Es ist zu viel für viele Spieler. Die Statistiken belegen es ja auch. Es ist mental und physisch zu viel. Es ist nicht zu rechtfertigen, dass man sagt: Es ist doch kein Problem, die verdienen so viel Geld. Das stimmt nicht, weil ein Mensch hat nur ein gewisses Maß an Möglichkeiten, wo er gestalten kann. Es wird sehr schwierig, das Rad zurückzudrehen. Alle wollen ein Stück vom Kuchen abhaben.
Belastung im Spitzenfußball
Immer mehr Profis und Trainer kritisieren die zunehmende Anzahl von Spielen und sehen eine Gefahr für die Gesundheit der Profis. © picture alliance / dpa / Kessler-Sportfotografie / Jürgen Kessler
Wann sind die Profis am Limit?
06:19 Minuten
Rodri, Guardiola, Streich: Drei prominente Spieler und Trainer, die vor der steigenden Anzahl von Spielen im Profifußball warnen. Sie sehen dadurch die Gesundheit der Sportler bedroht, andere Kritiker befürchten auch eine Entwertung von Wettbewerben.
Die Liste der Mahner wird immer länger. Der Weltfußballer Rodri, die großen Trainer Pep Guardiola und Jürgen Klopp, RB Leipzigs Kapitän Willi Orban, der Münchner Chefcoach Vincent Kompany - sie alle haben schon auf die Überlastung im Profifußball hingewiesen.
Und in dieser Woche hat der - nicht zuletzt aus Selbstschutz - in den vorläufigen Ruhestand geflüchtete Christian Streich in einem Gespräch mit dem „Kicker“ die Dringlichkeit des Themas noch einmal unterstrichen.
Mit Spielerstreiks rechnet kaum jemand
An die Umsetzbarkeit von Spielerstreiks, wie sie der spanischen Nationalspieler Rodri von Manchester City vorgeschlagen hat, glaubt kaum jemand. Dass Veranstalter ihre Wettbewerbe und damit womöglich auch ihre Einnahmen freiwillig verkleinern, ist ähnlich unwahrscheinlich.
Und Alexander Bielefeld, der Direktor für globale Politik und strategische Beziehungen bei der internationalen Spielergewerkschaft Fifpro glaubt auch nicht daran, dass die Klubs ihre Spieler irgendwann freiwillig schonen werden.
„Das funktioniert nicht. Der Druck auf die Spieler, der Druck auf die Trainer, der Druck der Medien, der Druck der exekutiven Vereinsebene ist so groß, dass eine freiwillige Rotation ganz schwer möglich ist.“
„Das funktioniert nicht. Der Druck auf die Spieler, der Druck auf die Trainer, der Druck der Medien, der Druck der exekutiven Vereinsebene ist so groß, dass eine freiwillige Rotation ganz schwer möglich ist.“
Die vielen Spielen gefährden die Gesundheit
In einer Umfrage unter Trainern in Frankreich haben gerade 82 Prozent der Befragten eingeräumt, verletzte oder angeschlagene Spieler eingesetzt zu haben.
Solche Entwicklungen und die Gier nach immer mehr Spielen, die sich vermarkten lassen, wird daher mehr und mehr zu einer Gefahr. Für die Gesundheit. Und für das Geschäft, sagt Bielefeld, weil zunehmend das Niveau und der Unterhaltungswert beschädigt werden.
„Da geht es auch um die Diskussion, was können wir uns als Industrie denn leisten, wie können wir es schaffen, allen Leuten ein wirklich attraktives Produkt anzubieten, wo wir das Gefühl haben, die Athleten kommen an ihre Leistungsgrenze und können attraktive Wettbewerbe anbieten.“
„Da geht es auch um die Diskussion, was können wir uns als Industrie denn leisten, wie können wir es schaffen, allen Leuten ein wirklich attraktives Produkt anzubieten, wo wir das Gefühl haben, die Athleten kommen an ihre Leistungsgrenze und können attraktive Wettbewerbe anbieten.“
Mehr Spiele in der Champions League und durch die Klub-WM
Das laufende Spieljahr haben die meisten Topstars mit einer EM oder der Copa America in den Knochen begonnen, sie müssen bis zu vier zusätzliche Partien in der reformierten Champions League bestreiten, anschließend werden vier europäische Nationalmannschaften das Finalturnier in der Nations League austragen.
Man kann sich schon fragen, wie diese Fußballer danach auch noch mit frischen Köpfen und fitten Körpern am neuen Premium-Wettbewerb des Weltverbandes Fifa teilnehmen wollen: der neuen, über vier Wochen andauernden Klub-WM mit 32 Teilnehmern. Derzeit gibt es kein Kommunikationsformat, in dem die Beteiligten diese Probleme diskutieren können.
Wir alle wünschen uns einen Governing-Body, einen Regulator, der diesen Auftrag in einer Art und Weise annimmt, dass das nicht nur über die eigenen Interessen gesteuert ist. Das ist ja das ganz entscheidende Problem. Wir haben über viele Jahre gesehen, dass Meinungen und Wissenschaft einfach ignoriert werden.
Gemeint ist zuallererst die Fifa, die mehr oder weniger alleine über die Gestaltung des Wettbewerbskalenders herrscht. Den Vorschlag, die Weltmeisterschaft alle zwei Jahre stattfinden zu lassen, konnte sie zwar nicht umsetzen, aber über Pläne, die neue Klub-WM im Zweijahresrhythmus auszutragen, wird schon länger getuschelt.
Beschwerde bei der EU-Kommission
Weil sie nicht gehört werden, haben die Spielergewerkschaft Fifpro und der Dachverband der europäischen Ligen nun Beschwerde bei der EU-Kommission eingereicht. Mit dem Ziel, die Alleingänge der Fifa bei der Kalendergestaltung zu unterbinden, sagt Jacco Swart von den European Leagues.
„Der Hauptpunkt, auf den wir hoffen, ist dass dieser Prozess die Fifa aufweckt. Dass sie anfangen, mit den Ligen und mit den Spielern darüber zu diskutieren, wie ein sauberer Prozess hinsichtlich der Entscheidungen zum internationalen Kalender aussehen sollte. Wir müssen schauen, was praktikabel ist und zugleich gut für die Entwicklung sowohl des internationalen wie auch des nationalen Fußballs.“
Die Spielergewerkschaft und die European Leagues blicken dem Verfahren in Brüssel auch deshalb mit großem Optimismus entgegen, weil er in eine Reihe verschiedener Prozesse gehört, die in der jüngeren Vergangenheit gegen große Sportverbände geführt wurden.
„Der Hauptpunkt, auf den wir hoffen, ist dass dieser Prozess die Fifa aufweckt. Dass sie anfangen, mit den Ligen und mit den Spielern darüber zu diskutieren, wie ein sauberer Prozess hinsichtlich der Entscheidungen zum internationalen Kalender aussehen sollte. Wir müssen schauen, was praktikabel ist und zugleich gut für die Entwicklung sowohl des internationalen wie auch des nationalen Fußballs.“
Die Spielergewerkschaft und die European Leagues blicken dem Verfahren in Brüssel auch deshalb mit großem Optimismus entgegen, weil er in eine Reihe verschiedener Prozesse gehört, die in der jüngeren Vergangenheit gegen große Sportverbände geführt wurden.
Der Fall Diarra
Das viel beachtete Super-League-Urteil, das es der Uefa untersagt, neue Wettbewerbe außerhalb des klassischen Verbandsystems zu verbieten. Der sogenannte Diarra-Case, in dessen Rahmen bestimmte Transferregeln der Fifa für ungültig erklärt wurden.
Und das Urteil gegen die Internationale Eislaufunion, der verboten wurde, Sportler zu sanktionieren, die an nicht genehmigten Wettkämpfen teilnehmen.
Swart:
„Diese Urteile zeigen, dass internationale Sportverbände nicht jede Entscheidung einfach so treffen können, wie es ihnen gerade passt. Sie müssen berücksichtigen, dass es auch andere Parteien in diesem Arbeitsfeld gibt, mit denen sie sprechen, mit denen sie verhandeln und mit denen sie Kompromisse finden müssen.“
In dieser Woche hat die Fifa reagiert und eine sogenannte „Arbeitsgruppe zum Wohlbefinden“ von Fußballspielern gegründet. Auch ein Austausch mit der Gewerkschaft und den Ligen soll auf dieser Ebene zumindest möglich werden. Das Angebot, den Kalender mitzugestalten, fehlt jedoch in der Ankündigung des Weltverbandes.
„Diese Urteile zeigen, dass internationale Sportverbände nicht jede Entscheidung einfach so treffen können, wie es ihnen gerade passt. Sie müssen berücksichtigen, dass es auch andere Parteien in diesem Arbeitsfeld gibt, mit denen sie sprechen, mit denen sie verhandeln und mit denen sie Kompromisse finden müssen.“
In dieser Woche hat die Fifa reagiert und eine sogenannte „Arbeitsgruppe zum Wohlbefinden“ von Fußballspielern gegründet. Auch ein Austausch mit der Gewerkschaft und den Ligen soll auf dieser Ebene zumindest möglich werden. Das Angebot, den Kalender mitzugestalten, fehlt jedoch in der Ankündigung des Weltverbandes.