Zum Tod von bell hooks

Radikale Kritikerin des kolonialen Blicks

05:09 Minuten
bell hooks
„Ich denke, dass sie die Frauen wirklich empowert hat", sagt Verlegerin Dagmar Schultz über die Autorin und Kulturkritikerin bell hooks, hier 1996 in New York. © Getty Images / Karjean Levine
Dagmar Schultz im Gespräch mit Andrea Gerk |
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Die Autorin bell hooks war eine der Vordenkerinnen des schwarzen Feminismus und Antirassismus in den USA. Nun ist sie gestorben. Die US-Amerikanerin sei auch für die schwarze Bewegung in Deutschland wichtig gewesen, sagt Verlegerin Dagmar Schultz.
In den USA hatte die Literaturwissenschaftlerin und Autorin bell hooks eine Art Kultstatus: Sie arbeitete früh zu schwarzem Feminismus und Antirassismus. Am 15. Dezember ist bell hooks im Alter von 69 Jahren in Kentucky verstorben.
Dort kam sie als Gloria Watkins zur Welt. Später hat sie sich nach ihrer indigenen Großmutter bell hooks genannt, dieses Pseudonym aber in Kleinschreibung verwendet.
1994 erschien das erste Buch von ihr auf Deutsch: „Black Looks. Popkultur – Medien – Rassismus“. In den Essays geht es um die Vermarktung des Schwarzseins, des Anderen, der Frau, um Ethnizität als Konsumartikel.

"Sie hat Frauen empowert"

Verlegt wurde es vom Orlanda Frauen Verlag, dessen Leiterin Dagmar Schultz damals war. Ein wichtiges Buch, sagt Schultz, weil es eine radikale Kulturkritik ist, durch die schwarze Frauen ihre Darstellung in Medien entkolonisieren konnten. bell hooks prägte dafür den Begriff des "oppositionellen Blicks", bei dem Frauen „als Subjekte und nicht als Objekte fungierten“.
So habe bell hooks Bedeutung für die Black-Women-Power-Bewegung gehabt: „Ich denke, dass sie die Frauen wirklich empowert hat. Ihr lag daran, dass die Frauen nicht nur Kritik üben, sondern eine neue Realität schaffen, also Bilder auch umwandeln“, sagt Schultz.
In den USA seien Bilder von Schwarzen in den Medien durch die Geschichte der Sklaverei geprägt. „In Deutschland war es der Kolonialismus, die Abwesenheit von Schwarzen in den Medien und gleichzeitig auch eine Darstellung, die sehr rassistisch geprägt war.“

Humorvolle Souveränität

Während sich bell hooks mit schweren Themen befasste, zeichnete sie zugleich humorvolle Souveränität aus: „Ihr Humor und ihre Art, mit Entgegnung, mit Gegnern umzugehen, auf eine Weise, die beim Publikum Lacher hervorbrachte, war sehr charakteristisch für sie.“ Im persönlichen Umgang sei bell hooks „eine sehr angenehme, lockere Person“ gewesen, erzählt Schultz.
Mahret Kupka, Kuratorin am Museum Angewandte Kunst in Frankfurt am Main, schätzt an bell hooks vor allem, dass diese immer auch die eigene gesellschaftliche Position mitgedacht hat: "Wir wirkt die Struktur durch mich hindurch?" Und dass sich im Erkennen von Positionierungen auch eine Art Lösungsmoment zeige.

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Podcast: Kompressor
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Am meisten habe sie bell hooks' "All About Love" (2001) geprägt, das in diesem Jahr erstmals in deutscher Übersetzung erschienen sei, sagt Kupka. Dieses Buch gehe über einen rein feministischen Ansatz hinaus und mache deutlich, wie unterschiedliche Diskriminierungsformen miteinander verwoben seien.

Eine inklusive Gesellschaft für alle

Es handele sich dabei aber nicht um ein Infragestellen des bisherigen Feminismus, sondern um dessen Erweiterung: „Was ist mit schwarzen Frauen? Was ist mit schwarzen Frauen aus der Arbeiterklasse? Wie können all diese Erfahrungswelten in eine große Debatte, in einen großen Veränderungsprozess einbezogen werden?“
Letztlich sei es hooks auch nicht nur um Frauen gegangen - sondern darum, eine inklusive Gesellschaft für alle zu schaffen, unterstreicht Kupka.
(abr/uko)

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