Nato sendet richtige Signale an Russland
Die Nato will - trotz Protesten Russlands - Montenegro aufnehmen. Gleichzeitig soll der Nato-Russland-Rat reaktiviert werden. Warum die scheinbar widersprüchlichen Signale zusammenpassen, erklärt unsere Kommentatorin Annette Riedel.
Ja, spinnen die denn bei der Nato? Da denken sie einerseits daran, das Gremium zur Zusammenarbeit des Verteidigungsbündnisses mit Russland, den Nato-Russland-Rat, wieder zu aktivieren. Er liegt seit der Ukraine-Krise auf Eis. Und andererseits laden sie mehr oder weniger im gleichen Atemzug Montenegro ein, demnächst Nato-Mitglied zu werden. Damit würde ein Westbalkan-Land, das seinerzeit im Kalten Krieg zum Einflussgebiet Moskaus gehörte, 29. Mitglied des Transatlantischen Verteidigungsbündnisses.
Reißt man also bei der Nato provokativ und demonstrativ das hinten wieder ein, was man gerade vorsichtig vorne versucht mit Moskau wieder aufzubauen, weil man Moskau für den Kampf gegen die Terrormilizen des IS in Syrien braucht? So kann man es sehen. So ist erwartbar die Lesart des Kremls, der postwendend im vollzogenen Erweiterungsfall "Vergeltungsmaßnahmen" androht.
Die Kommentatorin sieht es anders. Die Nato kann sich von Dritten, selbst von einem gewichtigen Dritten wie dem russischen Präsidenten, nicht vorschreiben lassen, wen sie auf erklärten Wunsch hin in ihr Bündnis aufnimmt. Das Völkerrecht erkennt das Recht eines jeden Staates an, sich das Bündnis auszusuchen, dem er angehören möchte.
Die Nato erkennt den Beitrittswunsch an, knüpft aber an den Beginn von konkreten Verhandlungen immer Bedingungen. Eine der Entscheidenden: Ein Beitrittskandidat darf keine ungelösten Grenzkonflikte haben. Die haben beispielsweise Georgien und die Ukraine mit Russland. Und deshalb wollen zwar Georgien und die Ukraine, können aber auf absehbare Zeit nicht Nato-Mitglieder werden.
Signale passen zusammen
Zugegeben, es gibt innerhalb der Nato durchaus Mitglieder - osteuropäische, aber auch die USA - die die Erweiterungspolitik gezielt gegen Russland gerichtet betreiben wollen. Sie wären bei der Aufnahme Georgiens und der Ukraine, weit gewichtigerer Länder als Montenegro, weniger zimperlich als andere. Deutschland beispielsweise.
Zugegeben auch, dass der Zeitpunkt für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Montenegro als Provokation empfunden werden kann. Aber, wie sagte beispielsweise der dänische Außenminister Jensen gestern in Brüssel ganz richtig: Wenn ein Land die Bedingungen für Beitrittsverhandlungen erfüllt, dann sollte man beginnen, über den Beitritt zu verhandeln.
Letztlich passen die beiden scheinbar so widersprüchlichen Signale an die Adresse Moskaus sogar zusammen. Die Botschaft lautet: Wir wollen mehr Kontakte, damit sich militärische Missverständnisse nicht zu katastrophalen Kettenreaktionen aufschaukeln können. Und weil wir euch als strategischen Partner auf der Weltbühne brauchen. Dafür können die Wiederbelebungsversuche des Nato-Russland-Rates taugen.
Aber andererseits lassen wird uns vor lauter Kooperationsbedürfnis, auch in der Causa Syrien, nicht vom Kreml unsere Agenda setzen. Zudem können sich innerhalb der Nato in den so unterschiedlichen Signalen sowohl Russland-Versteher als auch Russland-Warner wiederfinden. Wichtig, denn alles muss im Bündnis bekanntlich einstimmig geschehen. Sieht man es so, dann spinnen die eben gar nicht bei der Nato.