Ein Lied, das den Protest verhöhnt
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"Ich werde dir beibringen, nach der Melodie zu tanzen", singen Galasy ZMesta aus Belarus. Mit ihrem Lied dürfen sie nun nicht mehr beim Eurovision Song Contest antreten: Es richte sich gegen die Protest- und Demokratiebewegung im Land, sagt Ingo Petz.
Mit dem Song "Ya Nauchu Tebya" (I’ll Teach You) sollte die Band Galasy ZMesta bislang Belarus beim Eurovision Song Contest 2021 vertreten. Der Poprock der Gruppe klingt für deutsche Ohren zunächst harmlos. Doch die Europäische Rundfunkunion hat den Beitrag nun nach Protesten abgelehnt. Die Begründung: Der eingereichte Song verhöhne die Proteste gegen Präsident Lukaschenko.
Belarus droht sogar der Rausschmiss aus dem Wettbewerb, falls das Land keine geänderte Version des Songs oder einen neuen Beitrag einreicht. Denn der Eurovision Song Contest hat den Anspruch, ein unpolitischer Wettbewerb zu sein.
Blumig und autoritär
Das Lied beinhaltet Zeilen wie "Ich werde dir beibringen, nach der Melodie zu tanzen" oder "Ich werde dir beibringen, der Linie zu folgen". Die Band Galasy ZMesta habe sich im vergangenen Jahr während der Proteste in Belarus gegründet, um diese "kritisch-musikalisch" zu begleiten, erklärt Ingo Petz, Journalist und Kenner der belarusischen Musikszene.
"Man kann einige Kritik an den Protesten herauslesen, auch autoritäre Grundstrukturen", sagt Petz über den Songtext. "Er könnte aber auch ein verquastes Liebeslied sein. Es ist sehr blumig gehalten – und textlich nicht besonders gut."
Die Musiker seien immer wieder bei Pro-Lukaschenko-Demonstrationen gesehen worden, viele ihrer Songs machten sich lustig über die Protestkultur, die Band äußere sich abfällig über die Demokratiebewegung. Daher spricht Petz sich klar für die politische Lesart des Songtextes aus.
Schnulziger 80er-Jahre-Sound
Auch von Musikkritikern aus Belarus gebe es Kritik, dass Galasy ZMesta für den ESC nominiert wurde, berichtet Petz: "Tatsächlich gibt es in Belarus eine vielfältige, moderne, alternative Musikszene." Der Sound von Galasy ZMesta jedoch erinnere eher an dem schnulzigen Poprock der Sowjetunion der 80er-Jahre.
(jfr)