Auch in der Haft unbeugsam
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Maria Kolesnikowa sitzt seit mehr als einem halben Jahr im Gefängnis. Ihr drohen bis zu zwölf Jahre Haft wegen "Verschwörung zu einer verfassungswidrigen Ergreifung der Staatsgewalt". Ihre Briefe aus dem Gefängnis klingen optimistisch und machen Mut.
"Leider darf Maria keine Besuche von der Familie bekommen. Wie es ihr geht, erfahren wir deshalb nur von ihren Anwälten. Zum Glück dürfen die sie zumindest sehen. Die Anwälte berichten nach jedem Besuch, Maria sei positiv gestimmt. Wenn ich das höre und Marias Briefe lese, dann sehe ich die Maria vor mir, die ich mein ganzes Leben kenne. Sie ist wirklich eine Optimistin, und sie ist sehr stark. Ihre Kraft hilft ihr, sogar jetzt im Gefängnis sie selbst zu bleiben."
Das sagt Tatsiana Khomich, die Schwester der belarussischen Oppositionspolitikerin Maria Kolesnikowa, die seit mehr als einem halben Jahr im Gefängnis sitzt. Am Wochenende wurde sie in Köln mit dem Lew-Kopelew-Preis für Frieden und Menschenrechte geehrt.
Eine von 377 politischen Gefangenen in Belarus
Solche Preisverleihungen seien ein guter Anlass, um Belarus auf der Agenda zu halten, sagt die Journalistin Gesine Dornblüth. Längst werde nicht mehr so intensiv über Belarus berichtet wie noch vor einem halben Jahr.
"Dabei gibt es derzeit 377 politische Gefangene nach Angaben der belarussischen Menschenrechtsorganisation 'Viasna', und die Zahl steigt ständig."
Aus dem Gefängnis schreibt Kolesnikowa immer wieder Briefe, die über ihre Anwälte an die Öffentlichkeit gelangen. Im jüngsten, so Dornblüth, schreibe sie, in die Politik zu gehen, sei die wichtigste Entscheidung ihres Lebens gewesen. Das letzte Jahr sei das komplizierteste, aber auch das glücklichste ihres Lebens gewesen. Sie habe innere Freiheit erlebt und das Glück, sie selbst zu bleiben in jeder beliebigen Situation.
Vor einem Jahr entschied sich Kolesnikowa, in die Politik zu gehen. Eigentlich ist sie Flötistin und Kulturmanagerin.
Eine Art Märtyrerin
Als sie im September vom belarussischen Geheimdienst entführt wurde, weil man sie außer Landes schaffen wollte, zerriss sie an der Grenze ihren Pass. Dass ihr in Belarus eine lange Haftstrafe drohen würde, sei klar gewesen, so Dornblüth. Mit ihr im Auto saß Iwan Krawzow. Für ihn ist Kolesnikowa eine Art Märtyrerin:
"Maria hat das sehr rational entschieden. Sie ist ein Mensch, der Sachen zu Ende bringen will. Wenn ihre Kraft und ihre Gesundheit reichen, und danach sieht es derzeit aus, dann hat sie die richtige Entscheidung getroffen. Denn sie erfüllt im Gefängnis eine sehr wichtige Aufgabe. Sie ist eine Führungsfigur und sie ist ein Beispiel für Heldentum. Das gibt den Menschen Hoffnung. Wenn ihre Idole ihre Überzeugungen über Bord werfen, dann stirbt die Hoffnung.
Maria Kolesnikowa gibt den Menschen Kraft, zu kämpfen. Die Menschen draußen wissen: Es hängt von ihrem Kampf ab, wie lange die politischen Gefangenen hinter Gittern bleiben."
Jetzt wurde die endgültige Anklage gegen Kolesnikowa bekannt, sie lautet unter anderem: "Verschwörung zu einer verfassungswidrigen Ergreifung der Staatsgewalt". Der belarussischen Oppositionspolitikerin drohen bis zu zwölf Jahre Haft.
(ckr)