Bekleidung

"Funktionsmode ist ein Fetisch"

Outdoor-Jacke
Polarisiert zuweilen - die Outdoor-Jacke © picture alliance / dpa / Foto: Sven Hoppe
Moderation: Susanne Burg |
Regenjacke, festes Schuhwerk und Campingrucksack – die Funktionsmode ist aus dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken. Doch was für die einen einfach nur praktisch ist, ist für Literaturprofessorin Barbara Vinken auch Ausdruck eines Fetischs.
Outdoor-Mode ist auch auf der gerade stattfindenden Berliner Fashion Week angekommen. Knalliges Gelb, grün und rot springen die Messebesucher an, wie Thomas Wagner für Deutschlandradio Kultur berichtet.
Barbara Vinken, Literaturprofessorin und Autorin des Buches "Angezogen: Das Geheimnis der Mode", sieht in dem Boom der Funktions-Jacken und -Hosen aber zunächst einmal nichts verwerfliches. Prinzipiell sei jede Kleidung Funktionskleidung, sagt Vinken. Sie schützt uns vor Sonne, Regen und Kälte. Bei der Outdoor-Kleidung lohne es sich dennoch, etwas genauer hinzuschauen, denn es gäbe schon eine "Ästhetisierung der Outdoor-Mode".
Als Beispiel nennt Vinken das italienische Modeunternehmen "Moncler", das Daunen-Jacken in zahlreichen Farbvariationen herstellt.
"Die sind ja durchaus eine gelungene Übersetzung. Das Schwierige ist, dass wir heute vielleicht an dem Punkt angekommen sind, wo wir dieses Outdoor-, dieses Funktions-Moment fast fetischisieren, statt wie es die Mode vorher getan hat, zu ästhetisieren", gibt die Literaturexpertin zu bedenken.
Eingepackt wie für eine Hochgebirgswanderung
Seit Jahren packen sich immer mehr Großstädter in regenfeste Windbreaker ein, als ob sie im Hochgebirge wandern wollen. Das könnte auch eine Ersatzhandlung sein, sagt Vinken.
"Zum anderen ist es aber auch natürlich in gewisserweise auch etwas vielleicht trauriges Verständnis von Stadt oder von Zusammensein von Menschen, weil jeder tut so, oder jeder benimmt sich so ein bisschen, als wenn er gerade den Mount Everest erklimmen muss, oder als wenn er gerade im Dschungel der Großstadt sich besonders effektiv durch die Gegend schlagen muss."
Die Menschen würden sich mit der Kleidung gegen eine Umwelt panzern, die ihnen zu schwierig zu meistern erscheint und wie ein "einsamer Steppenwolf" würden sie durch ein feindliches Territorium rasen, analysiert Vinken.
Man sei jetzt an den Punkt gekommen, "wo Funktion Fetisch geworden ist, und es darauf ankommt, zu zeigen, dass die Form eigentlich hinter der Funktion vollkommen verschwunden ist".
Das vollständige Interview mit Barbara Vinken könne Sie in unserem Audio-On-Demand-Angebot hören. 
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