ein grausames Novum in der Geschichte der Menschheit.

Wie sagte Vargas Llosa? Das kolossale Vorurteil unserer Tage besteht darin, eine Sache, bloß weil es sie gibt, als gleichwertig anzusehen. Manche Kinder werden es in ihrer Entwicklung sehr schwer haben, nur weil Mama oder Papa nicht auf das andere Geschlecht "stehen". Oder nicht nur. Oder nicht mehr. Früher sagte man: "Bei Kindern hört der Spaß auf."


Andreas Lombard, geb. 1963 in Hamburg, studierte in Heidelberg und Berlin Germanistik, Philosophie und Geschichte. Von 1997 bis 2008 Mitarbeiter der Berliner Zeitung. 1999 erschien sein Buch "Scapa Flow. Die Selbstversenkung der wilhelminischen Flotte", 2010 "Mein jüdisches Viertel, meine deutsche Angst", 2013 "Wir sollen sterben wollen". 2005 Gründung des Landt-Verlags (www.landtverlag.de), seither Verleger in Berlin.
Andreas Lombard
Andreas Lombard© privat
Mehr zum Thema